Dein Text hat mir die Tränen in die Augen getrieben.. ich weiss genau was du meinst.

Meine beste Freundin hat mit 13 erfahren, dass sie Krebs hat - im Oktober 2008. Anfangs war alles ok, sie hat gelacht, mit ihren dicken Backen (kam vom Cortison, weiss nicht ob deine Freundin dir den ganzen medizinischen Kram erklärt hat). Für mich wars damals auch nicht schwer sie so zu sehen - "etwa 6 Monate dauert meine Genesung, meinten die Ärzte", und nachdem sie meinen "Ich bin mir 100% sicher, dass du wieder gesund wirst"-Satz mit "Ich mir auch" beantwortet hatte, war ich einfach positiv gestimmt.

Wir chatteten oft, während sie im Krankenhaus war. SMSten. Aber telefonieren.. das war dann eher selten vorgekommen, obwohl wir das früher tagtäglich taten. Einmal, anfang 2009, sie hatte schon einige Chemotherapien hinter sich, meinte sie, dass sie sich die Haare abrasiert hätte (während manchen die Haare schon nach der 2. Chemo ausfallen, hatte sie nach mehreren noch immer welche, sind halt büschelweise ausgefallen, aber den großteil hatte sie noch).

Als ich sie im Krankenhaus besuchte, sah sie flüchtig zur Tür, erblickte mich, und schaute wieder auf den Fernseher. Sie konnte den Eindruck erwecken, dass sie keinen sehen wollte. Aber ich wusste es besser, wusste, das es eben nur an der auslaugenden Chemotherapie und den 90 Tabletten TÄGLICH(!) lag und besuchte sie weiterhin sooft ich konnte. Manchmal musste ich lernen, hatte länger Schule, Besuch von Verwandten, oder gönnte mir hin und wider einen Tag - es gab also auch Tage, an dennen ich auch nicht hinging. Sie verstand das, hauptsache wir hörten uns oft, und das taten wir..

Neben mir (ähnlich wie bei dir) besuchte sie nur ein Mädchen regelmäßig. Ab und zu kam die Schwester dieses Mädchens, und zwei weitere Freundinnen meiner Freundin, die aber um 2 bzw 3 Jahre älter waren als das Mädchen, die BF und ich. Wir waren ihre "engsten Freundinnen", die ganze schwere Zeit hindurch; auch wenn dieses eine Mädchen und ich sie am häufigsten besuchten, so waren die anderen drei auch immer für sie da. Ihren Freund (in den sie sehr verliebt gewesen war) wollte sie nicht sehen. Sie sagte "ich will nicht das er mich so sieht". Während wir zu Besuch waren, erledigte ihre Mutter immer irgendwas. Sie ging einkaufen, kochen, Kleidung holen, .. nach einem Jahr, in dem ihre Mutter auch kaum geschlafen hatte und täglich dieses sorgende Gesicht mitsich herumtrug, setzte sie sich manchmal einfach draussen auf die Bank und starrte ins leere. Wir hatten sie mal dabei beobachtet & meine Freundin sagte "Mama, das sieht echt gruslig aus". Wir grinsten, selbst ihre Mutter lachte, aber nicht mehr so wie früher..

Anfangs besuchten sie viele noch, also ihre ganzen Klassenkameraden, aber die, die sie am Anfang am regelmäßgisten besuchten, "qualifizierten" sich für ihre Freundschaft mit der Glatze. Ich glaub mit ihren Haaren verlor sie nämlich jegliche Normalität, ab da wurde alles anders... ich sag nicht das es an den Haaren liegt ("Haare wachsen nach"), aber es ist einfach dieser Zeitabschnitt, an dem alles schwieriger wurde.

Nach einem 20-monatigem Kampf verstarb meine beste Freundin im Alter von nur 15 Jahren. Bei mir ist das, genauso wie bei dir zum Zeitpunkt dieses Artikels, auch schon über ein Jahr her - 13 Monate, bald 14. Es ist immernoch schrecklich, ich denke echt JEDE MINUTE an sie. Wenn ich zu Hause sitze, wenn ich in der Schule bin, wenn ich Straßen passiere, überall kommen Erinnerungen an sie hoch...

Deswegen kann ich dich nur zugut verstehen. Es ist schrecklich, die beste Freundin zu verlieren, vor allem diese falschen Leute, die an ihrem Einjährigen ihre "tiefe Trauer" mit trauernden Statusnachrichten auf Facebook bekunden. DA KRIEG ICH EINE RIESENWUT - wo waren die als es ihr schlecht ging? DA HATTEN DIE KEINE AHNUNG!

Ihre Mutter ist eine gebrochene Frau. Sie sagt das sie jeden Tag hofft, sie stirbt heute vielleicht und kommt zu ihrer Tochter. Nur so überlebt sie. Ich wiess nicht ob es ihr je wieder gutgehen wird.. ihre Schwester geht es den Umständen entsprechend gut. Sie hat die Schule und Freunde, die sie ablenken. Aber was mit der Mutter unternehmen will sie nicht. SIe hört auch nicht mehr auf sie. Womöglich liegts auch an der Pubertät, aber da ihre Schwester soo brav war, schreib ichs eher dem Verlust zu..

Ich bin 16, also nicht viel älter als du, auch wenn du einen großen Verlust zu bewältigen hast, möchte ich dich bitten, dir ihre schrecklichen Zeiten in Erinnerungen zu rufen - für deine Freundin ist es besser im Himmel als sich herumzuquälen...

Die 20 Monate "KREBS" waren nicht leben, sondern einfach nur ÜBERleben ...

Ich hoffe einfach, du sammelst Kraft und rappelst dich auf. Isolier dich nicht! Das hätte deine Freundin nieee und nimmer gewollt! Wenn uns diese Dinge was lehren sollen, dann wohl eins: Theoretisch könnte auch uns so eine Diagnose erreichen. Also sollten wir anfangen zu leben!

Ich wünsche dir dabei alles Gute, und möge deine Freundin in Frieden ruhen..

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