Schwerbehindert Ärger Mehrarbeit

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

@Freiguter

Ich stimme Deiner Argumentation weiter unten in vollem Umfang zu!

Auch nach allgemeiner Auffassung ist Mehrarbeit jede über die regelmäßige arbeitstägliche Arbeitszeit hinaus gehende Arbeitszeit!

Der Begriff "Mehrarbeit" hebt jedenfalls nicht auf die über die regelmäßige Wöchentliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit ab!

Außerdem kann man diskutieren, ob es der implizite Sinn von § 3 Arbeitszeitgesetz ist, die Möglichkeit zu erlauben, die Arbeitszeit regelmäßig (wie im Fall von Freiguter) über die Arbeitszeithöchstgrenze von 8 Stunden hinaus an 4 Arbeitstagen zu verlängern, auch wenn es am 5. Arbeitstag einen (vorgeschriebenen) Ausgleich gibt.

Ich unterstelle, dass der § 3 dem Sinne nach nur die ausnahmsweise Verlängerung der erlaubten werktäglichen Arbeitszeit ermöglichen will!

Anton96  08.02.2013, 18:32

Bitte komplet Zitieren da steht folgendes;

§ 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Genau das im letzen Satz geforderte wird bei Freiguter erfüllt.

Familiengerd  08.02.2013, 19:00
@Anton96

Ach! Steht das tatsächlich da? Wusste ich garnicht!

Im Ernst:

Was soll "Bitte komplet Zitieren" heißen? Ich habe überhaupt nicht zitiert (weder komplett noch teilweise), sondern inhaltlich die beiden Sätze des Abschnitts 3 aufgegriffen und diskutiert!

Also:

Erst bitte die Antwort richtig lesen, bevor man einen zur unverstandenen Antwort nicht passenden und darum überflüssigen Kommentar schreibt!

Freiguter 
Fragesteller
 09.02.2013, 06:09
@Anton96

Nun habe ich Gestern noch mit dem Integrationsamt telefoniert und meine Arbeitszeit dargelegt. Meine Auffassung ist richtig. Nach 8 Stunden ist Schluss. Egal ob das ausgeglichen wird. An dem Tag wo ich 9 Stunden arbeite ist das Mehrarbeit und diese muss ich nicht leisten. Bei einem normal Beschäftigten kann die Arbeitszeit anders verteilt sein. Erklärung der Dame: Wenn Ihre nichtbehinderten Arbeitskollegen 1 Stunde länger arbeiten und diese Zeit am Freitag ausgeglichen wird ist dies keine Mehrarbeit. Das gilt nicht für Sie: Wenn Sie Dienstag 9 Stunden arbeiten ist das 1 Stunde Mehrarbeit auch wenn ein Ausgleich erfolgt, müssen Sie diese nicht leisten. Die Rechtsprechung geht davon aus, das der Schwerbehinderte eine niedrigere Belastungsgrenze aufweist als ein Gesunder. Man hat mich noch auf diese Broschüre hingewiesen: http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=3&ved=0CEAQFjAC&url=http%3A%2F%2Fwww.agsv.bayern.de%2Ftipps%2FAllgemeines%2FZB-Info.pdf&ei=xa0VUeHODsTQsgaRmoCoCw&usg=AFQjCNHcjJPoV9zjz6xKemAC3E52kk32OA&sig2=Ql-r38dt-JVuFUbiTpc9yg&bvm=bv.42080656,d.Yms&cad=rja Komischerweise wird in der Broschüre auf die gleichen "nicht einschlägigen" Urteile des BAG verwiesen, die für meinen Fall nicht maßgeblich sein sollen. Lächerlich!

Durch die 1 Stunde längere Arbeit würde ich köperlich mehr belastet und das ist mir mit meiner Behinderung nicht zumutbar. § 3 Satz 2 ArbZG, so die Aussage der Dame, ist für mich ohne Belang, der gilt nur für normale Arbeitnehmer. Für einen Schwerbehinderten gilt was tatsächlich an einem Tag gearbeitet wird, also nicht im Durchschnitt. Und da greift der §124 SGB IX. Ob das dem Betrieb zumutbar ist, ist ein anderes Thema und muss im Einzelfall geprüft werden. Da ich noch andere Anliegen hatte ( atemwegsreizende Abgase, Staub) will sich nun das Amt mit dem Betriebsrat besprechen, eventuell den Arbeitsplatz besichtigen. Geht doch! Ich könnte eventuell auch verlangen meine Arbeitszeit zu verkürzen, indem ich 4 mal 8 und einmal 4 Stunden arbeite. Das wären dann 36 Stunden. 4 Stunden bekäme ich dann nicht bezahlt.

Ich hoffe nur, das sich unser Betriebsrat nicht so dämlich anstellt wie manch andere Pseudo- Arbeitnehmervertreter, die weder einen Gesetzestext lesen noch verstehen können oder wollen. Halbwissen ist kein Fachwissen.

Familiengerd  09.02.2013, 12:14
@Freiguter

Damit sind unsere Argumentationen hier ja bestätigt - war ohnehin klar! :-)

Nur in dem einen Punkt stimme ich der zitierten Sachbearbeiterin nicht zu (und das geht auch aus dem Text der Broschüre so hervor): dass die arbeitstägliche (bis auf den "Ausgleichstag) Überschreitung der erlaubten 8 Stunden nicht auch für die nichtbehinderten Arbeitnehmer Mehrarbeit sei! Natürlich ist sie das auch für diese!

Freiguter 
Fragesteller
 09.02.2013, 12:33
@Familiengerd

Nur können sich die "Normalen" nicht nach §124 SGB IX befreien lassen.

Familiengerd  09.02.2013, 12:43
@Freiguter

Das ist richtig.

Bei uns im Betrieb hatten wir vom Betriebsrat aus eine entsprechende Betriebsvereinbarung initiiert; das bedeutete für die Kollegen/Kolleginnen aber kein "Muss", sondern bot ihnen die "Möglichkeit" vorzuarbeiten, um am Freitag früher ins Wochenende starten zu können - wer nicht wollte , ließ es bleiben.

Als Betriebsrat klopfe ich unserm gesamten Gremium (zeitweise bis zu 9 Mitglieder) heute noch sprichwörtlich auf die Schulter, was wir - auch dank eines sehr kooperativen Arbeitgebers - alles erreicht haben! :-))

Du musst mal wieder auf die Spur kommen - hier liegt keine Mehrarbeit im Sinne des ArbZG noch des SGB IX vor

Ordnet der Arbeitgeber Mehrarbeit an, hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer sie grundsätzlich zu leisten, sofern er nicht rechtzeitig eine Befreiung von der Mehrarbeit gemäß §124 SGB IX verlangt hat.

Der Arbeitgeber kann Mehrarbeit anordnen, soweit dies arbeitsvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder aufgrund des Tarifvertrages zulässig ist. Diese Anordnung bedarf aber trotzdem der Zustimmung

  • des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG oder
  • des Personalrates.
  • die Schwerbehindertenvertretung ist nach §95 zu beteiligen.

In deinem Fall geht es aber nicht um Mehrarbeit im Sinne von SGB IX, sondern um die Verteilung der täglichen Arbeitszeit - Mehrarbeit wäre erst dann der Fall, wenn du wöchentlich deutlich mehr als die vereinbarten 40 Stunden hast.

Dein Chef ist hier leider im Recht - die falsche Auskunft des Integrationsamtes lag wohl eher an deinen unrichtigen Angaben bzw Darstellungen die nicht zutreffen. Selbst das BAG hat schon mehrfach zu Gunsten des Arbeitgebers entschieden und Kündigungen für rechtmäßig erklärt die darauf folgten.

Und selbst wenn es täglich 9 Nettostunden wären, so ist der geforderte Ausgleich nach dem ArbZG mit den nur 4 Stunden am Freitag schon erfüllt - hier liegt aber keine Mehrarbeit vor.

Weiter - die Bezahlung hat mit deiner Behinderung nichts zu tun, die Arbeitsbedingungen auch nicht, lediglich dein persönlicher Arbeitsplatz sollte deiner Einschränkung entsprechen. Weder Betriebsrat noch Geschäftsleitung wird sich hier der Gefahr der Haftung für Folgeschäden aussetzen und es so schlimm halten, dass du derart aus der Spur läufst.

Freiguter 
Fragesteller
 08.02.2013, 09:57

Nun siehe hier: http://lexetius.com/2006,3777 24 2. Mehrarbeit iSd. § 124 SGB IX ist jede über acht Stunden hinausgehende werktägliche Arbeitszeit.

stelari  08.02.2013, 10:11
@Freiguter

Schon - aber der Ausgleich ist durch den Freitag gewährleistet.... anders wäre es, wenn auch am Freitag lange gewerkelt wird.

Beantworte bitte:

  • Von wann bis wann wird täglich gearbeitet und wie lange sind die einzelnen Pausen die davon abzuziehen sind? Was bleibt dann an Nettoarbeitszeit über?
Freiguter 
Fragesteller
 08.02.2013, 10:20
@stelari

Steht auf der gleichen Seite: 25

Diese Norm definiert den Begriff "Mehrarbeit" nicht. Nach dem arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch ist Mehrarbeit diejenige Arbeit, die über die gesetzliche Arbeitszeit hinausgeht. Das Bundesarbeitsgericht hat demzufolge als Mehrarbeit iSd. § 46 SchwbG und des § 3 AZO die Arbeit angesehen, welche über die normale gesetzliche Arbeitszeit von acht Stunden werktäglich hinausgeht (BAG 8. November 1989 - 5 AZR 642/88 - BAGE 63, 221). Dem hat sich der Senat (Urteil vom 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - BAGE 104, 73) mit ausführlicher Begründung auch zum Begriff der "Mehrarbeit" iSd. § 124 SGB IX (in Kraft seit 1. Juli 2001) angeschlossen und als normale Arbeitszeit gemäß § 3 Satz 1 ArbZG eine solche von werktäglich acht Stunden angesehen. Dabei hat der Senat klargestellt, dass die individuell vereinbarte oder tarifliche regelmäßige Arbeitszeit keinen geeigneten Maßstab für die Bestimmung des Begriffes der Mehrarbeit iSd. § 124 SGB IX darstellt und dass auch die Möglichkeit, nach § 3 Satz 2 ArbZG die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden täglich zu verlängern, außer Betracht bleibt.

elachen1972  08.02.2013, 10:27
@Freiguter

Dabei hat der Senat klargestellt, dass die individuell vereinbarte oder tarifliche regelmäßige Arbeitszeit keinen geeigneten Maßstab für die Bestimmung des Begriffes der Mehrarbeit iSd. § 124 SGB IX darstellt und dass auch die Möglichkeit, nach § 3 Satz 2 ArbZG die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden täglich zu verlängern, außer Betracht bleibt.

damit ist die Auffassung von Stelari schon mal bestätigt - es liegt keine Mehrarbeit im Sinne vom SGB IX vor - und das ist das entscheidende zudem ist das Urteil hier vor einem völlig anderem Hintergrund ergangen, der Kläger wollte die Bereitschaft als Arbeitszeit angerechnet bekommen, dem auch zugestimmt wurde

Freiguter 
Fragesteller
 08.02.2013, 10:36
@elachen1972

Bitte richtig lesen. Jede Arbeit die über 8 Stunden hinausgeht ist Mehrarbeit auch wenn sie später ausgeglichen werden kann ist sie nicht zu leisten. http://lexetius.com/2002,3330 35

(3) Es ist daher auf § 3 Satz 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) abzustellen. Dabei bleibt die Verlängerung der Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden täglich nach § 3 Satz 2 ArbZG außer Betracht. Sie stellt Mehrarbeit iSd. § 124 SGB IX dar. Trotz der Flexibilisierung auf einen Zehn-Stunden-Arbeitstag sollte es bei dem Grundsatz des Acht-Stunden-Tages bleiben (BT-Drucks. 12/5888 S 20). Es sollten nur die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten verbessert werden. Die Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit in § 3 Satz 2 ArbZG auf zehn Stunden mit entsprechendem Ausgleich innerhalb der folgenden sechs Kalendermonate wurde zwar aus Gründen des Gesundheitsschutzes auf höchstens zehn Stunden beschränkt, es handelt sich aber dennoch um eine Ausnahme von der regelmäßigen achtstündigen werktäglichen Arbeitszeit. Der schwerbehinderte Mensch ist nach dem Schutzzweck des § 124 SGB IX aber nicht verpflichtet, mehr als die regelmäßige tägliche Arbeitszeit zu arbeiten.

Freiguter 
Fragesteller
 08.02.2013, 10:45
@Freiguter

Das steht hier nochmal: 31

Nach der Rechtsprechung des Senats (3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - BAGE 104, 73) ist jede über acht Stunden hinausgehende werktägliche Arbeitszeit Mehrarbeit iSd. § 124 SGB IX (vgl. B II 2 der Gründe). Demzufolge hat der Senat in dieser Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass auch die durch § 1 Abs. 1 Unterabs. 2 der Anlage 5 zu den AVR erlaubte Verlängerung der Arbeitszeit auf zehn Stunden am Tag, wenn innerhalb des dort vorgesehenen Ausgleichszeitraums eine durchschnittliche werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten ist, Mehrarbeit iSd. § 124 SGB IX darstellt.

stelari  08.02.2013, 11:03
@Freiguter

Damit wurde lediglich bestätigt, dass die Bereitschaft Arbeitszeit ist und sonst nichts. Die Beklagte wurde damit verurteilt, die Bereitschaft in die tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden mit einzubeziehen was sie vorher nicht gemacht hat.

Das Urteil ist in deinem Fall NICHT einschlägig weil nicht zutreffend für dich

In deinem Fall liegt zwar wohl Mehrarbeit im Sinne des BAG vor, aber nicht in dem Sinne sie verweigern zu können Urteile Lesen und Urteile auch zu verstehen sind zwei Paar Schuhe...

Freiguter 
Fragesteller
 08.02.2013, 11:21
@stelari

Na also, es liegt Mehrarbeit vor! Wenn ich somit die Befreiung beantragt habe, kann ich diese auch ablehnen. Ich werde mich mit dem Integrationsamt kurzschliessen um das abschließend zu klären.

stelari  08.02.2013, 13:55
@Freiguter

Kapiere es doch endlich...!!

Auch das Verfahren ist nicht einschlägig, bei dir geht es weder um eine fehlende Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung noch um angeordnete Mehrarbeit ...

Bei dir geht es um die Verteilung der täglichen Arbeitszeit

Du willst hier etwas mit Gewalt an den Haaren herbeiziehen was es nicht gibt in deinem Fall... Ich bin selbst schwerbehindert mit deutlich mehr als du, bin selbst in der Vertretung und war selbst einmal Betriebsrat - deine Chancen hier was zu gewinnen ist gerade mal 10:90 gegen dich.

Du hast immer noch nicht beantwortet wie deine genaue Arbeitszeit ist und was an Pausen gemacht wird offiziell. Kein Richter wird hier für dich anordnen, dass du Mo-Do nur 8 Stunden machst und dann Freitags länger bleibst. Wärst du in meinem Betrieb angestellt gewesen, wärst du schon lange weg vom Fenster.

Man kann als Behinderter Recht haben, man kann auch auch auf seinem Recht herumtrampeln auf Kosten der Allgemeinheit des Betriebes - was ist schon eine Stunde mehr am Tag und dafür ein längeres bzw früheres Wochenende? Dir geht es hier nicht um das Recht sondern um das Prinzip - wenn es dir so wichtig ist, dann Klage und lass dich überraschen, dazu hast du aber wahrscheinlich nicht die nötigen Cojones

Anton96  08.02.2013, 18:27
@stelari

Da kann ich dir nur Zustimmen.

Anton96  08.02.2013, 18:41
@Freiguter

Du solltest mal das ganze Lesen

  1. Schwerbehinderte Menschen haben nach § 81 Abs 4 Ziff. 4 SGB IX einen einklagbaren Anspruch auf behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit, soweit dessen Erfüllung für den Arbeitgeber nicht unzumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden ist

Genau da liegt der Hase im Pfeffer, du möchtest andere Arbeitszeiten als die im Betrieb üblichen, je nach Betriebsstruktur kann das aber für deinen Arbeitgeber unzumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden sein.

Familiengerd  09.02.2013, 11:45
@elachen1972

Zitat aus "ZB info: Wissen für die Praxis – Wichtige Urteile" (http://www.agsv.bayern.de/tipps/Allgemeines/ZB-Info.pdf) - womit die Auffassungen von Freiguter und mir bestätigt sind!

"Mehrarbeit [...]

Leitsatz:

Jede über acht Stunden werktäglich hinaus­ gehende Arbeitszeit ist Mehrarbeit im Sinne des § 124 SGB IX. BAG, Urteil vom 03.12.2002 – 9 AZR 462/01 – br 2003, S. 150 Anmerkung: Was unter Mehrarbeit zu verstehen ist, bestimmt § 124 SGB IX nicht. Nach der herkömmlichen arbeitsrecht­ lichen Begriffsverwendung ist Mehrarbeit diejenige Arbeit, die über die gesetzliche Arbeitszeit hinausgeht. Gemäß § 3 Satz 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeits­ zeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Die Verlängerung der Arbeitszeit auf bis zu zehn Stun­ den täglich (§ 3 Satz 2 ArbZG) stellt Mehrarbeit im Sinne des § 124 SGB IX dar."

Familiengerd  09.02.2013, 11:48
@stelari

Solche "pragmatische" Auffassungen - man kann zwar Recht haben, man muss aber nicht unbedingt darauf bestehen - hört man von Dir aber sonst auch nicht!

Familiengerd  09.02.2013, 11:59
@Anton96

@ Anton96

Es ist kaum anzunehmen, dass der Anspruch des Schwerbehinderten, die 1 Stunde tägliche Mehrarbeit (wie in dem fraglichen Fall) nicht leisten zu müssen, für den Arbeitgeber mit "unzumutbar[en] oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden" ist, wie Du unterstellst.

Zumal es in diesem Fall bei der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit offensichtlich nur darum geht, den Arbeitnehmern am Freitag einen früheren Start in das Wochenende zu ermöglichen - ohne Rücksicht darauf, dass die sich daraus ergebende Mehrarbeit (denn das ist sie) an den übrigen Tagen für einen Schwerbehinderten eventuell nicht mehr zumutbar sein könnte - und nicht für den Arbeitgeber!

Anton96  09.02.2013, 21:13
@Familiengerd

Würdest du deinen Arbeitsplatz darauf verwetten? Ich halte es schon für etwas vermessen bei den wenigen Information die der Fragesteller gegeben hat zu glauben man könnte einen Brauchbaren Tipp geben, Man kann hier zwar Meinungen lesen mehr aber auch nicht. Was bringt es z.B wenn Freiguter dann mehre Stunden nicht produktiv arbeiten kann weil die übrigen Arbeitnehmer längst zu hause sind. Solange man nicht die Firma kennt kann man hier nur raten. Letzendlich müsste in diesem Fall ein Arbeistgericht entscheiden und da kann es leider auch zu Entscheidungen kommen die für Freiguter nachteilig sind. Man ist Aufgrund einer Schwerbehinderung nicht unkündbar .

Freiguter 
Fragesteller
 10.02.2013, 10:25
@stelari

Man sieht dass Du von Rechtssprechung keinerlei Ahnung hast. Du solltest nicht nur das Urteil lesen sondern auch die Rechtsauffassung die der 3. Senat bezüglich Mehrarbeit klar zum Ausdruck gebracht. Selbst wenn in dieser Rechtssache ein komplett anderer Fall behandelt und das Urteil mein Anliegen nicht betrifft, so sind die Ausführungen des Vorsitzenden Richters zu dem Thema was Mehrarbeit und was keine ist von ihm klar dargelgt worden. Und dieser Rechtsauffassung schließen sich die Integrationsämter schon deshalb an, weil Sie genau diese genannten Urteile bei der Definition von Mehrarbeit zitieren. Und ich habe die nötigen Cojones und das nötige Wissen die Sache auch rechtlich überprüfen zu lassen. Es wäre nicht das Erste Mal.

Hallo, ich misch mich jetzt auch mal in die Diskussion ein.

Ich zitiere jetzt mal aus dem Arbeitsrechtkommentar von Peter Wedde zum § 124 SGB IX:

"Schwerbehinderte Menschen werden auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt. Die Vorschrift dient zu einen dem Zweck, den schwerbehinderten Beschäftigten vor Überbeanspruchung zu schützen. Zum anderen soll ihm durch die Begrenzung der Arbeitszeit die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht werden. Damit trägt die Regelung dem Umstand Rechnung, das schwerbehinderte Menschen aufgrund ihrer Behinderung für die Bewältigung alltäglicher Dinge in der Regel mehr Zeit benötigen als Menschen ohne Behinderung.

Mehrarbeit ist jede über acht Stunden pro Werktag hinausgehende Arbeitszeit. Es wird demnach auf die Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit in § 3 Abs. 1 ArbZG und nicht auf die Überschreitung der individuellen oder tariflichen Arbeitszeit abgestellt. Es ist auch unerheblich, ob durch Ausgleichszeiträume die regelmäßige oder die gesetzliche Arbeitszeit erreicht wird. Auch die zulässige Verlängerung der Arbeitszeit auf zehn Stunden täglich gemäß § 3 Abs. 1 S, 2 ArbZG ist Mehrarbeit im Sinne des § 124.

Der schwerbehinderte Beschäftigte kann von seinem AG verlangen, dass er an keinem Werktag mehr als acht Stunden arbeiten muss. Eine entsprechende Mitteilung an den AG reicht aus. Einer Genehmigung des AG bedarf es nicht. Ab Zugang der Mitteilung ist der schwerbehinderte AN vielmehr auf unbestimmte Zeit von jeder Mehrarbeit freizustellen."

Zitat Ende.

Ich verstehe den Kommentar so, dass der AN nicht mehr als 8 Stunden täglich arbeiten muss, wenn er das nicht möchte oder nicht kann.

Hast Du eigentlich schon einmal mit dem Betriebsrat gesprochen oder nur mit dem Chef? Ich würde jetzt erst einmal mit dem Betriebsrat und/oder der Schwerbehindertenvertretung (falls vorhanden) reden. Zudem kannst Du Dich auch noch einmal beim Integrationsamt erkundigen.

Wenn die Arbeitszeiten in deiner Firma so geregelt wurden, kannst du nicht für dich allein eine Sonderregelung erwarten!

Worin besteht denn deine Behinderung? Mein Mann z.B. ist Diabetiker und ihm stünde auch eine Anerkennung von 50% Behinderung zu. Er beantragt sie aber nicht, sondern arbeitet ganz normal. Eher mehr als die anderen!

Wenne  08.02.2013, 09:15

Und was willst du uns damit sagen? Dass dein Mann ein solch toller Hecht ist, weil er auf seine Rechte großzügig verzichtet?
Dann sag ihm, dass ihm das, sollte es zum Ernstfall kommen, niemand danken wird.

stelari  08.02.2013, 09:45
@Wenne

Solange du nicht die persönlichen Umstände kennst, würde ich mich mit solchen Äußerungen mehr als zurückhalten...

Freiguter 
Fragesteller
 08.02.2013, 09:32

Nun Diabetes ist eine Volkskrankheit und was Ihm zusteht muss er beim Versorgungsamt erfragen. Ist die Diabetis gut eingestellt wird man kaum einen GDB erhalten und ist auch wenig bis garnicht eingeschränkt. Ein Verwandter von mir spritzt 2mal täglich und hat keine Schwerbehinderung anerkannt bekommen, arbeitet voll ohne Einschränkungen.

stelari  08.02.2013, 09:44
@Freiguter

Ein Verwandter von mir spritzt 2mal täglich und hat keine Schwerbehinderung anerkannt bekommen

dann hat er was falsch gemacht - einem insulinpflichtigen Diabetiker stehen nach Empfehlung der ärztlichen Kommission von vorneherein schon 30 GdB zu - nur hat er damit noch keine Ansprüche aus dem SGB IX...

Freiguter 
Fragesteller
 08.02.2013, 10:00
@stelari

Ich schrieb ja "Schwerbehindert" und das ist man erst mit einem GDB von 50.

elachen1972  08.02.2013, 10:17
@Freiguter

Nicht Behindert sein und nicht anerkannt zu bekommen sind aber zwei Paar Schuhe...!

Anton96  08.02.2013, 18:53

So eine Aussage finde ich nicht gerade Hilfreich. Du solltest nicht von einem Einzellfall auf die Allgemeinheit schließen. Ich habe eine GdB von 80 und arbeite auch vollschichtig. Es bedeutet ja nicht das man als anerkannter Schwerbehinderter nicht ganz normal Arbeiten kann. Dein Aussage könnte man mit etwas bösen Willen auch in der Form interpretieren das jeder der seine Behinderung anerkenne lässt das tut damit er sich vor der Arbeit drücken kann.

Wenn das Versorgungsamt meint du mußt keine Mehrarbeit aufgrund deiner Behinderung leisten,dann sollte dein Chef sich auch dran halten...Aber ob der dich dann noch lange beschäftigt???

Arjiroula  08.02.2013, 09:11

Sehe ich auch so. Aber Leute mit Schwerbehinderten-Ausweis zu kündigen ist nicht so leicht!

stelari  08.02.2013, 09:52

Hier liegt aber keine Mehrarbeit im rechtlichen Sinne vor - sein Groll richtet sich gegen die Verteilung der täglichen Arbeitszeit, man hat dies wohl dem Integrationsamt gegenüber falsch dargestellt

Mouse0815  08.02.2013, 11:33
@stelari

Wenn er 9 anstatt 8h tägl. arbeiten soll,ist das 1h Mehrarbeit....

Anton96  08.02.2013, 18:23
@Mouse0815

Nein ist es nicht, Mehrarbeit sind angeordnete Überstunden. An der Arbeitszeitregelung ist nicht aus zu setzen, die 9 Stunden sind im gesetzlich erlaubter Rahmen,

http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=arbeitszeitgesetz&source=web&cd=1&ved=0CD4QFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.gesetze-im-internet.de%2Fbundesrecht%2Farbzg%2Fgesamt.pdf&ei=lTMVUfbtH8nusgbh5oDABQ&usg=AFQjCNEUpv0Fcjz3nX_Rqa2OdHZ3aRaSNw&bvm=bv.42080656,d.Yms&cad=rja

In mein Augen sollte man bevor man Krach schlägt erst einmal die Gesetzlichen Regelungen ansehen. Du solltest dich mal anwaltlich beraten lassen.

Anton96  08.02.2013, 18:35
@Anton96

Wie so oft gibt es durchaus unterschiedliche Auslegungen der Gesetze.

Familiengerd  09.02.2013, 12:03
@Anton96

Umgekehrt ist es richtig:

Nicht "Mehrarbeit sind angeordnete Überstunden", sondern "Überstunden sind angeordnete Mehrarbeit"!

Und wofür dient der Hinweis auf das Gesetz, das wir alle doch kennen? Es hat keiner behauptet, dass etwas nicht im gesetzlich erlaubten Rahmen sei!

Familiengerd  09.02.2013, 12:22
@stelari

Natürlich liegt bei dieser diskutierten Stunde "Mehrarbeit im rechtlichen Sinne vor" , stelari!

Zitat aus "ZB info: Wissen für die Praxis – Wichtige Urteile" (http://www.agsv.bayern.de/tipps/Allgemeines/ZB-Info.pdf) - womit die Auffassungen von Freiguter und mir bestätigt sind!

"Mehrarbeit [...]

Leitsatz:

Jede über acht Stunden werktäglich hinaus­ gehende Arbeitszeit ist Mehrarbeit im Sinne des § 124 SGB IX. BAG, Urteil vom 03.12.2002 – 9 AZR 462/01 – br 2003, S. 150 Anmerkung: Was unter Mehrarbeit zu verstehen ist, bestimmt § 124 SGB IX nicht. Nach der herkömmlichen arbeitsrecht­lichen Begriffsverwendung ist Mehrarbeit diejenige Arbeit, die über die gesetzliche Arbeitszeit hinausgeht. Gemäß § 3 Satz 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeits­ zeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Die Verlängerung der Arbeitszeit auf bis zu zehn Stun­den täglich (§ 3 Satz 2 ArbZG) stellt Mehrarbeit [dar] im Sinne des § 124 SGB IX."