Wenn wir zum Beispiel mal an die beiden deutschen Diktaturen denken, dann sticht eines hervor: Anders zu denken war teils unter Strafe verboten, und gerade in der DDR denunzierte man sich gegenseitig, sogar innerhalb der eigenen Familie. Journalisten und Oppositionelle wurden ausspioniert und wegen ihrer (nicht mal geäußerten) Ansichten eingesperrt. Im Nationalsozialismus wurden Menschen wegen ihrer Meinung bekanntermaßen sogar ermordet.
Die Nazis sammelten noch vor dem 2. Weltkrieg massenhaft Daten über Juden ("Judenkartei"), mithilfe derer diese später deportiert wurden. Als Jude musste man nichts "zu verbergen haben", um als Nummer registriert und schließlich ermordet zu werden. Ich will damit sagen: Daten in den Händen der Regierung, z.B. in einem Zentralregister, können missbraucht werden und werden auch missbraucht. Datenschutz und Persönlichkeitsrechte sind daher als Grundrechte wichtige Gegenmaßnahmen gegen zu viel Macht des Staates.
In China hängen überall Überwachungskameras mit Gesichtserkennung. Im dortigen Sozialkredit-System erhält man Pluspunkte, wenn man etwas "Sinnvolles" für Staat, Gesellschaft und für seinen Nächsten tut, z.B. Blutspenden, seine Schulden rechtzeitig zahlen, die Regierung loben. Für "schädliches" Verhalten wird man aber mit Punktabzug bestraft, wenn man z.B. seine Meinung äußert, die Regierung kritisiert, bei Rot über die Ampel geht oder Journalismus begeht. Je "besser" ein Mensch ist, desto eher bekommt er einen Kredit oder ein Visum. "Schlechten" Menschen dagegen wird die Internetgeschwindigkeit gedrosselt, sie dürfen keinen Beruf ausüben oder das Land nicht verlassen. Strengstens verboten sind übrigens bestimmte Religionen, wer sich z.B. der Zugehörigkeit zu den Uiguren schuldig macht, landet im Internierungslager.
- https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/infografik-chinas-sozialkredit-system-15913709.html
- https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/swr/china-sozialkreditsystem-100.html
- https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/china-uiguren-siemens-mahnwache-100.html
- https://www.deutschlandfunkkultur.de/unterdrueckte-uiguren-in-china-das-ausloeschen-einer-kultur.979.de.html?dram:article_id=483086
Ein weiteres Beispiel ist die Massenüberwachung durch die NSA, die Whistleblower Edward Snowden offengelegt hat. Die US-Geheimdienste sind dank Programmen wie XKeyScore und PRISM in der Lage, große Teile des Internetverkehrs zu überwachen. Hierzu habe ich schon mal eine Frage beantwortet: https://www.gutefrage.net/frage/wie-veraenderte-sich-der-datenschutz-nach-dem-11-september-2001#answer-371841374
Außerdem: Wer nichts zu verbergen hat, braucht kein(e/n)
- Handy-Displaysperre
- Recht am eigenen Bild
- Anwaltsgeheimnis
- Anwalt überhaupt
- Briefgeheimnis
- Bankgeheimnis
- ärztliche Schweigepflicht
- Zeugnisverweigerungsrecht
- Wahlgeheimnis
- Vorhänge
- Badezimmertür
- Badehose
IT-Experte Mike Kuketz (arbeitet auch beim Landesdatenschutzbeauftragten Baden-Württemberg)
- schreibt hier, warum jeder etwas zu verbergen hat: https://www.kuketz-blog.de/big-data-jeder-hat-etwas-zu-verbergen/
- nennt hier ein paar gute Dokus zum Thema "Nichts zu verbergen": https://www.kuketz-blog.de/diese-dokus-zeigen-weshalb-jeder-etwas-zu-verbergen-hat/
Der Datenschutzverein Digitalcourage hat hier einen "bunten Strauß von Erwiderungen auf einen gefährlichen Aberglauben": https://digitalcourage.de/nichts-zu-verbergen
Zuguterletzt ein Zitat von Edward Snowden:
"Arguing that you don't care about the right to privacy because you have nothing to hide is no different than saying you don't care about free speech because you have nothing to say."