Kann der zweite Hauptsatz der Thermodynamik gegen die Evolution verwendet werden?

6 Antworten

Ich nehme an, gemeint ist die Zunahme an Ordnung bei der Entstehung der Lebewesen und bei der Zunahme ihrer Komplexität ("Höherentwicklung", ein mißverständlicher Ausdruck).
Ein Widerspruch entsteht dadurch nicht, die Gesamtentropie des Universums wird dadurch nicht verringert, sondern erhöht. Tatsächlich muß bei der Selbstorganisation lebender Strukturen "geordnete" Energie in degradierte Wärmeenergie umgesetzt werden. Auch bei der Individualentwicklung z.B. einer Pflanze wird Lichtenergie (hochwertig) letztlich zu Wärme.
Ein anorganisches Modell dafür wäre z.B. das Auskristallisien eines Salzes durch Verdunstung des Lösemittels: es bildet sich ein Kristall=Entropieabnahme=Selbstorganisation=Evolution, dafür bezahlt das Lösemittel mit höherer Entropie, es wird zum Gas (Chaos).
Viszlát

Nein. Das heißt, man kann es versuchen, aber man wird dabei nur offenlegen, dass man weder von Physik noch von Evolution sonderlich viel versteht.

Um das zu begründen, muss man nicht mal in die Thermodynamik einsteigen. Evolution findet vor unseren Augen statt, sowohl in der Zucht als auch in freier Wildbahn. Offensichtlich werden dabei keinerlei physikalischen Gesetze verletzt, womit die ganze Argumentation hinfällig wäre.

Man kann die Gegenargumentation auch an der Thermodynamik führen: Eine der Aussagen des 2. Satzes der TD, die von Kreationisten verwendet wird, besagt, dass in einem geschlossenen System (das durch die Außenwelt also nicht beeinflusst wird) die Entropie nur zunimmt, aber nicht abnehmen kann. Dies wird verdreht zur Behauptung, dass Zunahme von Komplexität oder Ordnung in Lebewesen ohne Eingriffe von außen nicht stattfinden kann.

Die Argumentation der Kreationisten beachtet dabei nicht, dass Entropie nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit Unordnung ist, weder die Erde noch die Lebewesen darauf geschlossene Systeme sind, sondern einen ständigen Energiedurchfluss betreiben, und dass auch in einem geschlossenen System in einigen Bereichen die Entropie abnehmen kann, wenn das durch die Gesamtzunahme der Entropie des Systems ausgeglichen wird.

Ja, wenn die Vertreter der Evolution auch die Entstehung des Lebens bergründen wollen.

George Stravropoulos, beschreibt die Unmöglichkeit der spontanen Lebensentstehung und die Unmöglichkeit einer Erklärung der Existenz komplexer Organismen unter natürlichen Bedingungen in dem bekannten, evolutionistischen Magazin American Scientist:
Doch unter normalen Bedingungen können sich niemals organische Moleküle spontan bilden, sie würden entsprechend dem zweiten Hauptsatz eher zerfallen. Je komplexer sie würden, umso instabiler müssten sie werden und umso sicherer müssten sie früher oder später zerfallen. Photosynthese und alle anderen Prozesse des Lebens, sogar das Leben selbst können jedoch nicht in Kategorien von Thermodynamik oder irgendeiner anderen exakten Wissenschaft verstanden werden, trotz des manchmal absichtlich verwirrenden Sprachgebrauchs
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Mit Beginn des Lebens geschah natürlich die Fortentwicklung nach den Prinzipen der Evolution, das ist unbestritten.

Nein. Die Autoren, die dies so darstellen, argumentieren dabei auf unordentliche Weise mit dem Wort "Ordnung". Ihr logischer Fehler ist der, daß sie zwei unterschiedliche Begriffe, für die das Wort "Ordnung" steht, durcheinanderbringen: (a) den Begriff Ordnung, wie er in Physiklehrbüchern zur Veranschaulichung thermodynamischer Zusammenhänge verwendet wird, und (b) den alltagssprachlichen Sammelbegriff Ordnung, für den es keine klare Definition gibt, und der eine kaum zu ordnende Vielfalt unterschiedlicher Bedeutungen umfaßt, sowohl Urteile über empirische Sachverhalte als auch die unterschiedlichsten normativen Ideen und Wertvorstellungen.

Nein, kann er nicht - die Unordnung in einem abgeschlossenen System kann (erfahrungsgemäß) nicht abnehmen - tut sie aber scheinbar, da sich ja aus anorganischem (ungeordnetem) Material hoch geordnete Strukturen (wie Lebewesen) entwickelt haben. Einziges Problem der Argumentation: Die Erde ist kein abgeschlossenes System, sondern ein offenes - in der Sonne nimmt die Entropie zu und auch in der Umgebung von Lebewesen nimmt die Entropie zu (du nimmst hoch strukturierten Zucker zu dir und wandelst ihn in (unordentliches) Kohlenstoffdioxid um).