Es gibt schon vor dem 65. Geburtstag "katastrophale" Geburtstage. Spätestens der 30. Geburtstag ist der Abschied von der Jugend, erste graue Haare werden gesucht. Der 50. Geburtstag ist der Kipppunkt des Lebens, fortan geht es bergab, Arztbesuche nehmen zu. Beim Radfahren merkt man wie steil die Steigungen sind. Im Restaurant liest man die Speisekarte und entdeckt empört die Seniorenteller.
Der 65. Geburtstag eröffnet endlich den Raum für unbegrenzte Freizeit, Ausschlafen, Gartenarbeit, Kreuzfahrten, Museumsbesuche ... Der Tod ist weit weg.
Erst wenn der Arzt sorgenvoll mahnt und Rezepte mit 5 Medikamenten gleichzeitig ausstellt, dann kommt der Gedanke, den Nachlass zu regeln. .... aber der Tod hat noch Zeit. Obwohl jeder Mensch, egal welchen Alters, eine einzige Gewissheit hat, die des sicheren Todes, steht immer das Leben und das Planen der Zukunft vor Augen. Erst wenn man auf der Palliativstation liegt, steht der Tod als Zukunft mit Sicherheit im Focus des Denkens.
Ich habe einige Verwandte, die sehr alt wurden (94, 98, 102 und 104), der Tod war für sie keine Bedrohung, sie hatten einen großen Schatz: die Vergangenheit. Die Größe dieses Schatzes war so groß, dass sie darin nicht alles fanden, was sie suchten. Belasten war für diese alten Menschen aber eines: Sie waren einsam, weil ihre Kinder bereits gestorben waren und alle Freunde und Bekannten. Sie freuen sich über die Besuche der Urenkel und wussten zugleich doch nicht, wie sie zuzuordnen seien. Vor dem Tod hatten sie keine Sorge, alles im Leben hatten sie erledigt, sie hatten keine Verpflichtungen mehr. Sie schliefen abends ein und waren am nächsten Morgen entschlafen.
Ein Kirchenlied beginnt mit den Worten "Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen ...." Sterben durch Krankheit, Unfall oder Gewalt kann ein Mensch in jedem Alter. Ich denke es ist besser morgens an das Frühstück zu denken, als an die möglich letzte Mahlzeit.