Kunde zahlt nur die Hälfte des Rechnungsbetrages - Was soll ich tun?

8 Antworten

Du rufst den Kunden an, bist freundlich und höflich, führst ein konstruktives sachliches Gespräch - nicht in dem Sinne wer Recht hat, sondern sachlich freundlich  mit Hintergrundinformationen. Selbstbewußt, nicht als Bittsteller. Klar und direkt, kein Eiertanz um den heißen Brei. Nach meiner Lebenserfahrung hast Du auf der psychologischen Gesprächsebene schneller Erfolg, als wenn Du das rechtlich angehst. Letzteres zieht sich gerne hin, verursacht Zusatzkosten und der Ausgang ist ungewiß.

A: Keine Leistung erbringen, da der volle Rechnungsbetrag nicht überwiesen worden ist?

Genau. Du hast vorab Ausgaben für Material, das Du extra für diesen Auftrag anschaffen und bezahlen musst, Du hast die Löhne Deiner Mitarbeiter auszulegen. Das allerdings musst Du dem Kunden erklären! Du bist auch keine Bank, die alle Baustellen beliebig vorfinanzieren kann.

B: Mit der Arbeit anfangen und hoffen das der Rest überwiesen wird.

Nein. Wenn er kein Vertrauen in Dich hat bzw. wenn er sich jetzt schon nicht
an die Abmachung hält - warum sollte es nach getaner Arbeit besser sein?
Was ist, wenn er sich es anders überlegt etc.?

Ich saniere ein altes Haus und hatte viele Handwerker verschiedener Gewerke hier. Hier ist es in meiner Region tatsächlich üblich, eine Vorrauszahlung zu leisten. Mir war das wegen Zuzug nicht geläufig und hatte anfangs ein mulmiges Gefühl dabei - Vorkasse noch ohne Leistung. Aber meine Handwerker haben mir erklärt, das die Firma wegen der steigend schlechten Zahlungsmoral und langen Bauzeiten lange nicht an ihr Geld kommt, aber dennoch Material und Löhne vorfinanzieren muss. Viele Firmen sind dabei schon kaputt gegangen. Der Meister hat seinen Mitarbeitern gegenüber eine Fürsorgepflicht und  seine Leute würden arbeitslos, etc. Mich hat das überzeugt, weil es ehrlich und nachvollziehbar rüber kam. Letztlich haben wir für mehrere Firmen je 1.000 € Abschlagszahlung leisten müssen, bevor überhaupt ein Handschlag gemacht würde. Im Nachhinein haben wir mit genau diesen Firmen die besten Erfahrungen gemacht!! Diese waren zuverlässig, haben ein spürbar gutes Betriebsklima, sie haben gut mitgedacht und beraten - wir werden weiterhin mit ihnen zusammenarbeiten und auch weiterempfehlen! Vergleichsangebote werde ich mir dafür nicht mehr holen, weil mir eine gute Arbeit und Zusammenarbeit wichtiger ist, als mich bei einem Schnäppchen über evtl. Beschiß, Unzuverlässigkeit, Gedankenlosigkeit und Pfusch ärgern zu müssen. Qualität hat eben doch ihren Preis.

Wenn Du das nachvollziehbar rüber bringen kannst, läßt sich Dein Kunde hoffentlich überzeugen. Du bist schließlich keine Bank, die alle Baustellen mit ettlichen Tausendern vorfinanzieren kann. Dein Kunde möge sich vorstellen, er würde arbeitslos, weil die Kunden seines Arbeitgebers nicht zahlen. Bei uns hat kürzlich eine große Firma deshalb Konkurs angemeldet, viele Arbeitsplätze sind vernichtet.

Vielleicht ist Dein Kunde (oder ein Bekannter) von einer Firma über den Tisch gezogen worden. Hat die Rechnung bezahlt und für Pfusch keinen Preisnachlass erhalten. Da behält er den halben Rechnungsbetrag als Pfand für "ordentliches Arbeiten". Da mir das auch schon passiert ist, kann ich das sogar verstehen. Besprich diese Bedenken und wie kannst Du dem Kunden entgegenkommen? Erkläre, dass ein "Pfand" keine Motivation ist, sondern Sorge, ob der Rest noch kommt und ob Du neues Material kaufen und die Mitarbeiter bezahlen kannst. Das geht zu Lasten des Betriebsklimas etc. und es könnten gute Mitarbeiter abspringen.

Entscheide nach dem Gespräch, ob DU Vertrauen in Deinen Kunden hast bzw. ergründe, ob er Dir vertraut. Zweifel wären sofort zu besprechen und zu auszuräumen. Sonst arbeitest Du mit Bauchschmerzen. Oder Dein Kunde hat Bauchschmerzen und geht Dir kontrollmäßig auf den Keks. Ggf. kannst Du den Auftrag auch stornieren - einer meiner Handwerksfirmen hat das gemacht. Entweder hatten die selber Bauchschmerzen oder die haben gemerkt, das ich welche hatte. Und ich bin froh über die Stornierung und über die neue Firma, die wirklich klasse ist. (Man wollte die Heizungsrohre NICHT im Holzfußbodenaufbau verlegen, wegen evtl. Undichtigkeiten/Wasserschaden. Ich meine, bei der Argumentation müßte man die Wasserleitungen im Bad dann ja auch sicherheitshalber über den Fliesen verlegen. Und hatte Zweifel am Können der Firma).

Hattest Du bereits Auslagen, stelle bei Stornierung des Auftrags eine Abschlussrechnung bzw. zahle die Vorrauskasse zurück. Laufe nicht jedem zweifelhaften Auftrag hinterher - der kann auch ruinieren.

Ich betrachte die Situation menschlich-psychologisch mit Lebenserfahrung. Willst oder mußt Du die Sache rechtlich lösen, ist das übliche Mahnverfahren die einfachste, billigste und erfolgreichste Variante. Das kann sich aber auch hinziehen, wenn der Kunde die Zahlung nicht einsieht. Und dann kommt es darauf an, wie man eine Vorrauszahlung noch ohne Leistung rechtlich wertet. Möglicherweise kommt man zu dem Schluss, dass Du noch keinen Anspruch hast? Ich weiß es nicht, aber Du siehst ja, wie die Meinungen der anderen Beiträge auseinander gehen.

Sofern nichts anderes vereinbart wurde, muss der Kunde den kompletten Betrag bezahlen.

Leider hat sich mittlerweile eine schlechte Zahlungsmoral eingeschlichen. Viele Handwerker sind deshalb schon in Insolvenz gegangen, obwohl sie genug Aufträge hatten.

Schreibe Deinem Kunden eine Mahnung mit Fristsetzung nach Kalender (also: zahlbar bis xx.xx.2017) und kündige bei Nicht-Zahlung einen Mahnbescheid an. Und fange nicht an, bevor Du Dein Geld nicht hast.

Wazor966 
Fragesteller
 13.06.2017, 13:50

Vielen Dank. Genauso werde ich es machen, da Mitarbeiter die schließlich auch bezahlt werden müssen werde ich dies genauso machen. Sonst würde es nur Stress geben.

napoloni  13.06.2017, 15:23

Der Kunde muss den kompletten Betrag bezahlen, bevor überhaupt eine Leistung erbracht wurde?

Seeheldin  13.06.2017, 15:27
@napoloni

Ja. Nennt sich Vorauskasse. Im Onlinehandel ist das mittlerweile üblich. Und auch bei Spezialanfertigungen.

napoloni  13.06.2017, 19:40
@Seeheldin

In den meisten Fällen, auch im von dir erwähnten Handwerk, ist es unüblich.

olivenheiner  15.06.2017, 17:59
@napoloni

In meiner Region ist Vorauskasse bzw. Abschlagszahlung üblich - u.a. wegen der steigend schlechten Zahlungsmoral. Es gibt auch einiges vorzufinanzieren. Und genau das ist schwierig, wenn die Kunden nicht zuverlässig sind. Ich beziehe mich auf Handwerksfirmen, habe es bei diversen Onlinekäufen bei Firmen aber auch schon erlebt. Es ist sicherlich regional verschieden.

Zu wenig Infos!

Wenn nicht Vorkasse ausgemacht war als Zahlungsart steht dir grundsätzlich gar nichts zu bevor das Projekt fertig gestellt ist.

Auch steht nichts zu Werk- oder Dienstvertrag in deiner Frage.

Vielleicht beantwortest du meine Fragen und klärst auf um was für eine Dienstleistung es sich handelt und was bezüglich Zahlung über AGB oder Vertrag vereinbart war.

Gewöhnlich bezahlt man erst, wenn man eine Ware oder eine Dienstleistung bekommen hat.

Du hast anscheinend schon eine Rechnung gestellt, ohne überhaupt etwas geleistet zu haben.

Dein Kunde hat nun 500 Euro bezahlt, für die er noch keine Leistung erhalten hat. Damit ist er in Vorleistung getreten. Du schuldest ihm nun erst einmal eine Leistung.

Zahlung nach Erfolg bedeutet, wenn deine Leistung erbracht ist, zahlt er den Rest. Das ist fair.

Jeder normale Arbeitnehmer bekommt sein Geld übrigens auch erst, nachdem er die Leistung gebracht hat.

du muss Mahnung schicken. kannst du 2. und dann mit Rechtsanwalt weiter schreiben