Ganz klare Antwort: Nein.

Das Papstamt ist ebenso wie z. B. das Amt eines (anderen) Diözesanbischofs, eines Pfarrers, eines Generalvikars, eines Ökonoms oder eines Kaplans zunächst nichts anderes als ein Kirchenamt gemäß c. 145 §1 CIC, dessen Rechte und Pflichten gemäß c. 145 §2 CIC im kodikarischen oder nichtkodikarischen Kirchenrecht normiert sind.

Im Allgemeinen gilt hinsichtlich der Übertragung eines Kirchenamtes an eine Person:

"Ein Kirchenamt kann ohne kanonische Amtsübertragung nicht gültig erlangt werden." (c. 146 CIC) Gemäß c. 147 CIC gibt es vier Möglichkeiten der kanonischen Amtsübertragung, durch die eine Person gültig ein Kirchenamt erlangen kann:

  • freie Amtsübertragung seitens der zuständigen kirchlichen Autorität
  • Einsetzung seitens der zuständigen Autorität, wenn eine Präsentation vorausgegangen ist;
  • Bestätigung oder Zulassung seitens der zuständigen kirchlichen Autorität, wenn eine Wahl oder Wahlbitte vorausgegangen ist;
  • einfache Wahl und Annahme vonseiten des Gewählten, wenn die Wahl keiner Bestätigung bedarf

Im Falle des Papstamtes trifft gemäß c. 332 §1 letzteres zu:

"Volle und höchste Gewalt in der Kirche erhält der Papst durch die Annahme der rechtmäßig erfolgten Wahl zusammen mit der Bischofsweihe. Deshalb besitzt ein zum Papst Gewählter, der schon die Bischofsweihe empfangen hat, diese Gewalt vom Augenblick der Wahlannahme an."

Es ist rechtlich demnach ausgeschlossen, dass ein emeritierter Papst "erstmal wieder" und einfach so das Papstamt erlangen könnte. Andersherum gilt, was in der eben zitierten Rechtsnorm steht: Sofern Papst Franziskus vor dem Tod von Benedikt XVI. stirbt oder auf sein Amt verzichtet, könnte letzterer natürlich vom Konklave rechtmäßig (wieder) zum Papst gewählt werden und wäre dann vom Zeitpunkt der Wahlannahme wieder Amtsträger mit allen Rechten und Pflichten. Ich denke allerdings, wie ich glaube zurecht, dass diese Möglichkeit sehr theoretischer Natur und zudem äußerst unwahrscheinlich und nicht sonderlich sinnvoll ist.

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Die Antwort ist etwas ausführlicher geraten. Es genügt notfalls, das Fazit unten zu lesen. Freue mich natürlich über Rückmeldung, ob ich Dir weiterhelfen konnte :)

Ich finde, die Frage ist schon deshalb schwer zu beantworten, weil sie sich auf die Vergangenheit und demnach auf eine Rechtspraxis bezieht, die auf geltendes Recht nicht ohne weiteres anwendbar ist, sowohl im staatlichen wie kirchlichen Rechtsbereich.

Ich denke zudem, dass die Frage an sich solange hypothetisch bleibt, bis sich jemand findet, der Dir wissend sagen kann, ob es beispielsweise im Jahre 1939 überhaupt irgendwo eherechtliche Normen oder Gewohnheiten gab, die die Frage der Vormundschaft im Sinne deiner Frage behandeln. Und ob Du so jemanden hier findest, wage ich sehr zu bezweifeln. Das setzt schon fundiertes Spezialwissen voraus.

Dann geht meines Erachtens aus Deiner Frage nicht ganz klar hervor, ob Du eine Antwort hinsichtlich des staatlichen oder des kirchlichen Eherechts suchst. Beides klingt in deiner Fragestellung und den zugeordneten Tags an.

Ich kann Dir folgend nur ein paar Hinweise hinsichtlich des geltenden kirchlichen Eherechts anbieten. Vielleicht sind sie ja ausreichend für eine fiktive Weiterbearbeitung des der Geschichte zugrundeliegenden Stoffs.

a.)

Die Frage, ob eine nicht volljährige Person ihren gesetzlichen Vormund heiraten darf bzw. kann wird in keiner eherechtlichen Norm direkt behandelt. Das weist bereits darauf hin, dass der kirchliche Gesetzgeber hier keinen Regelungsbedarf sieht, vermutlich, weil das "Problem" überhaupt nicht virulent ist.

Es gibt also weder ein Ehehindernis noch ein Eheschließungsverbot hinsichtlich einer Eheschließung zwischen Mündel und Vormund.

  • Ein Ehehindernis macht eine Person rechtlich unfähig, eine Ehe zu schließen. Eine Eheschließung unter Beteiligung einer mit einem Ehehindernis behafteten Person ist also ungültig (und natürlich nicht erlaubt, wenn das Hindernis öffentlich ist).
  • Ein Eheschließungsverbot entsteht aus einem Umstand, der dafür ausschlaggebend ist, dass die Trauung unter dem gegebenen Umstand verboten ist. Sie darf nur auf Grundlage einer Erlaubnis des Ortsordinarius vorgenommen werden, außer im Notfall. Liegt diese Erlaubnis nicht vor, ist die Eheschließung dennoch gültig, sofern dem natürlich nichts anderes entgegen steht.

b.)

Der Begriff der Vormundschaft lässt sich nur im kirchlichen Personenstands- und Prozessrecht finden. Hierzu wird in c. 98 § 2 normiert:

"Eine minderjährige Person bleibt in der Ausübung ihrer Rechte der Gewalt der Eltern oder eines Vormunds unterstellt [...]; was die Bestellung eines Vormunds und dessen Gewalt betrifft, sind die Vorschriften des weltlichen Rechtes einzuhalten [...]."

c.)

In dem von Dir geschilderten Fall ist die ehewillige Person minderjährig. Jetzt ist die Frage, ob Volljährigkeit und Ehemündigkeit rechtlich auf dasselbe Alter festgelegt ist. Das ist nach geltendem deutschen Recht der Fall, in anderen Ländern kann die Ehemündigkeit deutlich niedriger angelegt sein. Hier spielen auch religiöse Vorstellungen und Rechtsnormen eine Rolle. Ein kurzer Vergleich:

Geltendes deutsches Recht:

  • Volljährig ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat.
  • Ehemündigkeit ohne Ausnahme bei 18 Jahren; die Ehemündigkeit entspricht also der Volljährigkeit. Eheschließungen unter Beteiligung minderjähriger sind ausnahmslos nichtig, da die Möglichkeit, ab 16 Jahren mit Zustimmung des Familiengerichts zu heiraten, seit 2017 entfallen ist.
  • Ehen, die minderjährig im Ausland geschlossen wurden, werden i.d.R. richterlich aufgelöst, es sei denn ausnahmsweise, wenn ein entsprechender Härtefall vorliegt.

Geltendes kirchliches Recht:

  • Fehlendes Mindestalter stellt ein Ehehindernis dar, über das der kirchliche Gesetzgeber quasi die Ehemündigkeit normiert. Gemäß c. 1083 § 1 CIC kann der Mann "vor Vollendung des sechzehnten, die Frau vor Vollendung des vierzehnten Lebensjahres keine gültige Ehe schließen." Im kirchlichen Recht ist also Ehemündigkeit niedriger angesetzt als Volljährigkeit. Wegen der zahlenmäßigen Festlegung handelt es sich um ein Ehehindernis kirchlichen Rechts, von dem theoretisch dispensiert werden kann. Aber der Kern dieser Norm ist naturrechtlich fundiert: Es geht um die psychische Ehefähigkeit, die bei Kindern und i.d.R. auch bei Jugendlichen nicht gegeben ist. Ein Dispens ist daher so gut wie ausgeschlossen.
  • "Es bleibt der Bischofskonferenz unbenommen, zur erlaubten Eheschließung ein höheres Alter festzulegen." (c. 1083 § 2 CIC). Davon hat die Deutsche Bischofskonferenz keinen Gebrauch machen müssen, weil das staatliche Recht ohnehin ein höheres Alter verlangt. Denn laut c. 1071 § 1 n. 2 CIC besteht ohnehin ein Eheschließungsverbot "bei der Eheschließung, die nach Vorschrift des weltlichen Gesetzes nicht anerkannt oder vorgenommen werden kann."

Fazit:

Die von Dir fingierte Eheschließung würde also gemäß geltendem staatlichen wie kirchlichen Recht in Deutschland an der Minderjährigkeit des Mündels scheitern. Die Frage nach dem Vormund-Verhältnis stellt sich hier also überhaupt nicht. Wäre es aber gemäß staatlichem Recht verboten, seinen Vormund zu heiraten, dürfte eine solche Trauung auf Grundlage des c. 1071 § 1 n. 2 CIC nur mit Erlaubnisvorbehalt vorgenommen werden. Aber ja, auch wenn unerlaubt: Die Eheschließung zwischen einem mindestens 14 (Mädchen) bzw. 16 Jahre alten Mündels und seinem Vormund wäre aus kirchenrechtlicher Sicht zumindest gültig.

Das Vormundschaftsverhältnis begründet auch schon deshalb kein eigenes Ehehindernis oder Eheschließungsverbot, weil dieses Verhältnis spätestens mit Erreichen der Volljährigkeit erlischt. Dies ist aber für den kirchlichen Gesetzgeber irrelevant in eherechtlicher Hinsicht, da die Vormundschaft im Gegensatz zur Adoption rechtlich dem Verwandtschaftsverhältnis nicht nahekommt. Deshalb hat der kirchliche Gesetzgeber im Falle der Adoption ein Ehehindernis aufgestellt, das auch bei Volljährigkeit der adoptierten Person bestehen bleibt, im Falle der Vormundschaft aber geschwiegen.

Also: Eine ehemündige Person kann gemäß kirchlichem Recht ihren aktuellen oder ehemaligen Vormund heiraten. Und diese Eheschließung bedarf auch solange keiner besonderen Erlaubnis, solange sie durch das staatliche Recht anerkannt oder erlaubt ist.

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Ich versuche Deine Frage mal Stück für Stück zu beantworten:

(1.) Als Hirte der Gesamtkirche kommt dem Papst höchste, volle und universale Leitungsgewalt zu.

  • höchste: Es gibt keine Träger einer dem Papst übergeordneten Leitungsgewalt.
  • volle: Der Papst ist Träger gesetzgebender (legislativer), ausführender (exekutiver) und richterlicher (judikativer) Leitungsgewalt.
  • universale: Die Leitungsgewalt des Papstes erstreckt sich auf die Gesamtkirche in allen ihren Bereichen und Teilkirchen.

Der Papst wird als Hirte der Kirche in der Ausübung seiner Leitungsgewalt wie folgt vertreten:

  • Dem Papst sind im kirchlichen Verfassungsrecht folgende Organe zugeordnet: die Bischofssynode, das Kardinalskollegium, die römische Kurie und die Gesandten des Papstes. Entgegen populärer Meinung partizipieren weder Bischofssynode noch Kardinalskollegium an der Leitungsgewalt des Papstes; beiden kommt lediglich beratende Funktion zu.
  • Durch die Behörden der Römischen Kurie übt der Papst in der Leitung der Gesamtkirche seine ausführende und richterliche Leitungsgewalt aus, näherhin durch die Dikasterien und die Gerichtshöfe. Die jeweiligen Aufgaben und Kompetenzen regelt das besondere Gesetz, hier insbesondere die Apostolische Konstitution Praedicate Evangelium vom 19. März 2022.
  • Die gesetzgebende Gewalt übt der Papst letztlich (fast) immer persönlich aus.
  • Die Gesandten des Papstes (Apostolische Nuntien) vertreten den Papst bei den verschiedenen Ländern und Teilkirchen ebenfalls in seiner ausführenden Gewalt, etwa bei der Errichtung von Teilkirchen.

(2). Der Papst ist Diözesanbischof der Kirche von Rom (und umgekehrt). D. h. er ist (de jure) eigenberechtigter Hirte einer Teilkirche. Im Hinblick auf die Leitung der Teilkirche ist jeder Diözesanbischof ebenfalls Träger voller Leitungsgewalt. Jeder Diözesanbischof hat einen Generalvikar als dessen Vertreter der Exekutive, der qua Amt über das selbe Maß ausführender Leitungsgewalt wie der Diözesanbischof selbst verfügt. Da der Papst de facto persönlich nicht mit der Leitung der Diözese Rom befasst ist, kommt seinem Generalvikar darüber hinaus noch mehr delegierte Leitungsgewalt zu, um die Diözese Rom quasi autark zu leiten. Der Generalvikar des Papstes für die Diözese Rom vertritt also den Papst als Diözesanbischof von Rom in der Leitung der Diözese. Umgangssprachlich wird der Generalvikar des Papstes auch Kardinalvikar genannt, weil es sich beim Amtsinhaber traditionell um einen Kardinal handelt. Kirchenverfassungsrechtlich ist dieses Amt nur von untergeordneter Rolle im Hinblick auf die Stellung des Papstes.

(3.) Dem Papst kommt im Völkerrecht eine einzigartige Rolle zu. Zum einen tritt der Papst als persönlicher Repräsentant des Heiligen Stuhles oder Apostolischen Stuhles als Völkerrechtssubjekt auf, gleichzeitig kommt dadurch und damit dem Papsttum selbst Völkerrechtssubjektivität zu. Der Heilige oder Apostolische Stuhl ist ein nichtstaatliches, souveränes Völkerrechtssubjekt; er ist nicht mit dem Staat der Vatikanstadt zu verwechseln. Kirchen- und völkerrechtlich wird unter dem Begriff Heiliger oder Apostolischer Stuhl der Papst und die Römische Kurie verstanden. Die bereits erwähnten Päpstlichen Gesandten (Apostolischen Nuntien) sind die Vertreter des Papstes bei den Staaten, deren Regierungen und Autoritäten. Es ist nicht der Staat der Vatikanstadt, sondern der Heilige oder Apostolische Stuhl, der diplomatische Beziehungen zu den Staaten unterhält. Gegenstand dieser diplomatischen Beziehungen sind nicht (oder kaum) die Belange des Staates der Vatikanstadt, sondern die der römisch-katholischen Kirche.

(4.) Die Funktion des Papstes als Staatsoberhaupt des Staates der Vatikanstadt ist nicht von kirchenrechtlicher Bedeutung. Das liegt schlicht daran, dass der Vatikan nicht Teil des Verfassungsgefüges der römisch-katholischen Kirche ist. Wenn in den Medien oder umgangssprachlich vom Vatikan die Rede ist, ist der Heilige Stuhl oder die Römische Kurie gemeint (vgl. die Punkte 1 und 3).

Ich hoffe, ich konnte die Beantwortung der Frage weiterbringen!

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