Was bedeutet ein glückliches Leben bzw. Glück für Seneca?

1 Antwort

Grundsätzlich sollte man wissen, dass das Leben in der Antike vollkommen anders war als heute. Es gab keine sozialen Absicherungen außer die Familie und Freundeskreise. Bei Missernten herrscht teils Hungersnot und große Armut. See- und Landräuber trieben ihr Unwesen und selbst bekannte Personen wie Cäsar sind in ihre Gewalt geraten. Glück und ein glückliches Leben hatten daher eine fundamental-existentiellere Bedeutung als heute in Zeiten abgesicherten Wohlstands. In allen Philosophien der Antike ging es um die Frage, wie man in so relativ unsicheren Zeiten ein geordnetes Leben und Wohlstand sichern konnte.

Seneca war Stoiker. Deren grundsätzliches Weltbild war, dass die Welt letzlich ein geordneter Kosmos ist (Kosmos bedeutet im Griechischen: Ordnung). Garant der Ordnung war der Logos, eine ordnende, geistig-göttliche Kraft. Für Menschen gab es zwei Möglichkeiten: (1) Als ebenfalls mit Geist ausgestattet und daher dem Logos verwandt dessen Ordnungswillen und die eigene Rolle darin ergründen und sie auszufüllen suchen. Wem das gelingt, "surft" sozusagen auf dem positiven Willen des Logos und ihm gelingt ein gutes Leben in allen Unsicherheiten. (2) Den ordnenden Willen des Logos ignorieren und blind eigene Ziele verfolgen und immer wieder scheitern. Nicht der Logos straft (wie Gott im Christentum) sondern derjenige, der gegen die Ordnung des Logos im Kosmos anrennt, schadet sich selbst. Senecas Problem war allerdings, dass er gegen Lebensende eher zu den Gescheiterten gehörte und sich auf Befehl Neros selbst das Leben nehmen musste.