Life of Pi - Schiffbruch mit Tiger: Welche Geschichte ist wahr?

15 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo Honey1996.

Letztlich muss jeder für sich selbst die Frage beantworten, welche Geschichte für einen selbst wahr ist.

Pi erzählt zwei Geschichten - eine fantastische, nahezu unglaubliche, aber wunderschöne und eine, die brutaler kaum sein könnte.

Die Herren der Versicherung wollen die erste "Tiger"-Geschichte nicht glauben und bitten Pi, doch bitte die vermeintlich wahre Geschichte zu erzählen.

Pi erzählt daraufhin, wie sich er, seine Mutter, der Buddhist und der Koch auf das Rettungsschiff in Sicherheit bringen können. Der Buddhist verletzt sich dabei schwer am Bein und wird schließlich vom Koch amputiert, der dieses Bein dann wiederum zum Angeln nutzt und schließlich sogar den Buddhisten ist. Später ermordet er sogar die Mutter Pis, der daraufhin den Koch umbringt.

Der Buddhist ist in der anderen Geschichte das Zebra, die Mutter der Affe, der Koch die Hyäne. Wer also ist der Tiger? Pi selbst oder zumindest das böse und brutale in Pi.

Glaubwürdiger erscheint doch eher letztere Geschichte, oder? Es ist wahrscheinlicher, dass sich der Buddhist bei dem Sprung auf das Rettungsboot das Bein bricht, es ist wahrscheinlicher, dass sich die Mutter und der Koch retten als eine Hyäne und ein Affe, die ja zudem auch noch tief im Bauch des Schiffes untergebracht waren. Dass Menschen in Extremsituationen zu den unmenschlichen Taten des Kochs in der Lage sind, ist darüber hinaus ja aus anderen Unglücken nicht ganz unbekannt.

Doch diese Geschichte ist eine Geschichte unsagbarer Brutalität. Die Geschichte mit dem Tiger ist zwar ebenfalls brutal, aber das Verhalten der Tiere erscheint uns als Menschen ja als artentsprechend, während wir Menschen uns ja unserer Überlegenheit, auch bedingt durch unsere Fähigkeit über die Instinkte zu herrschen, rühmen.

Deine Schlussfolgerung, dass die Geschichte mit dem Tiger stimmt, weil die Versicherung diese letztlich übernimmt, ist daher nicht ganz richtig. Denn letztlich zeigt dies auch nur, dass diese Geschichte zwar logischer erscheint, aber die Herren der Versicherung können sich nicht überwinden, diese drastische Geschichte zu übernehmen und entschließen sich, obwohl sie noch so unglaublich klingt, trotzdem die Geschichte mit dem Tiger zu übernehmen.

Was bleibt? Wahr sein könnten beide Geschichten - wie Pi sagt, ähnlich ist es ja auch mit dem Glaube an Gott. Natürlich kann man an die unverblümte, die schlimme Wirklichkeit glauben. Man kann aber auch Glauben, dass es eine wundervolle Geschichte über eine Freundschaft gibt, die es eigentlich nicht geben dürfte.

Hey, der Gedanke, dass die Versicherungsvertreter einfach diese Tigergeschichte genommen haben, weil die andere brutal ist, kam mir auch schon... Naja, ich lese jetzt erstmal das Buch :) vielleicht ergibt sich da auch noch die ein oder andere Tatsache ;)

An welche Geschichte glaubst du?

0
@Honey1996

Habe nach dem Film selbst eine Weile nachgedacht - und die Tigergeschichte gefällt mir einfach sehr viel besser, weil sie das Herz berührt und einem ein gutes Gefühl gibt!

1
@7esas

Habe das Buch gelesen,da wirst du nicht mehr erfahren als aus dem Film. Und ehrlich? Das ist auch nicht wichtig. Es ist absolut unerheblich,welche Geschichte die wahre ist. Für mich persönlich war dies der beste Ratschlag in Bezug auf Religion,den ich je gehört habe. Es gibt keine einzig richtige und wahre Religion. Religionen sind nur viele verschiedene Versionen einer einzigen Geschichte. Und welche man glaubt,ist jedem selbst überlassen. Genauso ist es mit Pi's Erzählungen.

1
@Nibista

Hab das Buch jetzt auch gelesen :) Schon vor einigen Wochen, und mittlerweile bin ich nicht mehr total in der Geschichte versunken. Ja, es stimmt schon: Tatsächlich ist es eigentlich egal, welche Geschichte die Wahre ist. Dieser Film ist echt genial :)

0

Nun stellt sich mir die Frage - welche ist tatsächlich wahr?

Der Umstand, dass Du Dir diese Frage stellst, zeigt gerade, dass der Film sein Ziel erreicht hat: Es ist vollkommen egal, welche Version der erzählten Geschichte zutrifft, weil es letztlich nur um die Essenz dessen geht, was sie vermitteln -und die ist eben beides mal gleich!

Wer Lessings "Ringparabel" aus "Nathan der Weise" kennt, sieht sofort die Parallelen: Dort erzählt Lessing die Geschichte eines Vaters, der 3 Söhne hat. Weil er alle 3 gleich liebt, bricht er mit der Familientradition, dass er seinen wertvollen Ring nur an den einen weitervererbt, den er am liebsten hat, in dem er zwei Duplikate des Rings herstellen lässt und so jedem Sohn einen Ring vererben kann. Er selbst kann die 3 Ringe nicht mehr voneinander unterscheiden und die Söhne auch nicht; sie streiten vor Gericht, um den "echten" Ring identifizieren zu lassen. Der Richter macht ihnen dann klar, dass jeder der Ringe gleich "echt" oder "unecht" ist, denn eigentlich zählt ja nicht der Ring, sondern nur der Ausdruck der väterlichen Liebe, die er vermittelt. (Oder anders gesprochen: Alle 3 Weltreligionen sind nur unterschiedliche Wege, dasselbe göttliche Ziel der universellen Liebe zu den Menschen zu vermitteln).

Mit "Life of Pi" ist es genauso: Am Anfang der Geschichte erfahren wir, dass Pi alle 3 grossen monotheistischen Weltreligionen gleichzeitig zugeneigt ist -und sein Vater ihn deswegen rügt, er müsse sich schon entscheiden. (Im Buch wird das noch viel ausführlicher dargestellt, als Pis 3 Religionslehrer in einen Zank über ihren Schüler geraten.) Aus Sicht von Pi ist das dagegen nicht so: Alle 3 erzählen aus seiner Sicht letztlich "dieselbe Geschichte" -man kann sich also aussuchen, welche der Versionen einen am besten gefällt, denn die Essenz bleibt ja gleich.

Mit seiner Geschichte des Schiffbruchs verhält es sich genauso: Ihr Kern besteht darin, dass Pi durch ein schreckliches Unglück seine ganze Familie verliert, selber kurz vor dem Tod steht, aber überlebt und seinen Glauben an Gott bewahren kann. Erzählt er sie jedoch nicht als Metapher mit den Tieren, sondern in ihrer ganzen Brutalität als "Menschengeschichte" mit Kannibalismus und Morden, dann klingt sie eben längst nicht mehr so schön -obwohl sie immer noch denselben Kern hat.

Letztlich meint die Aussage "Und genauso ist es mit Gott" also, dass der "Kern des Lebens" immer der gleiche bleibt, egal ob er von Christentum, Islam oder Judentum oder eben ganz ohne Gott vermittelt wird.

Ich denke, die Geschichte mit dem Tiger ist wahr. Pi's "real" durchlebte Geschichte ist und klingt so phantastisch, dass es fast unglaublich ist. Er sagte im Film zudem, dass er bei den Japaner mit der Geschichte des Koches mit der Symbolik der Tiere lügen musste da diese ihm nicht glauben wollten, zwecks dem Bericht, und die Geschichte etwas realer klingen sollte. Letztendlich entschieden sich die Japaner auch für die Tiger Geschichte, obwohl diese ihm die wahre Geschichte mit dem Tiger anfangs nicht geglaubt haben, und die Antwort von Pi: "Und so ist es auch mit Gott" ist darauf zuschließen, das Menschen anfangs nur das glauben, was sie glauben wollen. Es steht jedem frei zu seinen Glauben zu wählen und auch eine Meinung zu bilden und ggf. zu ändern. Zudem denke ich, das Pi die Begegnung mit der Magie des Lebens & der Schönheit der Natur, sowie der "Begegnung mit Gott" während seiner Schiffbruchsreise mit Richard Parker erzählen möchte und seine liebevolle Freundschaft zu Richard Parker, die ihm Kraft, Hoffnung und Überlebenswillen gegeben hat, also einem "Teil von Pi", während der Reise, zum Ausdruck bringen wollte.

Ich denke das soll sich jeder selber denken, damit der Film für jeden was anderes ist. Ich famd ihn ehrlich gesagt nicht so toll, hab ihn mir besser vorgestellt nach dem Trailer

"Dabei wird freilich eine Gleichartigkeit der Religionen unterstellt, die auf eine Vergleichgültigung ihrer Inhalte und insbesondere ihrer Weisungen hinsichtlich des menschlichen Heils hinausläuft: Sofern dieses Heil als Ziel verstanden wird, zu dem alle Religionen führen und ohnehin alle Menschen gelangen, erübrigen sich schließlich auch ethische Maßgaben, die das Recht- und Gutsein des Menschen bereits in dieser Welt zum Gegenstand haben." Hanns-Gregor Nissing "Was ist Wahrheit?"