Die religiöse Vorstellung, dass Gott Leid zuläßt gründet sich auf einen persönlichen, vermenschlichten Gottesbegriff, der davon ausgeht, dass "Gott" wie ein menschliches Wesen strukturiert sei und  eingreifen könnte, müsste, sollte, ganz wie es uns beliebt.

Die spirituell relevanten Texte der Bibel zeigen hingegen, dass das, was "Gott" genannt wird, viel eher ein universales Prinzip ist, das immer so ist wie es ist und nicht so ist, wie wir es uns vorstellen. Das war ja die Erkenntnis des Mose in der Geschichte vom brennenden Dornbusch, wo ihm klar wurde, dass Gott das "Ich Bin der Ich Bin" ist.

In bezug auf Leid könnte das bedeuten: Das göttliche Prinzip ist unveränderlich (immer das Ich bin), unabhängig von unserer Erfahrungswelt; wir aber müssen uns ändern, wenn wir Leid erfahren haben und es überwinden oder abwenden möchten.


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Jene Religion kommt der Wahrheit am nächsten, die "Gott" nicht mehr als eine Person ansieht und stattdessen anfängt zu verstehen, dass das, was "Gott" genannt wird, ein allumfassendes Prinzip ist.

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In Wirklichkeit gibt es keinen Unterschied. Offenbarung und Erfahrung sind zwei Aspekte eines Prozesses.

Man sieht es deutlich anhand der geistesgeschichtlichen Evolution der Bibel.

  1. Im Alten Testament lief alles auf die Selbst-Offenbarung des göttlichen Wesens als das Ich Bin der Ich Bin hinaus.
  2. Die Propheten leiteten daraus ein Lehrgebäude ab.
  3. Jesus zeigte mit der Bergpredigt, wie das Gesetz (die Offenbarung) und das Lehrgebäude der Propheten im Alltag gelebt, also erfahren werden kann. Daher konnte er die Offenbarung und die Propheten mit der goldenen Regel in einem einzigen Satz (!) zusammenfassen (Matthäus 7,12): 


"Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten."

Die Offenbarung wird also zum Maßstab oder zur Grundlage des Handelns, was zu einer anderen Erfahrung führt, als wenn man sie nicht befolgt.



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Aus meiner Sicht die wichtigste Stelle überhaupt ist die fünfte Seligpreisung: "Gesegnet sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen (Matthäus 5,7)."

  1. Sie löst das alte Kausalgesetz auf: Barmherzigkeit heißt, auch ohne Grund, also bedingungslos geben zu können.
  2. Sie erläutert das biblische Gesetz der Multiplikation: "Wer da hat, dem wird gegeben (siehe auch "Speisung der 5000" - Mattht 14,13-21
  3. Sehr ausführlich wird dieses Postulat im Gleichnis vom "barmherzigen Samariter" illustriert. (Lukas 10, Vers 30 ff)
  4. Die fünfte Seligpreisung kann als eine Art Resonanzgesetz gesehen werden. Die Barmherzigkeit eines Menschen kommt auf ihn zurück.

Der Begriff "Barmherzigkeit" könnte in moderner Sprache mit "Empathie" übersetzt werden. Professor Jeremy Rifkin hat ein ganzes Buch darüber geschrieben: "Die empathische Zivilisation". Er meint, dass Barmherzigkeit oder Empathie der eigentliche Motor des Fortschritts in der menschlichen Gesellschaft ist.

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Seele

Bewusstsein entsteht durch Erfahrung. Leben ist ein bewusstseinsbildender Prozess.

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Paulus war eine der wenigen Personen seiner Zeit, die sich um ein Verständnis des Christus-Geschehens bemüht hat. Wenn man so will, hat er das Prinzip des Christentums erforscht und in seinen Briefen an die Gemeinden beschrieben, wie dieses Prinzip im Lebensalltag bewiesen werden kann.

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Ich vermute, dass es jedem Menschen guttut (ob er nun religiös eingestellt ist oder nicht) ab und zu mal nach innen zu schauen...

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Ein Prophet im spirituellen Sinn ist weniger jemand, der ein Ereignis in Zeit und Raum, also der Zukunft, voraussagt, als vielmehr ein Mensch, der eine so ursprüngliche, noch nie gesehene, geistige Wahrheit verkündigt, dass er von seinen Zeitgenossen nicht verstanden wird. Daher die Verfolgung der Propheten.



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In der Bergpredigt werden Leid und Glück in einen logischen Zusammenhang gestellt: "Glückselig sind, die da Leid tragen". Das klingt im ersten Moment paradox, wenn man aber darüber meditiert, macht es durchaus Sinn. Denn oft kommen wir nur weiter, wenn wir leidvolle Erfahrungen machen. Dann lernen wir, was zum Glücklichsein beiträgt. Die Bergpredigt tendiert also dazu, einen vermeintlichen Gegensatz von Leid und Glück zu relativieren.

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Das semiotische Dreieck ist ein einfaches linguistisches Instrument, das die Beziehungen zwischen 1) Denken 2) Sprache und 3) der Welt der Dinge ("Wirklichkeit") aufzeigt.

1. Wir denken an einen Baum, haben also eine Vorstellung von einem Baum. 2. Für diese Vorstellung verwenden wir sprachlich eine Zeichenkette, das Wort "Baum". 3. Das Wort "Baum" aber bezieht sich auf ein "Ding" der Wirklichkeit, den konkreten Baum beispielsweise, den wir in einem Park sehen.

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