Welchen Stellenwert hatte die Philosophie im alten Rom?

2 Antworten

Von Experte verbosus bestätigt

Im 3. Jahrhundert vor Christus kam Rom erstmals mit der griechischen Kultur und Philosophie in Berührung. Zunächst betrachteten die Römer die griechische Philosophie mit einer gewissen Zurückhaltung. Aus Angst vor ihren neuen Ideen wurden im Jahre 173 und 161 vor Christus sogar die griechischen Philosophengesandtschaftn aus Rom ausgewiesen. Die Römer waren ein Volk von Bauern und Soldaten, das sich hauptsächlich für praktische Dinge interessierte. Philosophie galt nur für Zeiten der Muße, da die römische Tugend, gemäß der mos maiorum, nur im Streben für die Res Publica verwirklicht werden kam. Dennoch schlossen bereits die Scipionen den stoischen Philosophen Panaitios in ihren Kreis ein.

Die Römer interessierten sich weniger für die Erforschung des Universums oder rein philosophisch spekulativer Erkenntnisse, sondern legten vor allem pragmatisch Wert auf Fragen der Moral und ethischer Prinzipien. Dabei teilten sie sich hauptsächlich in Anhänger der griechischen Schulen der Epikuräer und Stoiker auf. Die stoischen Konzepte von Pflicht und Schicksal entsprachen dem römischen Ideal der Tugendhaftigkeit. Marcus Tullius Cicero trug als Übersetzer griechischer Philosophiebegriffe wesentlich zur Verbreitung philosophischen Denkens in Rom bei. Er selbst war Anhänger sowohl der platonischen Akademie als auch der Stoa und wählte aus beiden Lehren diejenigen aus, die ihm als besonders wahr und geeignet erschienen (Eklektiker). Cicero war ein großer Freund und Bewunderer der griechischen Philosophie, jedoch innerlich zerrissen zwischen seinen Pflichten gegenüber dem Staat und seiner Neigung zur Philosophie.

Dies änderte sich erst mit dem römischen Cäsarentum: Lucius Annaeus Seneca war der bedeutendste römische Autor der Stoa im antiken Rom. Als Erzieher des jungen Kaisers Nero legte er großen Wert auf ethische Lebensführung. Die Seelenruhe des Weisen, der in innerer Distanz zur Welt lebt, schien durch innere Stärke, Selbstkontrolle und Tugend (virtus) für jeden erreichbar zu sein. Die Tyrannei der Cäsaren führte nach der Zerstörung der Republik dazu, dass sich gebildete Römer immer mehr der Philosophie zuwandten, die ihnen Trost gab. Seneca litt sehr unter der Tyrannis des Kaisers Nero. Als Stoiker lehrte er, dass Selbstmord gerechtfertigt ist, wenn ein Leben in Gemütsruhe als Weiser durch äußere Umstände gefährdet war. So entschied sich Seneca – auf Befehl Neros – für den Freitod.

Marc Aurel wurde als der große Philosophenkaiser Roms angesehen, der mit seinen Selbstbetrachtungen (gr. Τὰ εἰς ἑαυτόν Ta eis heautón), die er in griechischer Sprache verfasste, weil er meinte, dass es vielen Römern, die immer noch nach der mos maiorum lebten, verärgern könnte, die stoische Lehre vehement vertrat und schon zu Lebzeiten große Bewunderung erlangte. Er vertrat die stoische Auffassung, dass man nach der Natur leben sollte, d.h. nach den eheren Naturgesetzen, die göttlichen Ursprungs sind, und dem Gemeinwohl aller im Staatswesen streben sollte.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – LK Latein
Von Experte Merlin128 bestätigt

Hallo,

in der römischen Frühgeschichte (bis ca. 200 v.Chr.) spielte Philosophie noch keine große Rolle in Rom. Aber als das römische Reich wuchs und Roms Bedeutung zunahm, beschäftigten sich auch die Römer mit philosophischen Fragestellungen. Dabei strahlte besonders die griechische Philosophie auch auf Rom aus, insbesondere Fragen der Ethik beschäftigten die Römer, was sich zum Beispiel schön in Ciceros Werk "De officiis" oder aber auch in Senecas "Epistulae morales" zeigt.

Vor allem der Stoizismus und der Epikureismus fanden in Rom viele Anhänger - besonders der Stoizismus galt vielen als Ideal. Wie sehr Philosophie geschätzt wurde, zwigt sich zum Beispiel bei Kaiser Marcus Aurelius, der sich als erster römischer Kaiser bewusst einen Bart wachsen ließ - als äußeres Zeichen, dass er sich als Philosoph sah. Mark Aurel hat aber auch selbst philosophische Texte (in Griechisch !) verfasst.

In der späteren römischen Geschichte schließlich beschäftigten sich einige Denker mit der Ethik des Christentums und grenzten diese von den früheren philosophischen Denkschulen ab. Hier kann man besonders an Augustinus und dessen Werk "De civitate Dei" (Über den Gottesstaat) denken, in dem er versucht, die Überlegenheit und Wahrheit der christlichen Offenbarung darzulegen.

Hoffe, das hilft dir ein wenig weiter. Ich empfehle dir aber, dich einmal genauer über den Stoizismus und den Epikureismus zu informieren, da diese beiden philosophischen Denkschulen die römische Philosophie maßgeblich prägten.

LG

Als erstes könntest du dir zum Beispiel dieses Video anschauen:

https://www.youtube.com/watch?v=oZVynkv1Nkk