Also wegen "zieh doch weg" und einer möglichen "Tradition" sowie der Unterstellung es handele sich bei dem Threadersteller vielleicht um einen "Ungläubigen" doch einfach mal die Kirche im Dorf lassen. Komisch (oder auch bezeichnend für die Situation), dass gerade die scheinbar streng Gläubigen hier in einer eher unchristlichen Art und Weise antworten anstatt ein Problem eines Mitmenschen ernst zu nehmen.

Bei uns im Ort (in Franken, ca. 2100 Einwohner) haben wir ebenso den Lärm der Kirche (noch) zu ertragen. Alle Viertelstunde, alle Stunde und natürlich das Frühgeläut von 5:30 bis 5:35 am Stück. Ich sehe meinen Beitrag in erster Linie unabhängig von Glauben an Gott, Glauben an die Kirche, anderer Glaubensrichtungen oder Atheismus - im Gegenteil, alle sollten beteiligt sein, so funktioniert soziales Miteinander.

Durch geänderte Arbeitszeiten (Einzelhandel bspw. ab 9 Uhr, Schichtarbeit, ..) änderten sich die Schlafzeiten - soviel als erstes zu Sinn oder Unsinn einer Tradition. Wie in vielen Bereichen von Kulturen unterliegen auch Traditionen dem Wandel, warum also sollte sich die Kirche abseits der (wohl mehrheitlichen) Bedürfnisse seiner Gemeindemitglieder stellen?

In erster Linie wohl erst mal zu sehen, ob es sich um vermeidbaren Lärm laut Immissionsschutzgesetz handelt: Das Zeitschlagen von Kirchturmuhren unterliegt während der Nachtzeit (22 bis 6 Uhr) grundsätzlich den allgemein geltenden Anforderungen des Immissionsschutzrechts. D.h. Einzelgeräusche von mehr als 60dB(A) sind nachts in Wohngebieten nicht zulässig (BVerwG, Urteil vom 30.04.1992 - 7 C 25/91, NJW 1992, 2779).

Doch hingegen diesem Urteil kommt das Deutsche Luftfahrtbundesamt zu anderen Lärmwerten, hier natürlich in Bezug zu Fluglärm. Aus der Novelle Fluglärmgesetz: Aus der Verordnung ergeben sich als maßgebliche Innenpegel im Mittel für Neubauten 37/27 dB(A) Tag/Nacht, für Bestandsbauten 40/30 dB(A) Tag/Nacht und für Bauten, an denen Schallschutzmaßnahmen durchgeführt wurden, 45/35 dB(A) Tag/Nacht.

Untersuchungen des LBA ergaben Schlafstörungen und aufwachen im Mittel ab 37 db(A), je nach Persönlichkeit früher oder später. Wissenschaftliche Ergebnisse zeigen nun mal einen ganz klaren und definierten Zusammenhang zwischen Lärm und Schlafstörung, damit einhergehend: Streß, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Depressionen, Entstehung von Tinnitus und Hyperaccusis.

Alle wissenschaftlichen Erkenntnissen zeigen, dass eigentlich eine sofortige Abschaffung von Stundenschlägen und Frühgeläut zum Schutze der Bürger erforderlich ist.

Mehrheitlich wird exzessives Läuten als störend empfunden, auch von Gläubigen und Kirchenanhängern. Eher eine Minderheit sieht es als zu bewahrende Tradition. Ein Kirche die sich über die Bedürfnisse seiner Mitglieder oder der Bürger eines Ortes hinwegsetzt braucht sich nicht wundern, wenn Ihr die Schäfchen davonhüpfen.

Eine Kirche, die es schafft sowohl Traditionen zu bewahren, aber eben auch "bei den Menschen" zu sein und mit ihnen zu "wachsen", Traditionen an Umwelt, soziale Gegebenheiten und wissenschaftliche Erkenntnisse anzupassen wird von alleine auf so etwas verzichten und verdient, Mitglieder zu behalten und wird ihrem eigentlichen "Ruf" gerecht.

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