Sprachwandel und Kiezsprache?

2 Antworten

Die Fragestellung selber ist äußerst undifferenziert (und selber Beispiel für einen Sprachwandel, denn "Kiez" ist eigentlich ein Begriff, der lange regional beschränkt verwendet wurde, nämlich für die Gegend um die Reeperbahn in Hamburg, die Ausweitung auf Rotlichtviertel im Allgemeinen ist recht jung, aber damit stellt sich schon die Frage, ob es eine Betrachtung der Sprachentwicklung in Hamburg oder in deutschen Städten sei).

Auf jeden Fall aber ist es eine "Milieusprache" oder auch "Jargon", der im Gegensatz zu Soziolekten eher einer kriminellen bzw. früher kriminalisierten Subkultur zuzuordnen ist. Früher wirkte sich dies wenig auf die Umgangssprache aus, doch haben sich die sozialen Fokusse deutlich verändert und gerade Jargons aus kriminellen Milieus gelten zunehmend als "cool" und sprachbildend, was seit 1996 auch auf die Standardsprache wirkt, da immer mehr Umgangssprache in die Standardsprache aufgenommen wird ("schlußendlich", "ey" ...), was früher vermieden wurde.

Das aber ist nur der Basisrahmen, für alles weitere müßte man wissen, wie deine Frage eigentlich lautet. Sprachwandel ist ein grundsätzlich dynamisches Thema, aber man kann hier ex ante (aktuelle Wechselwirkungen in der Sprachprägung) oder ex post (Rückführung aktueller Gegebenheiten auf frühere Entwicklungen) argumentieren, was zwei unterschiedliche Ansätze sind. Außerdem gibt es zwar einen gemeinsamen Standardsprachraum, aber schon umgangssprachlich fällt Deutschland "auseinander" und es gib auch regionale Unterschiede im Sprachwandel. Damit aber macht eine aggregierte Betrachtung über den gesamten deutschen Spachraum keinen Sinn, da die regionalen Kulturen zu unterschiedlich sind und damit auch die Wirkungen eines Milieus auf die allgemeine Umgangsprache. Also was wollte man genau fragen/darstellen? "Kiezsprache" ist ein alter Begriff, "Kiezdeutsch" ein neuer mit Bezug zur Jugendsprache, die Begriffe sind nicht synonym, schon hier ist die Frage mißvertändlich bis falsch gestellt.

Kritisch sehe ich, daß hier ein Differenzierungsgrad am Tag der Präsentation erreicht wurde, der annähernd auf dem Niveau liegt, welches noch ca. 1 Stunde nach der ersten Auseinandersetzung mit dem Thema vorliegen könnte, jedoch nicht später.

Jede lebendige, gesprochene Sprache wandelt sich, so auch das Deutsche. Dabei entstehen aus der Hochsprache und bereits existierenden Dialekten und Slangs immer neue Varianten.

Hier ein nützlicher Link:

http://bildungsserver.hamburg.de/sprache-sprachwandel/

Und ein Zitat aus einem Artikel in "Spiegel online":

Kiezdeutsch ist eine legitime sprachliche Variante, die die Zugehörigkeit zur Jugendkultur anzeigt. Dabei ist Kiezdeutsch nicht der Sprachgebrauch einer isolierten, sich abschottenden Gruppe einer bestimmten Herkunft, sondern bezieht alle Jugendlichen in multiethnischen Wohngebieten ein. Es ist ein Beispiel für eine besonders gelungene sprachliche Integration: ein neuer, integrativer Dialekt, der sich im gemeinsamen Alltag ein- und mehrsprachiger Jugendlicher, deutscher ebenso wie anderer Herkunft, entwickelt hat.