Warum ist die Schmelztemperatur von Legierungen geringer als die von echten Metallen?

2 Antworten

Das ist grundsätzlich das, was man erwartet: Genauso, wie eine Salz/Wasser-Mi­schung bei tieferen Temperaturen flüssig ist als reines Wasser, so ist auch eine Natrium/​​Kali­um-Legierung bei Raumtemperatur flüssig, während die Metalle fest sind.

Der Grund ist in beiden Fällen ungefähr derselbe, nämlich die Entropie. In der Flüs­sig­­keit steigt die Entropie bei gemischter Zusammensetzung stark an, weil die ver­schie­de­­nen Teilchen einen viel größeren Phasenraum haben als einheitliche, un­unter­scheid­­­bare Teilchen — man kann auch sagen, mehr Unordnung, mehr An­ord­nungs­mög­lich­keiten, mehr Mikrozustände. Wenn Du in einem flüssigen reinen Me­tall die Koordina­ten zweier Atome vertauscht, dann landest Du beim selben Mi­kro­zu­stand (alles sieht gleich aus), bei einer Legierung können die beiden Atome aber ver­schie­den sein, Du bekommst also einen neuen Mikrozustand bzw. eine neue An­ord­nung, es gibt also mehr Möglichkeiten. Diese Zusatzentropie stabilisiert die Flüs­sig­keit, deren Sta­bi­li­täts­be­reich sich daher ausweitet (Schmelz­punkt­ernied­ri­gung, Siede­punkt­erhö­hung).

Im Festkörper spielen Entropieeffekte dagegen eine geringere Rolle. Im Fall der Salz/​Wasser-Mischung gibt es gar keine Mischungsentropie (weil sich Eis und Salz nicht mischen), im Fall einer K/Na-Legierung ist sie klein — die Atome haben zwar Orts­koor­di­na­ten, aber keine Geschwindigkeitskoordinaten (sie hängen an den Gitter­punk­ten fest), daher gibt es von vorneherein weniger Möglichkeiten, und die Ver­grö­ße­rung der Möglichkeiten fällt absolut geringer aus.

So einfach wie beschrieben ist es aber nur die Legierungen aus Hautgruppenelemen­ten, die oft (nicht immer) einfach gebaut sind, d.h., in der Legierung sitzen die Ato­me bunt durch­ein­an­der­gewür­felt im Kristall. In den Nebengruppen haben Le­gie­run­gen (auch sol­che mit Hauptgruppenelementen) oft definierte Strukturen mit annähernd stö­chi­o­metri­scher Zusammensetzung. Die­se Struk­turen kommen, wie chemische Ver­bin­dun­gen, durch en­erge­ti­sche Wech­sel­wir­kun­gen zu­stan­de; dadurch wird der Fest­kör­per sta­bili­siert, und der Schmelz­punkt steigt.

(Solche definierten Strukturen können sich auch in den Hauptgruppen bilden, wenn man sehr elektropositive Elemente, z.B. Alkalimetalle, mit eher elektronegativen Me­tal­len wie Pb legiert; diese „Zintl-Phasen“ haben dann einen näherungweise ioni­schen Auf­bau, mit exotischen Anionen wie dem ikosaedrischen Pb₁₂²⁻).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
html5a 
Fragesteller
 17.11.2020, 14:04

Vielen Dank für die ausführliche Erklärung!

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Weil es unmöglich ist, dass wenn man zwei oder mehr Metalle miteinander vermischt, das Produkt einen höheren Schmelzpunkt hat, als das hitzebeständigste Edukt. Es muss immer ein Mittelwert sein, sonst würde man ja Energie auslöschen.

html5a 
Fragesteller
 17.11.2020, 14:04

Vielen Dank!

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