Erlebt ihr Rassismus im Alltag?
Hallo, da ich recht oft mit sowas zu kämpfen habe, wollte ich euch mal fragen. Paar Beispiele von mir: Als ich zur Infozentrale mit einem Bahnbedienstetin gegangen bin und aufgrund eines defekten Automatens Geld zurück verlangen wollte, fragte die an der Infostelle 10x nach ob meine "Geschichte" glaubwürdig klang oder nicht (die die ich zuvor den anderem Personen erzähl habe) Er antwortete die ganze Zeit "ich war nicht dabei, ich kann es nicht wissen", gibt aufjedenfall echt lange so, als ob sie es gewollt hätte, dass er endlich Ja sagt. Nachdem das vorbei war, fragt sie den Typen ganz dreißt ob ich deutsch kann und hat meinen Ausweis verlangt. Was soll das? Es ist mir egal, ob es solche Maschen gibt oder nicht, fakt ist ja einfach, dass wenn ich ein deutsches aussehen gehabt hätte, mir dieses ganze Theater erspart gewesen wäre. Und das war jetzt einfach nur ein Beispiel, hier auf gutefrage erlebe ich auch oft wie Leute explizit erwähnen, dass sie keinen Moslem als Schwiegersohn akzeptieren würden und uns wie geisteskranke Spinner behandeln.
Im Monat passiert mir im Durchschnitt 5x so ein Mist (nicht das auf gutefrage, im richtigen Leben halt) , das mit der Bahn war einfach das jüngste Ereignis. Vorallem nach der Flüchtlingskrise hat es stark zugenommen. Wir würdet ihr euch fühlen, wenn euch ständig sowas passieren würde?
Paar Eckdaten zu mir, um euch einfach ein klares Bild zu schaffen Bin 18 Jahre alt Meine Eltern stammen aus der Türkei Studiere Chemie Habe eine deutsche Freundin
12 Antworten
Rassismus spüren vor allem davon Betroffene. Als dessen Opfer haben sie selbst oft ein klares Gespür dafür, anders behandelt zu werden.
Gerade Rassisten werden Deiner Einschätzung des realen Alltagsrassismus widersprechen, empfinden sie ihr diskriminierendes Verhalten mangels intellektuellen oder menschlichen Vorstellungsvermögens doch als "ganz normal", ggf. als "verzeihlichen Irrtum"; Kritik daran empfinden sie darüber hinaus auch als (durch Beobachtung) "überbetont" oder gar als "nestbeschmutzerisch".
Man muss über den Alltagsrassismus reden, ihn erkennbar machen, auf ihn zeigen, und das tust Du ja.
ich empfehle zu dem Thema "Noah Sow: Deutschland schwarz weiß"
Das ist harte Lektüre, aber für alle weißen deutschen sollte das Pflicht sein!
Alltagsrassismus hat viele Facetten, seien es die seit letztem Silvester verschärften "Verdachtsunabhängigen ausweiskontrollen", sei es dass mein Mitbewohner nicht in eine Disko kommt, weil er Schwarzer ist. ("So was wolln die Leute nicht sehn", sei es dass sein Freund (der sog, "südländisches aussehen" hat (als ob s ne krankheit wär o.O)) in der Straßenbahn jedes Mal wenn es vorkommt von den Kontrollettis in die Zange genommen wird, während ich daneben stehe und nicht mal meinen Fahrschein zeigen muss (ich sage dann immer, dass das grade gar nicht geht, und sie dann bitte alle so genau kontrollieren sollen), sei es dass eine nichtdeutschsprachige Familie mitten in der Provinz und abends aus der Bahn geworfen wird, weil sie in den falschen Zug gestiegen ist und ihr Fahrschein nicht gilt (das dürfen die gar nicht, aber wie sollten diese leute sich in einem fremden land wehren, wo sie sich durch sprache nur schwer verständigen können?).
((m)eine freundin und ich sind dann auch ausgestiegen, unter lautem Protest gegen die Behandlung der Familie. - Wir wurden nicht mal kontrolliert! )
Ich habe Angst.
In Zeiten in denen wöchentlich Flüchtlingsunterkünfte brennen, in denen die pogrome der 90er nicht aufgearbeitet wurden, in denen als reaktion auf rassismus verschärfte grenzkontrollen und eine stärkung einer militärischen bewachung der eu aussengrenzen gibt, in denen flüchtlingen immer mehr und mehr rechte abgesprochen, statt zugestanden werden, in denen Menschen auf bleiverseuchte Müllkippen abgeschoben werden (immer noch... aber die balkanstaaten sind ja angeblich sicherere herkunftsländer), in denen Menschen eingesperrt werden dürfen, ohne etwas gemacht zu haben als einfach da zu sein (abschiebehaft wurde wieder eingeführt), in denen schwersttraumatisierte Menschen keinen therapie bekommen, in denen rassistische Parteien wie die AFD von einem viertel der Leute gewählt werden, in denen fast jeden Samstag sogenannte "bürger" protestieren: Gegen die rechte von refugees, in denen immer erst mal alles einen islamistischen hintergrund hat, als sei "der Islam" die einzige in die Leute irgend einen Müll hineininterpretieren auf dessen Grundlage sie anderen Menschen das leben zur Hölle machen,
zeiten in denen nazis klimakillergegner*innen angreifen und nicht ein mal der versuch gestartet wird sie zu verfolgen, zeiten in denen...
nein. Das ist nun mal in einem land so, das versucht einen schlussstrich unter seine nationalsozialistische vergangenheit zu ziehen, in dem menschen ständig sagen, sie dürften was nicht sagen, es aber dann sagen.
70 Jahre in der Geschichte, das ist... nicht mal ein Windhauch. Wen wundert da rassistische und antisemitische kontinuität und die zunehmende institutionalisierung der entrechtung asylsuchender?
Es gibt in Deutschland eine Rassismuskrise, die schon seit 1887 andauert, keine Flüchtlingskrise.
In einer rassistischen Kultur können sich keine Leute freimachen davon Rassistisch zu sein, auf jeden fall keine weißen deutschen!
Ach, die Fahrkartenkontrollen, habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht
Das ist aber nicht nur ein Problem in Deutschland oder nur gegen Türken oder Muslime. Ich war jetzt in Italien und wurde als Deutscher auch diskriminiert. Ich habe überall mehr bezahlt und keiner wollte mir helfen als ich fragen hatte und sie wussten das ich kein Italiener bin. Es sind natürlich nicht alle Leute so aber ein Großteil ist halt sehr reduziert in seiner Denkweise.
Also Personen, die ständig alles hinterfragen, um die Glaubwürdigkeit zu verifizieren, treffe ich meist bei jedem Anlass.
Dass mich Mütter für Ihren Sohn nicht gut genug hielten, erlebte ich auch öfters als einmal. Ich bin studiert und es gab keinen Anlass mich für nicht gut genug halten zu können. Aber trotzdem war es so.
Personalausweis oder Führerschein und Fahrzeugschein wurde von mir bei jeder Polizeikontrolle verlangt. Durchgewunken wurden immer nur die anderen.
Ich würde mal sagen, grundsätzlich ist das Misstrauen der Menschen in Deutschland größer als das Vertrauen. Ich würde dahinter aber nicht immer gleich Rassismus vermuten. Das kann ich auch gar nicht, weil ich Deutsche bin.
Ich stimme dir zu, dass manche Menschen durchaus rassistisch sind, aber Misstrauen erlebe ich auch mir gegenüber bei jeder Gelegenheit, die es so gibt.
Ich wurde als Bayer in Berlin diskriminiert als CSU-wählender Lederhosenseppl.