Dipol-Dipol-Kräfte, wie bewirken sie die siedetemperatur?

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Moin,

ein permanenter Dipol entsteht, wenn

  • erstens in einem Molekül Atome miteinander verbunden sind, die (deutlich) unterschiedliche Elektronegativitätswerte haben, wenn also polarisierte Bindungen vorhanden sind

UND

  • zweitens das Molekül räumlich so gebaut ist, dass die polarisierten Bindungen dazu führen, dass sich insgesamt ungleiche Ladungsschwerpunkte ausbilden, die im Molekül auf zwei Seiten (Pole) verteilt sind.

Wenn du dir das Molekül (oder in einem größeren Molekül den entsprechenden Molekülausschnitt) dann als "Kugel" vorstellst, gibt es eine Hemisphäre, die eine negative Teilladung aufweist, während die andere Hemisphäre eine positive Teilladung hat.

Nun weißt du vielleicht, dass sich unterschiedliche Ladungen elektrostatisch anziehen (und gleiche Ladungen voneinander abstoßen). Das gilt grundsätzlich auch für Teilladungen, wie sie in Dipolmolekülen vorkommen.

Darum richten sich Dipolmoleküle zueinander so aus, dass die negativ teilgeladene Seite des einen Moleküls zu einer positiv teilgeladenen Seite eines anderen Moleküls hin ausgerichtet ist. Die unterschiedlichen Teilladungen ziehen dann einander an. Die Folge ist, dass sich die Moleküle gegenseitig ein bisschen festhalten. Das wiederum beeinflusst die Siedetemperatur, denn beim Sieden geht es doch darum, dass Moleküle aus einem lockeren Verbund (flüssiger Aggregatzustand) in einen Zustand gebracht werden, wo sie einzeln für sich im Raum herumschweben (gasförmiger Aggregatzustand). Wenn sich die Moleküle aber in der flüssigen Phase mehr oder weniger stark gegenseitig anziehen und festhalten, dann musst du mehr Energie aufwenden, um sie voneinander zu trennen, nicht wahr?! Tja, und das erhöht dann die Siedetemperatur, je stärker das Dipolmoment der Moleküle ist (also je stärker die gegenseitige Anziehung ist).

Bei den Dipolen kannst du nun noch einmal permanente Dipole von induzierten Dipolen unterscheiden. Bei ersteren besteht ständig ein Dipolmoment, weil die Bindungen zwischen den Atomen mehr oder weniger stark polarisiert sind.
Bei den induzierten Dipolen kommt es dagegen in mehr oder weniger unpolaren Bindungen mitunter vor, dass sich durch eine schwankende Verteilung der Elektronendichte (die im Gegensatz zum Permanentdipol nicht dauerhaft erhalten bleibt, sondern quasi hin und her schwankt) einmal eine Situation ergibt, in der plötzlich ein Teil des Moleküls (oder eines größeren Atoms) etwas negativer teilgeladen ist, während dann ein anderer Teil des Moleküls (oder größeren Atoms) in diesem Moment positiv teilgeladen ist. Wenn ein solches Molekül in einem solchen Moment in die Nähe eines anderen Moleküls kommt, kann das dazu führen, dass es eine analoge Elektronendichteverschiebung in dem anderen Molekül auslöst (induziert). Auch solche induzierten Dipol-Dipol-Wechselwirkungen tragen dazu bei, dass sich Moleküle gegenseitig festhalten und haben somit Einflüsse auf Siedetemperaturen.

Es liegt auf der Hand, dass permanente Dipol-Dipol-Wechselwirkungen stärkeren Einfluss haben als induzierte.

Ein Sonderfall von permanten Dipol-Dipol-Wechselwirkungen sind die bekannten Wasserstoffbrückenbindungen.
Induzierte Dipol-Dipol-Wechselwirkungen sind die ebenfalls bekannten (und im Vergleich schwächeren) van-der-Waals-Kräfte.

Ich hoffe, du konntest alles nachvollziehen. Wenn nicht, frag ruhig noch einmal nach.

LG von der Waterkant

Das ist letztendlich dasselbe, schau also da mal nach, LG.