Hi,

Eine ernst gemeinte Frage...

Dass du das nicht nachvollziehen und verstehen kannst ist einerseits gut so, denn das heißt, dass du es nie erfahren und empfinden musstest. Mann kann es nur schwer beschreiben und es nachempfinden ist eh unmöglich, wenn es einem selbst nie wiederfahren ist.

Ich Versuch es Mal:

1) Wenn du vor dem Spiegel stehst und dich ansiehst, dann weißt du: > das bin ich und zwar komplett. < dich stören vielleicht Pickel, der ein oder andere Fettanteil, eine zu große Nase oder die Haarfarbe. Aber das kannst du alles „einfach“ verändern. Du kannst dir die Haare färben, zum Hautartzt gehen, die Nase ohne Diagnose oder Therapie operieren lassen und deinen Körper mit etwas Zeit fitter aussehen lassen. Du bist zwar etwas hoffnungslos, verärgert und demotiviert, aber Veränderung ist einfacher möglich als bei mir

→ Ein Mensch der im geschlechtlich falschen Korper steckt (wie ich), erlebt diese Situation ganz anders. Ich stehe da und sehe weibliche Gesichtszüge, sehe Brüste, sehe einen falschen Haaransatz, die Hüfte zu breit, die Taille zu schmal, alles total weiblich, die Haut unbehaart. Ich sehe nicht mich. Ich sehe eine weibliche junge Frau. Und mit jedem Jahr wird es mehr. Ich kann es nicht einfach ändern. Ich brauche Therapie mit langen Wartezeiten für eine Diagnose, ich brauche die Unterstützung meiner Eltern, ansonsten muss ich bis 18 warten. Ich brauche viel Geduld, viel Kraft und viel Hoffnung. Und jedes Mal, wenn meine Eltern komplett dagegen sind, jedesmal wenn keine Therapieplätze frei sind, jedesmal wenn die Krankenkasse Stress macht und jedesmal wenn der Therapeut die Diagnose hinausgezögert... wird diese Hoffnung zerstört...> ich werde nie mich selber im Spiegel sehen, andere werden nie MICH sehen <

2)

andere werden nie MICH sehen

Alle kennen mich als das Mädchen und das Mädchen, das ein Junge sein will. Ein Großteil liest mich weiblich, spätestens wenn sie meine Stimme hören. In meinem Alter sollte ein junger Mann ganz anders aussehen und sich anders anhören. Ich werde nicht als Junge gesehen, sondern als der Junge, der ein Mädchen war/ist. Die meisten sehen nur das, nicht meinen Charakter, meine Fähigkeiten etc. Die meisten stecken mich einfach in eine Schublade. Das ist ultra anstrengend, ultra belastend und mit jedem Monat belastet es einen mehr. Die anderen sehen MICH nicht, sie verstehen mich nicht und manche akzeptieren mich nicht.

3) die eigentliche Antwort: Du fühlst dich als Frau, nur nimmst du es nicht war, da alles stimmt. Du wirst weiblich gelesen, würdest weiblich erzogen, bist im weiblichen Körper. → auf Leute wie mich trifft das nicht zu, also merken wir, als wen wir uns wirklich fühlen und mit welchem Geschlecht wir uns identifizieren. Wir spüren es. Vieles fühlt sich falsch und unpassend an, Vieles vom anderen Geschlecht fühlt sich aber passend an. Dabei rede ich nicht von Geschlechterklischees der Gesellschaft!!! Wir fühlen uns unwohl bei der Ansprache, die wir von Geburt an haben, wie fühlen uns jedoch angesprochen, wenn wir nach unserem Wunsch (in meinem Fall männliche Pronomen + Name) angesprochen werden. Klar, wir reagieren auf die alte Ansprache, der Mensch ist ein Gewöhnungstier, aber wir fühlen uns nicht angesprochen.

!!! Auch wenn man nichts gegen den weiblichen Körper hat, das Problem ist, weiblich gelesen zu werden !!!

Ich hoffe, ich konnte dir einen Einblick verschaffen

...zur Antwort
Weitere Inhalte können nur Nutzer sehen, die bei uns eingeloggt sind.