Als Naturwissenschaftler antworte ich aus meiner Perspektive:

Die Naturwissenschaft (in diesem Kontext also die Biologie) besagt eindeutig, dass es bei Gonochoristen wie dem Menschen nur zwei biologische Geschlechter (lat. Sexus; definiert durch die Tendenz eines Individuums zur Produktion einer bestimmten Art von Keimzelle im Rahmen der sexuellen Fortpflanzung zum Zwecke der Rekombination von DNA) und beim Menschen zusätzlich das Phänomen der Intersexualität (Pseudohermaphroditismus) mit verschiedenen, selten vorkommenden Varianten/Störungen der Geschlechtsentwicklung gibt. Intersexualität tritt (je nach Schätzung) in einem Verhältnis von 1:500 (= 0,2 %) auf. Das macht die Intersexualität vergleichbar mit anderen Entwicklungsstörungen wie z.B. Polydaktylie (mehr als 10 Finger und/oder Zehen) mit einer vergleichbaren Prävalenz (Polydactylism | DrGreene). Die Geschlechtlichkeit des Menschen ist also ein eindeutig binäres System, mit sehr seltenen Abweichungen von dieser Norm.

Naturwissenschaften dienen dazu, die Natur zu beschreiben; die Biologie konkret die belebte Natur. Es wird klar und unmissverständlich definiert, dass der Mensch 10 Finger, 10 Zehen und eines von zwei Geschlechtern hat. Nicht mehr, nicht weniger. Seltene Entwicklungsstörungen sind ein spannender Forschungszweig, dürfen aber nicht den Eindruck erwecken, dass einfache biologische Sachverhalte plötzlich so kompliziert sind, dass nur Akademiker sie begreifen.

Nun gibt es über diese naturwissenschaftliche Sichtweise hinaus aber auch sozialwissenschaftliche Sichtweisen, was zu den unterschiedlichen Meinungen führt, die du ansprichst. Die Verfechter der Queer- und Gender-Theorien von u.a. Judith Butler konstruieren zig verschiedene Geschlechtsidentitäten (Gender; z.B. "nicht-binär" oder "genderfluid"), die aus naturwissenschaftlicher Sicht nicht zu begründen sind – schon gar nicht mit dem Phänomen der Intersexualität. Ich sehe diese Entwicklungen sogar sehr kritisch, weil es vor allem in den Reihen der aktivistischen Queer-Bewegung regelmäßig zu einer Vermischung von Biologie und Sozialwissenschaft kommt und die Belange von intersexuellen Menschen dadurch zugunsten einer Ideologie herabgewürdigt werden.

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