Pflichtjahr für junge Menschen - eine gute Idee?

Das Ergebnis basiert auf 22 Abstimmungen

Schlechte Idee 68%
Gute Idee 32%
HarmonyZ  18.06.2022, 00:14

Pflichtjahr für was?

RockyLama 
Fragesteller
 18.06.2022, 00:15

Wehr- oder Zivildienst.

12 Antworten

Bin generell nicht gerade für zu viele Pflichten. Aber ich denke dennoch, dass es den meisten gut tun würde. Es sollte aber mehrere Wahlmöglichkeiten geben.

Gute Idee

Es schadet der heutigen Jugend sicher nicht, mal zu erfahren, das es eine Welt außerhalb von Spielkonsole, TikTok, Netflix, Smartphone, Gym, Amazon, Zalando und Lieferando gibt.

Schlechte Idee

Ich bin gegen ein Pflichtjahr, dass aus Zwang gemacht wird. Denn dafür ist nicht nur eine Gesetzesänderung notwendig, sondern Leute die da dann total unmotiviert rumhängen und nicht gut arbeiten braucht kein Mensch und stören eher.

An sich finde ich es aber sinnvoll, gerade im Hinblick auf immer mehr Einzellkinder, wo einfach eine gewisse Form der sozialen Zusammenlebens und Rücksichtname wie bei Geschwistern fehlt, viele sind einfach "kleine Könige" die von allen Verwandten massiv umsorgt wurden. Da und auch im Hinblick auf Persönlichkeitsentwicklung wie Übernahme von Verantwortung für andere, was in einer Sozialgesellschaft keine unwichtige Eigenschaft ist, wäre sowas sinnvoll. Manche Betriebe wären sicherlich auch froh, wenn die Leute dann schon dadurch etwas reifer und verantwortungsbewusster bei ihnen starten.

Ich denke aber, dass Dinge wie ein FSJ oder FÖJ deutlich besser gefördert werden sollten, insbesondere finanziell. Es würde ja schon reichen auch den Mindestlohn zu erhalten, statt lächerliche maximal 438€, inbesondere wenn die Unterkunft nicht kostenlos gestellt wird und man dafür umziehen muss da vor Ort nichts passendes. Ich kenne einige die da mal drüber nachgedacht haben, dann gesehen haben was man bekommt und dann direkt ins Studium oder Ausbildung gegangen sind, weil das finanziell einfach Schwachsinn ist für das Geld Vollzeit zu arbeiten.

Wie meine eine Freundin damals so schön, die noch am zweifeln war ob Krankenschwester das richtige für sie ist: Da fängt sie lieber die Ausbildung direkt an und verdient das doppelte, abbrechen wenn es nicht passt kann sie ja immer noch, statt ein FSJ dort zu machen. Am Ende hat sie abgebrochen und einer anderen Person die vielleicht durchgezogen hätte hat den Platz nicht bekommen, weil sie ihn anfangs blockiert hat. Aber ich kann sie verstehen, warum sollte man für die fast gleiche Arbeit die Hälfte des Lohns wählen?

Zudem müsste das Ansehen dafür steigen. Macht man heute ein FSJ kommen, gerade wenn man dann später nicht in einem sozialen Bereich arbeitet beruflich und auch vom Umfeld in der Regel zwei Fragen: "Hast du keinen Platz (Studium, Ausbildung,...) im ersten Jahr bekommen?" und "Wusstest du noch nicht was du tun willst und brauchstest das extra Jahr?". Dass man es getan hat, obwohl man wusste was mach möchte aber bewusst ein Jahr was soziales machen wollte, ist irgendwie für viele nicht vorstellbar und wird gerne als Ausrede abgetan.

Wer weiß, vielleicht hilft da ja der Fachkräftemangel in der Pflege, dass es irgendwann angesehen wird, wenn man dort nach der Schule für ein Jahr hilft ehe es in den Job geht. Und es ggf. sogar irgendwann als positiver Punkt und nicht eher neutral bis negativ in der Wirtschaft gesehen wird.

Aber dafür braucht es keinen Zwang, sondern sinnvolle Anreize.

Wir haben in Deutschland ein Grundgesetz, das ein Pflichtjahr verbietet.

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_12.html

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_2.html

Man könnte es theoretisch zwar mit 2/3 Mehrheit ändern, aber dazu wären sehr, sehr triftige Gründe nötig.

Es müßte schon ein krasser Notstand herrschen, daß jedes Jahr 700 000 Hilfskräfte fehlen (soviel müßten jedes Jahr eingezogen werden). Und davon sind wir weit entfernt.

Daß wir ab 18 unser Leben frei gestalten können und nicht irgendwo arbeiten müssen, wo wir nicht wollen, sind sehr wichtige Grundrechte! Der Staat muß dafür sorgen, diese Grundrechte möglichst zu erhalten, und er muß sich rechtfertigen, wenn er sie einschränken will. Siehe Corona. (Die Wehrpflicht ist auch nur eine Ausnahmeregelung, selbst wenn sie ein halbes Jahrhundert praktiziert wurde.)

Es ist auch ein Menschenrecht, nicht zu einer Arbeit verpflichtet werden zu können. Deutschland ist Unterzeichner der Europäischen Menschenrechtskonvention. Darin sind Zwangs- und Pflichtarbeiten ausdrücklich verboten. Es gibt nur wenige Ausnahmen z. B. für Arbeiten, die selbstverständlich sind (Hilfe bei Katastrophen z. B.) oder für Gefängnisinsassen.

https://www.jusline.at/gesetz/emrk/paragraf/artikel4

Die Sozialverbände und die Bundeswehr wollen außerdem so viele unausgebildete Arbeitskräfte auch gar nicht haben. Sie brauchen in der Hauptsache Leute, die eine entsprechende Ausbildung haben.

https://www.mdr.de/nachrichten/podcast/interview/audio-soziales-pflichtjahr-paritaetische-ulrich-schneider-100.html

https://www.focus.de/politik/deutschland/eberhard-zorn-bundeswehr-generalinspekteur-gegen-wiedereinfuehrung-der-wehrpflicht_id_136940018.html

Dem Staat entgehen mit einem Pflichtjahr Steuern, weil jede/r dann ja erst ein Jahr später "normal" ins Berufsleben kommt und erst dann Steuern zahlt.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/dienstpflicht-wieso-ein-pflichtjahr-der-wirtschaft-schaden-wuerde-a-1222537.html

Es würde zusätzlich eine Menge Geld kosten, dieses Pflichtjahr zu organisieren. Die Bezahlung macht schon mal ca. 13 bis 15 Mrd. € pro Jahr. Man bräuchte Behörden, die diese 700 000 Leute jedes Jahr "einziehen" und ihre Arbeitsplätze "checken", außerdem müßten die Verpflichteten ja von irgendwem eingewiesen und kontrolliert werden. Manche werden schwänzen, wer holt die ab? Die Polizei? Bekommen die Schwänzer Geld- oder gar Gefängnisstrafen? Betrifft ein Pflichtjahr nur Leute mit deutschem Paß oder alle 18-jährigen, die in Deutschland wohnen? Was ist, wenn ich mit 18 meinem Wohnsitz ins Ausland verlege? Es gäbe viel zu klären.

In Deutschland gibt es außerdem ca. 480 000 Kinder und Jugendliche, die Familienangehörige pflegen müssen. Die werden sich schön bedanken, wenn sie mit 18 dann auch noch ein Pflichtjahr absolvieren müssen.

https://www.mdr.de/selbstbestimmt/reportage/pflege-durch-kinder-jugendliche-100.html

Teils teils!

Kommt auf die Umsetzung an und eine gerechte Umsetzung wird niemals Funktionieren.

Aber, die Wehrpflicht habe ich auch machen müssen und die Lust hielt sich Anfangs in Grenzen. Dennoch, es macht Spaß und fördert und fordert dich, du gehst definitiv reifer, disziplinierter und mit guten neuen Freunden aus der Bundeswehr raus. Es ist auch eine gute Brücke als Übergangsphase zwischen Schule und letztendlich deinen zukünftigen Job.

Aber, die Besoldung war eine Frechheit und wenn man schon per Dekret Leute zu etwas zwingt so muss es ebenfalls ordentlich vergütet werden. Das andere ist das nicht jeder Eingezogen wird, mache haben "Glück" andere ein Handicap und widerum andere sind bereits in der Ausbildung. Da würde ich mir auch Wünschen das die Bundeswehr dort ebenfalls auch etwas anbieten kann was Jungen Leuten effektiv in ihren Leben weiterhilft. Führerschein machen beim Bund z.B ohne dafür zu zahlen zu müssen oder diverse andere Dinge.

Das ist unterm Strich nicht fair dem jenigen gegenüber der Eingezogen wird. Wenn alle die gleichen Rechte haben, so haben sie auch alle die gleichen Pflichten gegenüber der Gesellschaft und dem Staat. Wenn nur einzelne herangezogen werden so leisten sie mehr Pflichten ab als andere, da ist keine Fairness dahinter.

Wenn Wehrpflicht (Pflichtjahr) so für alle (auch unabhängig des Geschlechtes) und das zu attraktiven Konditionen und einem guten Entgegenkommen der staatlichen Institutionen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Dr. oec. publ. (Volkswirtschaft)