Unterschied Fahrlässigkeit §222 StGB und Erfolgsqualifizerte Fahrlässigkeit §229 StGB?

2 Antworten

§§ 222 / 229 StGB beschreiben beide nur die "normale" Fahrlässigkeit. Vllt meintest du ja §§ 222 und 227 StGB ?

Einfach erklären kann man das nicht wirklich.

Hierzu muss man im allgemeinen Teil § 22 StGB betrachten. Bei der Körperverletzung mit Todesfolge (§227 StGB) ist bezüglich der Folge demnach zumindest Fahrlässigkeit nötig. Die Fahrlässigkeitsprüfung ist aber die gleiche.

Anders wird das z.B. erst beim §251 StGB dem Raub mit Todesfolge. Hier wird z.B. entgegen dem § 18 StGB zumindest die Leichtfertigkeit gefordert. Leichtfertigkeit entspricht in etwa der groben Fahrlässigkeit.

Zu deiner Frage:

Fahrlässige Tötung: der gesamte Vorgang geschieht fahrlässig

Körperverletzung mit Todesfolge: Die KV kann vorsätzlich erfolgen, aber der Tod muss fahrlässig verursacht worden sein - ansonsten wären wir ja beim Totschlag.

Also dein Frage ist etwas wirr, denn du willst einerseits den Unterschied zwischen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung mit Todesfolge, aber andererseits kommst du mit § 229 StGB (Fahrlässige Körperverletzung). Ich werde daher alles dazu kurz aufrollen:

  • Fahrlässige Körperverletzung: Bei diesem Straftatbestand will der Täter weder die Körperverletzung, noch den Tod des anderen, doch durch seine Unvorsichtigkeit kommt es dennoch zur Körperverletzung. Wichtig für Fahrlässigkeitstatbestände ist, dass der Eintritt des Taterfolgs einigermassen absehbar war und dass der Täter eine Sorgfaltspflichtverletzung begeht. Nicht strafbar sind unvermeidbare Unfälle, die sich nur aus dem Zufall ergeben haben, mit denen keiner rechnen musste. So beispielsweise ist es dem Täter zurechenbar, wenn ein Opfer noch schwerer verletzt wird, weil der Krankenwagen, der es ins Krankenhaus bringen sollte, einen Unfall hat, nicht aber etwa, wenn ein auf der Strasse liegendes Opfer von einem wilden Tier angegriffen wird. Diese Unterscheidung der Vorhersehbarkeit ist eine Sache der Rechtssprechung im Einzelfall unter Berücksichtigung des Grundsatzes "Im Zweifel für den Angeklagten" und wird für die spätere Erläuterung hier noch wichtig.
  • Vorsätzliche Körperverletzung: Bei der vorsätzlichen Körperverletzung will der Täter die Verletzung des Opfers, die er mutwillig herbeiführt, nicht aber dessen Tod. Auch hier können gewissen, weitergehende Schäden am Opfer zu einer zusätzlichen Bestrafung - sei es durch ein weiteres/neues Vorsatzdelikt, oder durch ein Fahrlässigkeitsdelikt - führen.
  • Fahrlässige Tötung: Auch hier will der Täter den Tod des Opfers nicht, er ergibt sich jedoch aus der Pflichtverletzung.

So und nun zur eigentlichen Problematik der Unterscheidung zwischen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung mit Todesfolge.

Klar ist schon einmal, die KV mit TF ist ein Vorsatzdelikt. Das heisst, sie kann sich nur aus einer vorsätzlichen Körperverletzung ergeben, was im §227 StGB deutlich steht (§223 - §226a, wobei fahrlässige KV §229 StGB ist). Wenn also eine fahrlässige Handlung zum Tod führt, so ist es immer eine fahrlässige Tötung.

Das war der einfach Teil. Jetzt kommt der schwierigere Fall der Abgrenzung zwischen der vorsätzlichen Körperverletzung mit Todesfolge (§227 StGB) und der vorsätzlichen Körperverletzung (§223 StGB), die in Kombinationen mit fahrlässiger Tötung (§222 StGB) bestraft werden kann.

Diese Frage ist für den Täter ab von entscheidender Bedeutung, denn während die fahrlässige Tötung und die vorsätzliche Körperverletzung beide eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsehen, wird bei der Körperverletzung mit Todesfolge eine massiv höhere Freiheitsstrafe von nicht unter drei Jahren veranlagt. Entsprechend sind die Anforderungen für die Körperverletzung mit Todesfolge höher und zwar dahingehend, dass sich die Todesfolge direkt aus der Verletzungshandlung (wenn auch zeitlich nicht unmittelbar) ergeben muss.

Wenn ich zum Beispiel jemandem Alkohol einflösse (Körperverletzung) und der torkelt dann betrunken auf die Strasse und wird überfahren, dann dürfte der enge Zusammenhang nicht mehr gegeben sein, also ist es nur eine Körperverletzung und eine fahrlässige Tötung. Stirbt er jedoch direkt an der Alkoholvergiftung, dann ist der enge Zusammenhang gewahrt, dann ist es Körperverletzung mit Todesfolge.

Das Problem ist, dass diese Diskussion schon zu fragwürdigen Urteilen geführt hat. So verurteilte der Bundesgerichtshof jemanden wegen Körperverletzung mit Todesfolge, der eine anderen schubste, der nach wochenlanger Bettlägerigkeit an einer Lungenembolie verstorben ist, weil der Arzt es verpasst hat, ihm Blutverdünner zu geben. Meines Erachtens ein Fehlurteil, da der enge Zusammenhang durch die Inkompetenz des Arztes, mit der der Täter nicht rechnen musste, aufgehoben wurde.

Aufgrund solcher Fehlurteile ist der Tatbestand umstritten. In der Schweiz beispielsweise gibt es diesen Tatbestand darum auch nicht, hier wird immer nach Körperverletzung und fahrlässiger Tötung verurteilt.