Hallo Honey1996.

Letztlich muss jeder für sich selbst die Frage beantworten, welche Geschichte für einen selbst wahr ist.

Pi erzählt zwei Geschichten - eine fantastische, nahezu unglaubliche, aber wunderschöne und eine, die brutaler kaum sein könnte.

Die Herren der Versicherung wollen die erste "Tiger"-Geschichte nicht glauben und bitten Pi, doch bitte die vermeintlich wahre Geschichte zu erzählen.

Pi erzählt daraufhin, wie sich er, seine Mutter, der Buddhist und der Koch auf das Rettungsschiff in Sicherheit bringen können. Der Buddhist verletzt sich dabei schwer am Bein und wird schließlich vom Koch amputiert, der dieses Bein dann wiederum zum Angeln nutzt und schließlich sogar den Buddhisten ist. Später ermordet er sogar die Mutter Pis, der daraufhin den Koch umbringt.

Der Buddhist ist in der anderen Geschichte das Zebra, die Mutter der Affe, der Koch die Hyäne. Wer also ist der Tiger? Pi selbst oder zumindest das böse und brutale in Pi.

Glaubwürdiger erscheint doch eher letztere Geschichte, oder? Es ist wahrscheinlicher, dass sich der Buddhist bei dem Sprung auf das Rettungsboot das Bein bricht, es ist wahrscheinlicher, dass sich die Mutter und der Koch retten als eine Hyäne und ein Affe, die ja zudem auch noch tief im Bauch des Schiffes untergebracht waren. Dass Menschen in Extremsituationen zu den unmenschlichen Taten des Kochs in der Lage sind, ist darüber hinaus ja aus anderen Unglücken nicht ganz unbekannt.

Doch diese Geschichte ist eine Geschichte unsagbarer Brutalität. Die Geschichte mit dem Tiger ist zwar ebenfalls brutal, aber das Verhalten der Tiere erscheint uns als Menschen ja als artentsprechend, während wir Menschen uns ja unserer Überlegenheit, auch bedingt durch unsere Fähigkeit über die Instinkte zu herrschen, rühmen.

Deine Schlussfolgerung, dass die Geschichte mit dem Tiger stimmt, weil die Versicherung diese letztlich übernimmt, ist daher nicht ganz richtig. Denn letztlich zeigt dies auch nur, dass diese Geschichte zwar logischer erscheint, aber die Herren der Versicherung können sich nicht überwinden, diese drastische Geschichte zu übernehmen und entschließen sich, obwohl sie noch so unglaublich klingt, trotzdem die Geschichte mit dem Tiger zu übernehmen.

Was bleibt? Wahr sein könnten beide Geschichten - wie Pi sagt, ähnlich ist es ja auch mit dem Glaube an Gott. Natürlich kann man an die unverblümte, die schlimme Wirklichkeit glauben. Man kann aber auch Glauben, dass es eine wundervolle Geschichte über eine Freundschaft gibt, die es eigentlich nicht geben dürfte.

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