unverbesserliche Faulheit oder Depression?

Hallo liebe gutefrage.netler :)

Normalerweise bin ich wirklich nicht der Typ, der Fragen solcher Art quasi in der anonymen Öffentlichkeit bespricht. Aber vermutlich fehlen mir zur Zeit einfach Menschen, denen ich mich anvertrauen.

Ich bin Student und schlag mich so durchs Studium mit Ach und Krach durch. Ich bin nicht wirklich gut, ich hab sogar Angst, dass es mir zu viel werden könnte und ich den Abschluss nicht schaffe. Aber ich sehe die Schuld dafür nicht bei den hohen Anforderungen der Uni, denn so hoch sind die jetzt nicht wirklich. Ich tu einfach nur viel zu wenig. Ich bin antriebslos, kann alleine so gut wie nicht lernen, erledige Aufgaben, die unbedingt getan werden müssen, immer auf den aller aller letzten Drücker und das wirkt sich dann natürlich auch auf meine Noten aus.

Nun sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich in der Schule schon genau so faul war, da war das aber noch kein Problem, da die Anforderungen auch nicht hoch waren (im Vergleich zur Uni).

Außerdem halte ich mich selber eigentlich für intelligent. Ich denke mir immer, würde ich doch einfach nur ein bisschen mehr lernen, müsste das schon hinhauen. Aber trotzdem tu ichs nicht!! Es ist, als wäre ich einfach unverbesserlich. Lieber höre ich dann ewig lang deprimierende Musik oder schau mir Serien und Animes an, um mich abzulenken, oder ich beantworte hier irgendwelche Fragen, meistens auch immer dann, wenn ich eigentlich was ganz anderes tun müsste.

Ich leide wirklich sehr darunter, hab auch schon überlegt, meinen Studiengang zu wechseln, hab aber auch Angst, dort wieder faul zu werden. Außerdem könnte ich es nicht ertragen, das vor meinem sozialen Umfeld zu rechtfertigen. Es wäre einfach ein sozialer Abstieg, meine Freunde würden vielleicht so tun, als würden sie mir beistehen, aber ich könnte nie sicher sein, ob sie es ernst meinen oder in Wirklichkeit dann nicht doch auf mich herabblicken. Meiner eigenen Familie könnte ich es schon gleich garnicht sagen, aber das ist zu kompliziert, um es hier in Kürze zu beschreiben.

Ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass ich noch nie Selbstmordgedanken hatte. Allerdings war ich bisher noch jedes mal weit davon entfernt, wirklich was zu tun, weil ich einfach Angst vor der Vorstellung habe. Außerdem bin ich mir bei diesen Gedanken meistens nie sicher, ob das nicht eher diese "Hilfeschrei" Gedanken sind, denn meistens überlebe ich in meinen Gedankenspielen dann doch irgendwie diese Selbstmordversuche und werd von allen bemitleidet, was ich dann aber noch viel schrecklicher finde.

Ich bin NICHT selbstmordgefährdet im Moment. Aber ich hab keine Ahnung wie es weitergeht. Entweder ich studier weiter und scheitere irgendwann unweigerlich. Oder ich gestehe mir jetzt schon ein, dass ich gescheitert bin, und studiere etwas, von dem ich glaube, es könnte mich brennender interessieren als das bisherige. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das seelisch verkrafte und ob ich das Scheitern dadurch nicht nur weiter rauszögere.

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Dein Beitrag ist zwar schon zwei Jahre her, und ich hoffe, du hast einen Weg gefunden, doch möchte ich dennoch einen Beitrag hinzufügen.

Die Frage "bin ich einfach nur faul oder bin ich depressiv?" habe ich mir selbst auch gestellt. Beziehungsweise stellt sie sich andersherum, denn ich habe bereits eine Diagnose vom Psychiater: bin ich wirklich depressiv, oder bin ich in wirklichkeit einfach nur faul? Und war ich so, wenn ich ehrlich bin, nicht schon immer? Denn auch in der Schule, waren die selben Muster wie heute erkennbar.

Zunächst einmal, habe ich enorme Ängste durchgestanden, als ich glaubte, die Erkenntnis zu haben, vielleicht doch nur faul zu sein...(das war nach den Ängsten, als ich mir eingestand, depressiv zu sein)... Doch braucht man vor dieser vermeidlichen Erkenntnis keine Angst zu haben! Denn sollte es so sein, ob faul oder nicht, od depressiv oder nicht, du bist an den Punkt gekommen, andem du herausgefunden hast, was mit dir "nicht stimmt". Diesen Punkt zu erreichen, ist der erste Schritt um überhaupt eine Veränderung und Genesung einleiten zu können. Ich war ewig lange mit der Frage beschäftigt, was mit mir nicht stimmt.

Als allererstes: nach der kurzen Beschreibung über deine aktuelle Verfassung, bin ich mir, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, sicher, dass du depressiv bist! Und nein, dass ist keine Schande, sondern eine Krankheit, wie Bauchschmerzen haben. Ob du da mit deinen Angehörigen drüber reden möchtest, dass ist individuell zu entscheiden. Es kann eine Erleichterung sein, doch muss und sollte man auch nicht jedem sein Innerstes zeigen. Aber, ich kann nur anraten: geh zum Psychologen! Du musst dich nicht als Versager fühlen, denn es gibt Gründe, warum du dich so fühlst. Es ist ja gerade auch das, dass du darunter leidest, dich als "fauler Versager" zu fühlen bzw starke Angst hast zu scheitern! Aber du bist kein Versager! Und sollche Ängste zu haben ist ziemlich hart. Aber du suchst nach einer Lösung. Das ist super. Aber solltest du da alleine nicht mehr raus kommen, oder wenn es unerträglich wird, dann geh es mit psychologischer Hilfe an! Dafür gibt es sowas und du wirst dich zudem wundern, wie viele junge Leute bei den Psychologen und Psychiatern sitzen!

Ich möchte dir an dieser Stelle mal sagen, dass du es doch schon zu ganzschön was gebracht hast! Hej, du studierts! Du hast das Abitur geschafft, du hast das Studium bis zu diesem Punkt geschafft. Und du hast das alles geschafft, obwohl du noch nicht mal richtig gelernt hast. Also musst du doch ganzschön clever sein. Du weißt selber, dass es noch hätte besser laufen können, aber jetzt weißt du, was du ab jetzt anders machst. Und hej, in Schule und Studium da ist es ganz normal, sich in den Ferien faul vor den TV zu schmeißen. Uns hat nur niemand gesagt, dass wenn man das jahrelang so macht, irgendwann echte Überforderungs-Probleme bekommen kann. Ich denke, dass es zum Teil auch auf ein fehlerhaftes Problem in der Struktur des Studiums ist...

Um aus meiner Sicht deine die Frage "faul oder depressiv" zu beantworten: Ich bin der Meinung, dass beides zutrifft und sich gegenseitig begünstigt und nährt. Es ist für mich das gleiche, wie es auch bei vielen Arbeitslosen passiert, was viele nicht verstehen oder noch nicht drüber nachgedacht haben und worüber man sich bei Studenten noch keine Gedanken zu gemacht hat: durch die fehlende Aktivität, die fehlende Forderung und Förderung, fehlende Anerkennung, das fehlende Gefühl gebraucht zu werden, dadurch rutscht man in eine starkes Gefühl des Wertlosseins, rutscht in eine Depression. Stellt sich diese Situation über Jahre ein, dann wird aus dem "fauls sein" irgendwann eine echte Überforderung beim Erledigen der zu erledigenden Dinge ein (also eine Depression).

Ich habe kürzlich, mit Bezug auf Depressionen durch Arbeitslosigkeit, die Empfehlung einer Psychologin gehört, sich einem Ehrenamt zu widmen. Da kann man sich selbst aussuchen, was einen interessiert und man steht nicht unter Leistungsdruck.

In einer Situation, in der man garnicht mehr weiter weiß und befürchtet daran zu zerbrechen, würde ich anraten ein Krankheitssemster einzulegen und dich in dieser Zeit um deine Gesundheit zu kümmern. Wenn du krank bist, dann musst du erst wieder gesund werden um das nächste anzugehen. Was natürlich nicht bedeutet, auf dem Sofa zu liegen, sondern es psychologisch oder/und psychiatrisch anzugehen.

Ansonsten glaube ich, dass Beschäftigung, Tätigsein die Lösung ist. Es ist die Frage, schaffst du es noch bis dahin und aus eigener Kraft oder nicht? Wenn nicht, dann lass dir bitte helfen. Wenn du noch Kraft hast, dann versuch doch vielleicht einen kleinen Nebenjob um wieder Struktur und ein Wertigkeitsgefühl zu bekommen.

In meinem eigenen Fall habe ich noch knapp 2 Semester bis zum Master übrig. Und ich werde diese Zeit mit Ach und Krach durchstehen...ich fange bald ein Praktikum an und hoffe, dass sich dort schon einige der Probleme von alleine regeln.

Halt die Ohren steif!

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