Versuchter Totschlag. Wo ist er gesetzlich definiert?
Schon unzählige Male wurden Menschen in Deutschland wegen versuchten Totschlags verurteilt. Der Totschlag selbst ist in § 212 StGB definiert.
Nur steht da nichts von "Der Versuch ist strafbar", wie es zum Beispiel in § 224 StGB ( gefährliche Körperverletzung ) und zahlreichen anderen § des StGB vermerkt ist.
Wie also begründet sich die Legalität des versuchten Totschlags im Sinne des Strafgesetzbuchs? Er ist in keinem Gesetz verankert. Warum dürfen dann Menschen wegen versuchten Totschlags verurteilt werden?
Und wo ist der Unterschied eines versuchten Totschlags zu einem minder schweren Totschlag nach § 213 StGB, wenn man aus § 213 StGB zitiert: "...oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor..." ?
Wo ist also hier der Unterschied zwischen versuchten Totschlag und einem Totschlag in einem sonstigen minder schweren Fall?
Der § 213 StGB stellt laut Wikipedia nur eine Strafzumessungsregel in Bezug zu § 212 StGB dar. Warum ist der § 213 StGB dann nicht als Beispiel in § 212a StGB verankert? Das ergäbe doch viel mehr Sinn.
Und wenn man diese Strafzumessungsregelung nach § 213 StGB in Verbindung mit § 212 StGB richtig interpretiert, so dürfte es nur Totschlag und Totschlag in einem minder schweren Fall, aber keinen versuchten Totschlag geben.
Wo ist die Rechtsgrundlage für den versuchten Totschlag? Meiner Meinung nach sind alle Verurteilungen wegen versuchten Totschlag, mangels gesetzlicher Grundlage, rechtswidrig und können nach § 359, Satz 5 StPO angefochten werden.
Wie seht ihr das?
10 Antworten
Hallo,
interessante Frage die du stellst, um diese zu beantworten muss man sich das StGB genauer anschauen.
Wie du richtig schreibst, gibt es z.b. die versuchte gefährliche Körperverletzung, dies ist im Absatz 2 geregelt.
Was unterscheidet nun aber den Totschlag von der gefährlichen Körperverletzung? Der Totschlag ist ein Verbrechen, das heißt das Mindeststrafmaß beträgt mindestens ein Jahr.
Somit ist deine Aussage
Wie also begründet sich die Legalität des versuchten Totschlags? Er ist in keinem Gesetz verankert. Warum dürfen dann Menschen wegen versuchtenTotschlags verurteilt werden?
Wie also begründet sich die Legalität des versuchten Totschlags? Er ist in keinem Gesetz verankert. Warum dürfen dann Menschen wegen versuchtenTotschlags verurteilt werden?
falsch, da im StGB folgendes steht.
§ 23Strafbarkeit des Versuchs
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
Wie du siehst, ist ein Versuch eines Verbrechens somit IMMER strafbar, egal ob es explizit erwähnt wird oder nicht.
Der von dir zitierte §213 ist der klassische "Handlung im Affekt" Paragraph. Im Endeffekt wurde dieser geschaffen, um eine "Kurzschlusshandlung" weniger hart zu sanktionieren, als einen geplanten Totschlag (wobei das dann schon fast wieder Mord ist, aber das ist eine andere Geschichte)
Wieso der nicht 212a heißt? Nun, die ganzen "a", "b" etc. Paragraphen haben nicht unbedingt was mit der Zugehörigekeit zu tun, sondern wann es dem Gesetzgeber eingefallen ist, diesen Paragraph hinzuzufügen. Ein Beispiel: §303 ist die Sachbeschädigung... diese gab es schon länger. Werden nun aber z.B. Daten verändert ist ist das ja keine klassische Sachbeschädigung... aber irgendwie schon... daher §303a - Datenveränderung. Dieser wurde also erst nachträglich eingefügt.
§ 213 StGB - Minder schwerer Fall des Totschlags war aber von Anfang an "eingeplant", also die Möglichkeit der Affekthandlung wurde von Anfang an in Betracht gezogen, daher hat dieser Paragraph damals eine eigene Nummer bekommen...
Hoffe ich hab jetzt alle Fragen erwischt, wenn noch Unklarheiten sind, frag einfach per Kommentar nach:)
Da weiß ich. Doch gehst du darauf ein, dass bei der gef. KV ein Versuch direkt im Gesetzestext angeführt ist, beim Totschlag nicht. Also muss es offensichtlich einen Unterschied zwischen diesen beiden Tatbeständen geben, wenn es auch einen "versuchten Totschlag" gibt. Und genau den hab ich dir beschrieben
Ja, du hast recht. Entschuldige.
Ganz einfach: der Versuch eines Verbrechens ist immer strafbar, wie im § 23 I StGB nachzulesen ist. Und der Totschlag ist ein Verbrechen, § 12 I StGB.
Na endlich mal was hilfreiches!
Das erklärt jetzt alles. Hiermit wurde meine Frage komplett beantwortet. Jedoch wurde diese zurecht gestellt.
Denn: Warum steht trotz § 23 StGB die Strafbarkeit des Versuches in den §§ 223 und 224 StGb ausdrücklich nochmal geschrieben da, während sie im § 212 StGB gänzlich fehlt?
weil der § 23 Abs. 1 StGB auch sagt:
"...der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt."
Und zu welcher Kategorie gehören Straftaten nach den §§ 223 und 224 StGB?
Weil die (einfache) Körperverletzung ein Vergehen ist ("bis zu fünf Jahren"). Ein Verbrechen hat eine Strafandrohung von mindestens einem Jahr.
Ok. Ich dachte bisher alle Körperverletzungen wären Verbrechen.
Mit meinem bescheidenen Halbwissen würde ich mit der Definition von Totschlag bzw. Mord den versuchten Totschlag so definieren:
Totschlag ist eine vollendete Tat
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu seinsomit wäre für mich ein versuchter Totschlag eine Körperverletzung (ob einfach oder schwer, sei mal dahin gestellt), bei der der Tod des Opfers billigend in Kauf genommen wird.Somit würde meiner Meinung nach § 227 StGB Geltung finden müssen
§ 227 Körperverletzung mit Todesfolge
(1) Verursacht der
Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der
verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei
Jahren.(2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Menschen dürfen in Deutschland wegen versuchtem Totschlags verurteilt werden, weil der Versuch eines Verbrechens immer strafbar ist (§ 23 StGB).
Sollte dieses
Meiner Meinung nach sind alle Verurteilungen wegen versuchten Totschlag, mangels gesetzlicher Grundlage, rechtswidrig und können nach § 359, Satz 5 StPO angefochten werden.
den Tatsachen entsprechen, so dürfte es weder eine strafbare versuchte Vergewaltigung, Mord, Meineid, Raub...usw. geben. Denn in keinem der Strafparagraphen wird explizit der Versuch unter Strafe gestellt.
Dein Denkansatz hat also einen gravierenden Fehler.
Weil ich nicht an den § 23 StGB dachte. Deswegen. Und weil ich fälschlicherweise davon ausging, dass alle Körperverletzungen Verbrechen sind.
Du hast also recht.
Versuchter Totschlag,da muß eine erkennbare Tötungsabsicht bestanden haben .Dies kann sich nach den Umständen ,mit einem Werkzeug,einer Waffe etc.ergeben,wie auch schwere und harte Tritte und Schläge.(Inkaufnahme des Todes,nicht zwingend Tötungsabsicht)Entweder hat das Opfer sich gewehrt,der Täter hat dann abgelassen,oder aus einem anderen Grund wurde von der Tat zurückgetreten,bevor der "Erfolg",also der Tod,eines Menschen eingetreten ist.Wenn kurz danach die Rettung eingeleitet wird,kann es ein minder schwerer Fall sein.Auch dann,wenn ein einzelner Schlag zum Tod führt,oder es einen Kampf gab,den das Opfer angefangen hat.Die Abgrenzungen sind in der Tat schwammig.Auch dann wenn die Mordmerkmale nicht nachgewiesen werden können,ist es immer ein Totschlag,bzw.ein versuchter Totschlag,anstelle versuchtem Mord.(jäh zum Zorne gereizt,nicht geplante Tat.z.B.)Ein minder schwerer Fall kann auch nach Notwehrüberschreitung oder Putativnotwehr in Frage kommen.Auch hier sind die Abgrenzungen schwierig bis schwammig.Beste Grüße
Ist ja eine gute Antwort. Dennoch ist im StGB nichts von versuchten Totschlag zu lesen.
In den Körperverletzungs §§ 223 und 224 StGB steht jeweils: "Der Versuch ist strafbar."
Im Totschlag § 212 StGB steht dies gerade nicht.
Ich verstehe was Du meinst,ich denke es ist eine Krücke der Anklage.Wenn ich auf Tötungsdelikt anklagen will,schwere,gefährliche etc.Körperverletzung und versuchter Totschlag haben irgendwie Gemeinsamkeiten.)
§ 23 StGB ist hier die Lösung.
Das war nicht gefragt.