Fremdzuschreibung und eigenes Empfinden klaffen häufig weit auseinander. Das liegt daran, dass man andere Leute über Besonderheiten definiert, weil es das Leben erleichtert (ganz ohne Bewertung, ob das gut oder schlecht ist). Ein Beispiel: Jemand kommt urpsprünglich aus Russland, lebt aber schon lange in Deutschland. In Deutschland ist und bleibt derjenige"der Russe", in Russland wird er höchstwahrscheinlich bald "der Deutsche" genannt. Das hat nichts damit zu tun, was im Pass steht und auch nichts damit, was man selbst fühlt. Soviel zu Fremdzuweisung. Entscheidend für die eigene Identität ist das, was man selbst fühlt. Es ist sinnlos sich zwangsläufig einer vorhandenen Gruppe zuordnen zu wollen. Als Kind einer Migrantenfamilie in Deutschland, kann sich das Kind deutsch fühlen, es kann sich auch dem Staat zugehörig fühlen, aus dem die Eltern kommen, es kann sich als Deutscher mit xy-Hintergrund fühlen oder als Staatsangehöriger von xy mit deutschen Eigenschaften, oder, oder, oder. Garantiert hat da jeder mit ausländischen Wurzeln irgendeiner Art seine eigene Antwort drauf. - Oder eben nicht. Selbst die Frage nach dem "was bin ich?" kann ungelöst Bestandteil der eigenen Identität sein.

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Ich würde nicht empfehlen, einen Chinesen/eine Chinesin DIREKT auf ein Problem anzusprechen. Das ist typisch deutsch. Wenn deine Mitbewohnerin die deutsche Kultur nicht gut genug kennt, bedeutet für sie dieses Ansprechen kaum den Lösungsversuch eines Problems, sondern einen kompletten Gesichtsverlust. Die chinesische Kultur ist eher kontextbezogen, die deutsche nicht. Das ist das, was man auch als Indirektheit/ Direktheit bezeichnen kann. Ich habe selbst das gleiche Problem gehabt. Die Lösung war in meinem Fall, dass ich einfach gefragt habe, was sie von einem Putzplan hält. Wir haben dann zusammen einen entworfen und seitdem klappt es.... so lala. Im Gegensatz zu vorher ist es ein Unterschied, der sich gewaschen hat. In meinem Fall hat das geklappt, heißt nicht, dass es immer so funktioniert. Im Zweifelsfalls hilft es, das Problem durch Erklären anzugehen: Bloß keine Du-Botschaften. Lieber Erklären, dass die Deutschen einen totalen Putzfimmel haben (kannst das auch ruhig übertreiben, dann ist ein Kompromiss am Ende vielleicht so, dass man damit auch leben kann, wenn man einen ausgewachsenen Sinn für Sauberkeit hat) und hier das Mindestmaß einmal die Woche alles saubermachen ist (oder wie du es auch halten willst), sowie, dass man das, was man dreckig gemacht hat (z.B. den Herd beim Kochen), auch sofort wieder sauber macht. Ist jetzt keine Anleitung, aber die gibt es auch nicht. Jeder Mensch ist und bleibt ein Individuum, für das es keine Gebrauchsanweisung gibt.

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