Wieso ist der Antibiotikaeinsatz gefährlich?

7 Antworten

das Antibiotika

Nummer eins: Ein Antibiotikum, mehrere Antibiotika.

Die meisten Antibiotika, die gegeben werden, sind sogenannte "Breitbandantibiotika". Die wirken auf so ziemlich alles, das ihnen in die Quere kommt, allerdings nicht besonders gut. Ergebnis: Sie fetzen nicht von jetzt auf gleich alle Pathogene hinfort.

Nun stell dir mal vor, du nimmst seit zwei Tagen das Antibiotikum und niest dann jemanden an. Dann überträgst du diesem eine ordentliche Ladung deiner Bakterien... und zwar die, die das Antibiotikum eben nicht sofort wegraffen konnte, sondern die es bisher überlebt haben. Diese Bakterien, die schon ein Bisschen resistent sind, können sich nun im neuen Wirt erstmal vermehren... bis dieser ebenfalls ein Breitband-Antibiotikum bekommt, womöglich genau das gleiche. Und wieder werden die Bakterien aussortiert, die sofort daran krepieren, während er jene weiterverbreitet, die ein Bisschen resistent sind.

Das gilt übrigens 1:1 auch für Darmbakterien... du trägst übrigens im Darm eine ganze Reihe pathogener Bakterienstämme mit dir herum, die allein deswegen nicht krank machen, weil sie sich unter der Konkurrenz der normalen Darmflora nicht vermehren können. Jetzt kommt aber ein Breitband-Antibiotikum und haut die Hälfte aller Darmbakterien um... und plötzlich haben die Bakterien, die dich krank machen können, richtig viel Platz und Nährstoffe, um sich exponentiell zu vermehren. Und durch den resultierenden Durchfall verbreitest du dann genau diese Bakterien, die gerade gezeigt haben dass ein Breitbandantibiotikum sie nicht großartig juckt, in der Umwelt.

Grundsätzlich ist das mit den Resistenzen weniger eine kurzzeitige, spontane Geschichte, sondern vielmehr ein schleichender Prozess, der sich über Jahrzehnte hinweg und eher global entwickelt, als an einem bestimmten Patienten.

Außerdem ist das mit der "normalen Einnahme" ein frommer Wunschtraum, der stark von der Disziplin des Patienten abhängt. Ich hatte demletzt im Rettungsdienst eine junge Patientin mit allergischer Reaktion auf ein Antibiotikum... das nahm sie, weil sie erkältet war, und das ja die Tabletten waren, die ihre Oma kürzlich wegen ihrer Lungenentzündung verschrieben bekam... aber nicht einnehmen wollte weil man ja nicht so viele Tabletten schlucken soll. Da konnte man die ja mit verbrauchen (oder eben nicht).


Seekers 
Fragesteller
 21.08.2019, 17:43

Danke, sehr gute Erklärung.

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Auch bei ordnugnsgemäßer Einnahme können Resistenzen entstehen, das Risiko wird dabei nur vermindert.

Teilweise werden die Wirkstoffe dann auch wieder in aktiver Form ausgeschieden und gelangen so in die Umwelt, womit dann wieder ein neues Risiko für Resistenzentwicklungen entsteht.

Ein sinnvoller Grundsatz ist also auch hier: "so viel wie nötig, so wenig wie möglich" Bei alleinigen viralen Infekten (wie einer Grippe) ist daher von der Einnahme abzuraten, da wirkungslos gegen die Ursache.


Seekers 
Fragesteller
 21.08.2019, 17:18

Aber wie entsteht die Resistenz, auch bei ordnungsgemäßer Einnahme?

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Agronom  21.08.2019, 17:20
@Seekers

Genauso wie bei nicht ordnungsgemäßer Einnahem, der Unterschied liegt in der Wahrscheinlichkeit für die Resistenzentwicklung. Es gibt keine 100% Sicherheit für den Bekämpfungserfolg.

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Seekers 
Fragesteller
 21.08.2019, 17:23
@Agronom

Aber wenn nach ordnungsgemäßer Einnahme alles abgetötet ist, haben doch keine Bakterien überlebt, die mutieren und eine Resistenz ausbilden können.

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Agronom  21.08.2019, 17:27
@Seekers

Wie gesagt, es gibt keine Garantie, dass auch wirklich alle Bakterien abgetötet werden. Mit der ordnungsgemäßen Einnahme wird nur die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass alle abgetötet werden, diese Wahrscheinlichkeit liegt aber nicht automatsich immer bei 1 (also 100% Bekämpfungserfolg).

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RedPanther  21.08.2019, 17:33
@Seekers

Schau doch mal in meine Antwort rein: Wie viele Bakterien scheidest du denn noch aus, während du das Antibiotikum noch nimmst?

Und vielleicht ist der Bakterienstamm, der dich befallen hat, schon ein Bisschen resistent gegen dieses Antibiotikum, und es werden eben nicht alle Exemplate abgetötet?

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Seekers 
Fragesteller
 21.08.2019, 17:40
@Agronom

Alles klar, nun habe ich verstanden. Danke.

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Der unbedarfte Einsatz von Antibiotika führt ja nicht nur zu Resistenz von diversen Keimen, wenn Du Pech hast und Dein Arzt verordnet Dir Ciproflaxin können irreversible Schädigungen auftreten. Also als Patient immer mitdenken.

Ein Antibiotika ist nicht für eine Grippe notwendig. Du bekommst eins verschrieben bei einem Bakteriellen Infekt. Grippe entsteht durch Viren, macht also kein Sinn.

Wer sich wegen jedem wehwechen Antibiotika einschmeißt , riskiert eine Resistenz gegenüber der Wirkung .


Seekers 
Fragesteller
 21.08.2019, 17:18

Das meine ich ja, aber wie entsteht denn die Resistenz, wenn jemand wegen jeder kleinen Erkrankung Antibiotika einnimmt?

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Carrollton  21.08.2019, 17:21
@Seekers

Bakterien werden abgetötet/ die Vermehrung gestoppt beim Einsatz von einem Antibiotika. Bakterien sind nicht dumm und können sich anpassen, sie entwickeln eine Resistenz und können nicht mehr abgetötet werden und vermehren sich ungehemmt. Das Erbgut ändert sich .

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Seekers 
Fragesteller
 21.08.2019, 17:25
@Carrollton

Aber wenn nach der Einnahme alles abgetötet ist von diesen Bakterien, ist doch nichts mehr übrig, was eine Resistenz bilden könnte?

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Carrollton  21.08.2019, 17:39
@Seekers

Du wirst niemals 1 mal krank. Bakterien lernen beim nächsten mal dazu.

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Na, ganz so einfach ist es nicht. Antibiotika helfen nur gegen (nicht resistente) Bakterien, nicht gegen Viren (wie z.B. Grippe). Im letzteren Fall ist die Einnahme völlig verfehlt! Auch wenn man Antibiotika richtig einnimmt, können sich dennoch resistente Bakterien bilden. Antibiotika werden nämlich ausgeschieden. Über den Schweiß, den Harn, die Fäkalien, über Blut und Speichel. Auch wenn es nur geringe Mengen sind, die dadurch in die Umwelt gelangen, werden Bakterien außerhalb deines Körpers dennoch mit diesen Wirkstoffen konfrontiert und können dadurch resistent werden. Diese resistenten Keime können uns dann gefährlich werden, weil "kein Kraut mehr gegen sie gewachsen" ist. Es müssen dann immer wieder neue Wirkstoffe gefunden werden, was äußerst aufwendig (Zeit, Geld) ist. In der Zwischenzeit können viele Menschen daran sterben. Und selbst bei neuen Antibiotika gibt es das Problem, das sie nicht immer verträglich sind und daher nicht eingenommen werden können. Und all diese Missstände fördern überfürsorgliche Ärzte und das nur, damit der Patient aufhört herumzuheulen und Ruhe gibt.


Seekers 
Fragesteller
 21.08.2019, 17:41

Dankeschön, gute Erklärung.

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