Notwehr aber mit illegaler Waffe?

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Natürlich wird nach einer solchen Situation zunächst wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen des illegalen Waffenbesitzes ermittelt. Ergeben die Ermittlungen, dass die Körperverletzung eindeutig durch Notwehr gerechtfertigt ist, so schadet es auch nichts, dass du dich mittels einer illegal besessenen Waffe verteidigt hast - die Notwehr ist und bleibt der Rechtfertigungsgrund, der die Strafbarkeit entfallen lässt.

Wegen des illegalen Waffenbesitzes kannst du dann aber verurteilt werden - vorausgesetzt, du hast die Waffe nicht nur bei der Notwehrhandlung "besessen". Was ich damit meine: Angenommen, dich greift jemand an, und aus irgendeinem Grund liegt eine Waffe dort herum. Diese ergreifst du und schießt den Angreifer damit an. In dem Fall musst du dich nicht wegen illegalem Waffenbesitz verantworten. Anders liegt es aber, wenn du die Waffe ohnehin schon mit dir rumträgst. Dann hast du dich nämlich schon von der Notwehrsituation strafbar gemacht, die Strafbarkeit wegen des illegalen Waffenbesitzes hat dann also gar nichts mit der Notwehr und der Körperverletzung zu tun.

Wenn es zweifelhaft ist, ob Notwehr vorliegt, wird man den Täter wahrscheinlich auch wegen der gefährlichen Körperverletzung anklagen. Dann muss das Gericht feststellen, ob Notwehr vorliegt oder nicht.

Usedefault 
Fragesteller
 14.09.2016, 10:53

Wer vermag das dann im Zweifelsfall vernünftig rekonstruieren können?

QiChercheTrouve  14.09.2016, 11:00
@Usedefault

Die zitierte eindeutige Videoüberwachung könnte zeigen, ob die Waffe bereits vor der Notwehr im Besitz war - oder nicht.

Was die Zeugen sagen, ist "interessant", aber meist nur ein Bruchteil der Wahrheit.

Ja, muß man - wobei "nur" etwas untertriebnen sein dürfte. (Wobei genau genommen Notwehr auch erst im Rahmen eines laufenden Verfahrens festgestellt werden kann.)

Zunächst bist du erst einmal wegen illegalen Waffenbesitz und gefährlicher Körperverletzung dran.

Ob die Körperverletzung dann als Notwehr angesehen wird, entscheidet das Gericht.

Hallo,

prinzipiell musst du dich erstmal für alle in Frage kommenden Delikte, also gefährlicher Körperverletzung, ggf. versuchter Totschlag (wenn du ihn nicht ANschießen, sondern ERschießen wolltest) und illegalen Waffenbesitz verantworten.

Durch ein Gerichtsverfahren bzw. bei klarer Aktenlage evtl. auch schon durch die Staatsanwaltschaft, wird eine Notwehrsituation bejaht, was bedeutet:

§ 32
Notwehr

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

Die Tat ist hierbei wie schon beschrieben die Körperverletzung, welche nun nicht rechtswidrig ist.

Die Tat des illegalen Waffenbesitzes steht jedoch in keinem Zusammenhang mit der Notwehrhandlung, weswegen es diesbezüglich vermutlich zu einer Verurteilung oder einem Strafbefehl kommen dürfte.

Etwas untechnisch formuliert ist die Notwehr nicht an den Einsatz legaler Mittel gebunden, sie macht aber auch den Besitz von illegalen Waffen nicht legal.

Den Schütze würde zunächst -je nach Sachverhalt- ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdelikts oder des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ereilen. Sollte sich im Laufe des Verfahrens herausstellen, dass es sich um eine gerechtfertigte Notwehrhandlung handelte, entfällt die Strafbarkeit hierbei.

Der Vorwurf des Verstoßes gegen das WaffG wegen unerlaubtem Besitz einer Waffe sowie von Munition bleibt jedoch aufrecht und wird separat gewürdigt.

Usedefault 
Fragesteller
 14.09.2016, 12:50

Und mit welchen Strategien vermögen Anwälte einen da rauszuboxen?