Die Anzahl von Beschneidungen (der männlichen Vorhaut) hat in Deutschland tatsächlich zugenommen; und zwar seit 2012 vor allem weder aus medizinischen, noch aus religiösen, sondern vor allem aus anderen Gründen:
Eine Beschneidung des „nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes“ ist seit Dezember 2012 nach § 1631d des BGB grundsätzlich erlaubt. Es gibt keinerlei Ausschlüsse von Gründen bzw. Motivationen - nichts ist verboten, alles ist erlaubt. Es geht also dabei auch für „nicht einsichts- und urteilsfähige“ (in etwa also um unmündige) Jungen keineswegs nur um religiöse, sondern um alle Arten von Grundlagen, die ihre Erziehungsberechtigten für ihre Beschneidung haben können: Also auch um ästhetische Gründe von Eltern - die eine Beschneidung ihrer Söhne ausschließlich wegen des Aussehens (oder aus prophylaktischen oder hygienischen Gründen, bzw. weil sie sich haptisch/praktische und später sexuelle Vorteile davon versprechen oder weil es Familientradition ist - usw.) aktiv veranlassen oder in sie einwilligen dürfen. Und exakt in diesem Segment nehmen Beschneidungen in Deutschland tatsächlich seit 2012 zu (seit das BGB das auf diese Weise als legal klar gestellt hat).
Ich bin selbst Urologe mit dem jahrzehntelangen Praxis- und Forschungsschwerpunkt Zirkumzision (siehe mein Profil). Und weiß von vielen Kollegen, die wegen der bis 2012 rechtlich ungeklärten Situation damals sehr viel zögerlicher auf entsprechende Wünsche von Eltern eingingen als sie es seither machen. Daran ändert auch die aktuelle „Phimose-Leitlinie“ (2017/2022) nichts. Tatsächlich gibt es durchaus eine geringe Abnahme der Anzahl medizinisch indizierter Beschneidungen, weil man sich aufgrund dieser Leitlinie häufiger um eine konservative (vorhauterhaltende) Therapie bemüht. Das gleicht allerdings den generellen Anstieg der Zahlen aufgrund der übrigen (nicht-medizinischen und nicht-religiösen) Gründe nicht aus; er besteht signifikant.
Und: Die seit 2012 angefachte heftige Beschneidungsdebatte hat durch die öffentliche Aufmerksamkeit und die Informationsflut zum Thema zusätzlich dazu geführt, dass sich auch deutlich mehr Jugendliche und Erwachsene freiwillig beschneiden lassen, als es bis 2012 der Fall war.