Haben Pflichtverteidiger einen schlechten Ruf?

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Also ich arbeite bei einer Anwältin die sogar viele pflichtverteidigungen macht und sie gibt sich da genau so viel Mühe wie bei anderen Fällen auch. Sie freut sich sogar über Pflichtverteidigungen, weil sie da ihr Geld zu 100% bekommt. Wenn man sich einen Anwalt nicht leisten kann beantragt man einen Beratungshilfeschein oder Prozesskostenhilfe und selbst da gibt sich der Anwalt Mühe. Und der Anwalt, bei dem ich arbeite ist würde ich sagen ziemlich gut.

Die Fälle, in denen das Gericht dem Angeklagten einen Pflichtverteidiger beiordnet, den er gar nicht kennt, sind sehr selten.

I.d.R. beauftragt der/ die Beschuldigte/Angeschuldigte/Angeklagte(r) einen Anwalt für ihre/seine Verteidigung. Dabei stellt sich natürlich immer die Frage, wer diesen Auftrag bezahlt. Gerade im Strafrecht sind die meisten Mandanten finanziell ja nicht gerade auf Rosen gebettet. Deshalb bemüht sich der Anwalt um die Beiordnung als Pflichtverteidiger. Damit soll beiden Seiten Genüge getan werden.

Auch wenn ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt, der/ die Betroffene aber noch keinen Anwalt beauftragt hat oder beauftragen konnte, wird er/ sie zunächst gefragt, welcher Anwalt informiert werden soll, um ggf. die Verteidigung zu übernehmen.

Wenn dieser Anwalt sich dann verurteilungsbegleitend daneben setzt, macht er so etwas nicht mehr allzu oft.  

Hallo!

Sie haben vllt. nicht den besten Ruf, aber dafür sind wie so oft vereinzelte schwarze Schafe zuständig, die dann die ganze Innung belasten und zur Klischeebildung beitragen.

Nicht jeder Pflichtverteidiger ist ein träger, desinteressierter & unterbezahlter Anwalt, der das Mandat erfüllen "muss" & sich keine Mühe gibt. Oft hängt es auch von den Angeklagten ab & wie sie dem Verteidiger begegnen: Aufgrund des schlechten Rufs von Pflichtverteidigern kommt es oft vor, dass man ihnen lustlos und passiv begegnet weil man denkt, sie helfen einem sowieso nur, "weil sie's halt müssen".

Einen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger hat man nur in wenigen Verfahren, wenn ein Fall der notwendigen Verteidigung besteht, § 140 StPO. Das hat auch nichts mit "nicht leisten können" zu tun, denn den Pflichtverteidiger muss man trotzdem bezahlen, wenn man verurteilt wird. Nur geht die Staatskasse dann in Vorleistung.

Die "Basis"-Vergütung der Pflichtverteidiger ist niedriger als die eines Wahlverteidigers. Aber dennoch kann man nicht pauschal sagen, dass sich die Pflichtverteidiger keine Mühe geben würden. Die Differenz zur Wahlverteidiger-Vergütung kann zudem gegen die Staatskasse geltend gemacht werden, wenn ein Freispruch erfolgt oder der Verurteilte genügen Vermögen/Einkommen hat.

Pflichtverteidigung ist keine freiwillige Sache, die werden zugeteilt und beigeordnet. Es gibt keine "Berufspflichtverrteidiger". Außerdem kann jeder Anwalt für seinen Mandanten Pflichtverteidigung beantragen. Auch ein Staranwalt.