Warum steigt die Titrationskurve einer schwachen Säure am Anfang so stark an und wird erst danach flacher?

2 Antworten

Hi,

Das sind zwei Fragen, die beide mit dem Dissoziationsgrad der schwachen Säure zusammenhängen, wenn sie gegen eine starke Base titriert wird:

Also:

weil der Dissoziationsgrad alpha einer schwachen Säure kleiner als 1 ist, d.h. die Säure ist teilweise nur physikalisch gelöst, ohne daß sich H3O+ Ionen bilden

und

weil der Dissoziationsgrad nicht konstant ist, sondern mit zunehmender Verdünnung zu annähernd 1 ansteigt.

m.f.G.

alterpriester19 
Fragesteller
 18.05.2016, 18:18

Ich verstehe das mit dem Alpha nicht. Kannst du das nochmal anders formulieren ?

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anwesende  19.05.2016, 09:54
@alterpriester19

Alpha ist nur der Name für den Faktor. Der Dissoziationsgrad gibt an, zu welchem Teil die Säure in aktive Säureionen (H3O+) zerfällt und zu welchem Teil sie nur physikalisch gelöst ist.

Beispiel Sprudel: ein großer Teil des CO2 ist nur physikalisch gelöst, ein kleiner zu H2CO3 reagiert.

Bei starken Säuren ist Alpha gleich 1 (=100% zu Säure) und man kann aus der Konzentration der zugegebenen Säuremenge direkt den pH-Wert berechnen. Ist eine schwache Säure nicht vollständig dissoziiert, benötigt man den Korrekturfaktor Alpha.

Das ist identisch mit der Kosinuskorrektur in der Physik, wenn Kraftrichtung und Weg nicht identisch sind (Kraft mal Weg mal Kosinus des Winkels)

m.f.G. 

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alterpriester19 
Fragesteller
 19.05.2016, 18:23
@anwesende

Danke. Sehr gut erklärt. 

Noch mal zur Klarstellung: bei schwachen Säuren steigt also die titrationskurve zunächst stark an da die wenigen hydronium Ionen von den hydroniumhydroxid Ionen neutralisiert werden. 

Ist das so richtig? 

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anwesende  19.05.2016, 23:12
@alterpriester19

Bin ich mir nicht ganz sicher, ob man das so sagen kann. Am Anfang ist eine schwache Säure einfach eine schwache Säure und wenige Tropfen der starken Säure hauen voll rein. Danach verhält sich die schwache Säure annähernd wie eine starke Säure und die Kurve verläuft flacher.

m.f.G.

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alterpriester19 
Fragesteller
 20.05.2016, 08:58
@anwesende

Und kannst du es jetzt noch mal klausurtauglich formulieren?

Das wäre nett!

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Diese Frage ist mir entgangen, ich probiere aber eine verspätete Antwort.

Es gibt natürlich verschiedene Wege, diese Frage zu beantworten. Eine sehr einfache (die aber leider wenig Einsicht in die Gleich­gewichte bringt) ist die folgende:

Eine schwache Säure hat einen pH, der (für eine einmolare Lösung) gerade mal ½·pKₐ beträgt. Das entspricht dem pH am Anfang der Titration. Wenn man aber mal ein kleines Stück titriert hat, dann gilt die Henderson–Hasselbalch-Gleichung, und pH≈pKₐ. Das ist der pH im langen, flachen Teil der Kurve vor dem ÄP.

Naja, und wenn der pKₐ klein ist (die Säure also mittelstark ist), dann ist ½·pKₐ nicht viel kleiner als pKₐ. Die Kurve beginnt bei ½·pKₐ und erreicht dann ziemlich bald ungefähr pKₐ.  Eine Säure mit pKₐ=4 beginnt also bei 2 und steigt dann auf ≈4; da ist nicht viel Platz für einen großen Sprung dazwischen, es reicht nur für einen sanften Anstieg.

Wenn aber der pKₐ groß ist, dann sieht es anders aus: Eine Säure mit pKₐ=8 beginnt ungefähr bei pH=4 und erreicht nach kurzer Zeit ungefähr pH≈8. Die Differenz ist so groß, daß man am Anfang einen steilen Anstieg braucht, und genau so sieht es auch aus.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik