Darf ein Polizist einfach eine Leibesvisitation machen?

13 Antworten

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"Einfach so" nach Lust und Laune ist das nicht möglich, es gibt hierbei klar beschriebene rechtlicher Vorraussetzungen.

Diese sind in den Polizeigesetzen der Länder klar beschrieben, ich zitiere aus dem Polizeigesetz des Landes Baden-Württemberg:

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§ 29 Durchsuchung von Personen

(1) Die Polizei kann eine Person durchsuchen, wenn

  1. sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten oder in Gewahrsam genommen werden darf,

  2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt oder beschlagnahmt werden dürfen,

  3. sie sich an einem der in § 26 Abs. 1 Nr. 2 genannten Orte aufhält,

  4. sie sich in einem Objekt im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 3 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen oder

  5. sie nach § 25 oder nach Artikel 99 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens zur gezielten Kontrolle ausgeschrieben ist.

(2) Die Polizei kann eine Person, deren Identität gemäß § 26 oder nach anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, anderen gefährlichen Werkzeugen und Sprengstoffen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Polizeibeamten oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich erscheint.

(3) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung nach den Umständen zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich erscheint.

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§ 30 Durchsuchung von Sachen

Die Polizei kann eine Sache durchsuchen, wenn

  1. sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 29 Abs. 1 oder 2 durchsucht werden darf,

  2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die

a) in Gewahrsam genommen werden darf,

b) widerrechtlich festgehalten wird oder

c) infolge Hilflosigkeit an Leib oder Leben gefährdet ist,

  1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt oder beschlagnahmt werden darf,

  2. sie sich an einem der in § 26 Abs. 1 Nr. 2 genannten Orte befindet oder

  3. sie sich in einem Objekt im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 3 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß Straftaten in oder an Objekten dieser Art begangen werden sollen, oder

  4. es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 oder 5 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen oder mit dem Fahrzeug verbundenen Sachen erstrecken,

  5. sie von einer Person mitgeführt wird, deren Identität nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 festgestellt werden darf oder

  6. es sich um ein Kraftfahrzeug handelt, dessen Kennzeichen nach § 25 oder nach Artikel 99 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens zur gezielten Kontrolle ausgeschrieben ist.

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Ergebnis:

Viel zu umfangreich um hier in aller Breite und Tiefe ausführlich zu behandeln.

Um mal die unterste Schiene einer Begründung anzureißen, die Identität soll festgestellt werden, aufgrund § 26 PolG, das darf die Polizei z.B. um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, dann darf sie Dich auch schon durchsuchen, Dich und Deine mitgeführten Gegenstände, unter Umständen auch das Fahrzeug, welches keine Wohnung darstellt und es darum keinen Durchsuchungsbeschluß eines Richters bedarf.

Liegt demnach eine Störung vor, ein begründeter Verdacht gar, (vom Beamten erklären lassen), kann die Polizei eine Leibesvisitation veranlassen und durchführen.

Hierbei ist es wichtig, dass die Polizeibeamten nur deine Kleidung (diese muss gegebenenfalls auch komplett abgelegt werden), deine Taschen und mitgeführte Gegenstände (dazu zählt auch das Auto) kontrollieren dürfen und Haarproben entnehmen. Für die Kontrolle von Körperöffnungen, die Haarprobe und für die Blutabnahme muss Fachpersonal (ein Arzt) hinzu gezogen werden. Frauen und Mädchen dürfen nur von weiblichem Polizeipersonal kontrolliert werden! (Es sei denn, wenn die sofortige Durchsuchung nach den Umständen zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich erscheint.)

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Menschenrecht ist hierbei nicht tangiert. Das Menschenrecht gibt es sowieso rechtlich nur als völkerrechtlichen Begriff, richtig und einklagbar hieße das Grundrecht und ist im Grundgesetz verankert.

Ich zitiere daraus: "Artikel 2 (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."

Es wird eingegriffen, und zwar aufgrund eines Gesetzes. Demnach ist das zulässig.

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Setzt Du Dich zur Wehr, ist das bereits eine Straftat (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) und wird gebrochen, mittels "Unmittelbarem Zwang durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch" und hernach auch bestraft. Dazu zählt jetzt nicht, einfach nein zu sagen. Zur Wehr setzen bedeutet jedoch bereits eine Androhung einer Gegenwehr.

Endergebnis:

Du kannst zu einer rechtmäßig durch die Polizei durchgeführten Durchsuchung locker nein sagen, jedoch mehr nicht. Wenn Du Dich weitergehend äußerst oder aktiv zur Wehr setzt, bist Du der Mops.

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skyfly71  20.05.2010, 09:31

Na, DAS ist doch mal ne kompetente und ausführliche Antwort. DDH!

DerPMS  20.05.2010, 09:40
@skyfly71

Das ist wirklich eine ausgezeichnete Antwort, ebenfalls DH

WalterE  19.02.2014, 21:24

man muss allerdings sagen dass es einige Uniformträger gibt, die das mit den Gesetzen nicht so genau nehmen. Dementsprechend kann es auch offensichtlich rechtswidrige Durchsuchungen geben.

"einfach so" wird das wohl kaum passieren, dafür muss es dann schon einen triftigen Grund geben. Als Frau kannst Du sicher darauf bestehen, dass das eine Polizistin macht und als Mann eben ein Polizist.

Wenn z.B. Grund zur Annahme besteht, dass jemand bewaffnet ist oder Drogen bei sich trägt. Eine Leibesvisitation stellt ja nicht automatisch eine Verletzung der Menschenrechte dar.

Highhorizon 
Fragesteller
 20.05.2010, 04:39

Aber dann kann ein Polizist einen MEnschen ja schickanieren , er sagt dann einfach (Ich habe sie auf verdacht kontrolliert ) ....

kampione91  20.05.2010, 04:43

in der Praxis sieht es so aus, dass ein Polizist keinen "triftigen Grund" braucht, um jemanden zu kontrollieren.

Lizy68  20.05.2010, 04:49
@kampione91

das kann ich so nicht glauben, ich werd gleich morgen mal bei einem befreundeten Polizisten nachfragen. Die Situation spielt doch eine entscheidende Rolle, wenn ich z.B. in eine Verkehrskontrolle gerate, die willkürlich stattfindet, besteht kein Grund, mich abzutasten und sowas ist mir auch noch nie passiert. Werde ich bei einem Fußballspiel aus einer Gruppe Randalierer herausgefischt, ist die Sachlage schon deutlich anders.

Lizy68  20.05.2010, 04:54
@Lizy68

P.S.: wobei Du vermutlich recht hast, dass ein Polizist "freie Hand" hat, damit sie nicht erst lange und breit irgendwelche Formulare ausfüllen müssen, bevor sie jemanden genauer unter die Lupe nehmen können.

Schwarze Schafe gibt es überall, aber ich denke nicht, dass das Usus ist, willkürlich solche Leibesvisitationen durchzuführen.

"Um mal die unterste Schiene einer Begründung anzureißen..." Was denn das für ein Quatsch?

Die Antwort auf deine Frage, so wie du sie gestellt hast, lautet schlicht und ergreifend: Nein! Darf er nicht!

Was du als hilfsreichste Antwort empfunden hast, blüht nur so von Halbwissen und ist deshalb nicht hilftreich, sondern gefährlich, denn sie suggeriert den Lesern etwas, womit sie sich später möglicherweise abfinden, anstatt sich dagegen zu wehren.

Es ist beispielsweise Quatsch die Aussage, dass Frauen oder Mädchen nur von weiblichem Polizeipersonal durchsucht werden dürfen... wenn man dabei nicht zugleich auch sagt, dass Männer oder Jungs auch nur von Polizisten gleichen Geschlechts durchsucht werden dürfen. Bist du also ein Mann, musst du dir im Normalfalle schon mal gar nicht gefallen lassen, von einer Frau durchsucht zu werden - es sei denn, es besteht Gefahr für Leib und Leben anderer... Ausnahmen über Ausnahmen... aber ij solchen Fällen müssen sich auch Frauen die Durchsuchung von Männern gefallen lassen...

Und grundsätzlich, und um es 'kurz' zu machen (was gar nicht gehr), bedarf es für eine Personenfeststellung bereits eines so genannten oder auch polizeilichen Grundes- Liegt eine solcher nicht vor, fallen bereits sämtliche Tatbestände für eine Durchsuchung aus Gründen der Personenfeststellung ins Wasser. Aber es gibt ja auch noch andere, neben dem grunde der Personefeststellung (der wiederum eigener Tatbestände bedarf § 26 PolG). Dann bleibt nur noch die Durchsuchung, weil du aus einem Grund festgehalten oder in Gewahrsam genommen werden darfst (doch wann ist das der Fall?), man dich verdächtigt, dass du Gegenstände bei dir führst, die sichergestellt oder beschlagnahmt werden dürfen (verbotene Gegenstände - bspw. Butterflymesser oder Teleskopschlagstock, Nunchaku und ähnliche verbotene Gegenstände, die man aber für erlaubt halten könnte), wenn du zu einer besonderen Behandlung ausgeschrieben wurdest, wenn du in eine Polizeikontrolle gerätst, die der Auffindung eines Straftäters dient oder aber zum Zwecke der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität in öffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs sowie auf Durchgangsstraßen (Bundesautobahnen, Europastraßen und andere Straßen von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität)eingerichtet wurde (bsp. A 2 ;-)) oder wenn du dich an Orten aufhältst, an denen erfahrungsgemäß Straftäter sich verbergen, Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben, sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel oder ausländerrechtliche Duldung treffen oder der Prostitution nachgehen, oder wenn du dich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung (was ist das nun iweder alles), einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe davon aufhältst und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen (wichtig, denn ohne dem "und" wird es auch hier nichts mit der Kontrolle)aus all diesen sonstigen Gründen zur Personenfeststellung dürfte man dich durchsuchen. Doch wenn man solche Gründe für eine Personenfeststellung schon nicht mehr hat, wird es auch nichts mit der Durchsuchung.

Doch mal ehrlich, was willst du dagegen tun, wenn dich ein Polizeibeamter rechtswidrig durchsuchen will? Er kann tausend ausreden erfinden, wovon er beim Antreffen deiner Person ausgegangen sein will, um seine Durchsuchung zu rechtfertigen. Und sicherheitshalber solltest du sie über dich ergehen lassen (oder vorher deinen Anwalt herbeirufen ;-)), denn Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist ebenfalls eine Straftat (§ 113 StGB) - da muss man also nicht erst einer Straftat verdächtig gewesen sein ;-), dann hat man bereits eine begangen. Ob sie entschuldbar wäre, würde sich ohnehin immer erst später zeigen, nämlich dann, wenn man gegen den Vollstreckungsbeamten Dienstaufsichtsbeschwerde einlegte und den (angeblichen) polzeilichen Grund untersuchen würde. Aber an der (rechtswidirgen) Durchsuchung änderte das auch nichts mehr, sie hätte so oder so bereits stattgefunden. Richtig? Also:

Nein! Vollstreckungsbeamte oder auch Vollzugsbeamte dürfen nicht tun, was sie wollen, aber sie könnten es trotzdem (auf eigene und deine Gefahr). Viel Spaß bei der nächsten Personenkontrolle (nie vergessen, nach dem polizeilichen Grund zu fragen, soviel Ordnung muss doch noch sein ;-))

DerPMS  26.07.2011, 08:35

Hallo aykay70,

bevor du vorschnell ein Antwort als Halbwissen und gefährlich bezeichnest, solltest du sie dir erst einmal genauer durchlesen!

Erstens steht in der Hilfreichsten Antwort sinngemäß genau das gleiche, was du in deiner "kurzen" Ausführung geschrieben hast.

Zweitens besteht der Hauptteil der HA aus Zitaten eines entsprechenden Gesetzestextes.

Ein Polizist muss dir weder den Grund noch seine daten sagen, er muss lediglich beweisen können dass er Polizist ist. Und zu diese Männer Frauen sache: Bei anwesenheit eines gleichgeschlechtlichen Polizisten, bei Einzelkontrollen(also nicht auf großen Veranstaltungen)und bei intimer Kontrolle(kontrollieren von Körperöfnungen oder nackt auszihen)müssen gleichgeschlechtlich sein. Ansonsten muss man glück haben. z.B.auf Flughäfen oder bei Fußballspielen kann man auch von anders Geschlechtlichen kontrolliert werden wenn gerade kein Gleichgeschlechtliches Personal zur verfügung steht.

Die Polizei lässt keinen ohne Grund bei einer Verkehrskontrolle nackt ausziehen. Aufgrund meines BTM-Eintrags und meiner Vorstrafe kann ich die Polizei verstehen, wenn die mich 'barfuß bis zum Hals' sehen wollen. Ist zwar die ersten drei Male noch peinlich, aber dann wird man gelassen. Kenne ich den/die Polizisten bereits und ich weiß, dass er/die eine Leibesvisitation vornehmen, sage ich gleich freiwillig, dass ich jetzt aussteige und mich ausziehe. Damit erspart man sich lange Diskussionen und kann um so schneller wieder weiter. Hätte ich in der Vergangenheit keinen Mist gebaut, müsste ich mich heute auch nicht bei einer Verkehrs- oder Personenkontrolle nackisch machen. Treffe oftmals bei Verkehrskontrollen immer die gleichen Kandidaten, die dann auch nackisch neben mir stehen. Natürlich auch die mit "frischen Einträgen". Also niemand, der gesetzestreu ist, wird sich vor der Polizei ausziehen müssen. So fair bin ich, dass die Polizei nicht aus Jux und Dollerei jemanden durchsucht!