Guten Morgen allerseits,

wie soll ich es sagen? Nun, es vergeht kaum ein Tag, an dem ich mit meiner Frau nicht mindestens einmal herzlich lache.

Ein Komiker oder nur Spaßvogel bin ich aber deshalb keineswegs. Das würde man mir auch nicht abnehmen, aber ganz allgemein gelte ich in Gesellschaft als guter Erzähler und glänzender Unterhalter und ich merke schon, dass mir die meisten Menschen deshalb auch zugetan sind.

Lachen verbindet und schafft Vertrauen. Das ist z.B. eine meiner langjährigen Reiseerfahrungen auch über Sprachbarrieren hinweg. Ein kleines indisches Mädchen mit großen schwarzen Kulleraugen und dem Kopf voller Läuse nimmt mich an die Hand, zieht mich im Tempel zu einer Abbildung des Elefantengottes Ganesha und schenkt mir eine Blume oder an der chinesischen Mauer umarmt mich eine junge Chinesin und möchte ein Foto mit mir. Bei solchen nicht seltenen Ereignissen sagt meine Frau immer zu mir: "Hallo, Herr Kaiser."

Es war gestern Abend so, als wir mit der Großfamilie essen waren und es war auch bei der jetzigen Nilkreuzfahrt so, wo halt auch Fremde bei uns am Tisch saßen: Wir sind in der Regel der lustigste Tisch, wo am meisten gelacht wird und zwar ohne, dass Witze erzählt werden. Warum? Ich weiß es nicht, aber ich liebe Situationskomik und kann sehr spontan darauf reagieren. Mitunter schreibe ich sie auch als Kurzgeschichten auf.

Zur allgemeinen Erheiterung füge ich in der Anlage mal eine dieser wahren Kurzgeschichten und ein dazugehörendes Foto aus meinem Leben bei. Mehr muss ich dann hier nicht ausführen...

Mit herzlichen Grüßen

Hacklberg

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Fest im Glauben

Aus dem sakramentalen Leben eines rheinischen Katholiken

Als Kind aus einer Mischehe mit einer fest im katholischen Glauben stehenden rheinischen Mutter und einem aus Schlesien stammenden protestantischen Vater, wurde ich ungefragt den Katholiken zugeschlagen. Vielleicht regte das schon meinen inneren Widerstand gegen die christlichen Sakramente, die mir alle unter größten Schwierigkeiten zuteil wurden.

Das fing schon bei meiner Taufe an.

Meine liebe Oma sollte zunächst meine Patenschaft übernehmen, aber es war ihr unbedingter Wunsch, dass ich Hans-Eberhard heißen sollte. Das wiederum hat meine Mutter gottseidank strikt ablehnt. Konsequent verweigerte meine Oma anschließend die Patenschaft – ausgerechnet meine Lieblingsoma, aber es war so.

Der nächste Versuch, eine Patentante zu finden, scheiterte noch kläglicher. Meine Tante Maria, eine Schwester mütterlicherseits ward für mich auserkoren, während Tante Margarethe die Patenschaft meiner Zwillingsschwester Ingeborg Margarethe angetragen wurde.

Nun, bei meiner Schwester, die als Kind eher klein und kräftig war, ging der Wunsch auch in Erfüllung, während meine bösartige Tante Maria meine Patenschaft mit dem glaubhaft überlieferten, derben rheinischen Spruch ablehnte: „Der sitt joh us wie en Aap!“ (Der sieht ja aus wie ein Affe!), weil ich ein langes, dünnes Kind war. Konnte ich dafür, dass meine Schwester mir in Mutters Bauch alles weggefuttert hatte?

Damit war also auch der zweite Versuch gescheitert, bei der Tante, die ich auch zeitlebens nicht wirklich leiden konnte. Nachdem ich diese Geschichte erfahren hatte, wusste ich wenigstens warum.

Es erbarmte sich dann zum guten Schluss meine liebe Tante Franziska, eine Cousine meiner Mutter, die meine Patenschaft übernahm.

Das war der Auftakt meiner persönlichen Probleme mit den Sakramenten, die sich bei der ersten Heiligen Kommunion nahtlos fortsetzten.

Das war früher ein langer Tag, der schon damit begann, dass man 12 Stunden vor der Kommunion nichts mehr essen durfte. Ich musste daher unzufrieden Kohldampf schieben, bevor es überhaupt richtig losging mit diesem großartigen Familienfest, das traditionell am Weißen Sonntag, also am Sonntag nach Ostern stattfand.

Um 7.30 Uhr betrat ich die Kirche mit schwarzem Anzug, Lackschuhen, einem dezenten Sträußchen am Revers und natürlich mit einem frommen Gesicht. Alles lief wunderbar und ich freute mich mit hängenden Magen auf das Frühstück, bei dem schon die gesamte Verwandtschaft das Haus bevölkerte. Neben mir am Tisch natürlich ganz stolz meine Patentante Franziska. Hilfsbereit wollte sie mir etwas Gutes tun und bot sich an, mir ein Brötchen zu machen. Wunderbar, aber dann traf ich mit dem von mir geliebten gekochten Schinken die völlig falsche Wahl, denn diesen breiten Fettrand mochte ich als Kind schon nicht ausstehen. Meine Mutter wusste das natürlich und entfernte diesen glibberigen weißen Ekelrand sonst für mich, nur ausgerechnet nicht an diesem meinem Festtag, wo ich mich zur Freude der Eltern auch noch tadellos benehmen sollte.

Meine leise Intervention wurde von Onkel Georg gleich mit den Worten übergangen: „Das ist doch das Beste daran überhaupt!“ Diese Meinung teilte ich nun ganz und gar nicht und half mir in meinem kindlichen Ekel auch nicht weiter. Würg...

So blieb mir keine andere Wahl als kurz vor dem Erbrechen stehend, beherzt abzubeißen, den Glibberspeck komplett in den Mund zu saugen, um gleich einen Hustenanfall vorzutäuschen und alles unter den Tisch zu spucken. Unglücklicherweise gleich auf die eleganten weißen Schuhe meine Patentante, was diese zwar mit Missfallen degoutierte, aber noch ganz in meinem Sinne als äußerst unglückliches Missgeschick wertete.

Nach dem Frühstück ging es an das Öffnen der Geschenke und die waren aus der Nachbarschaft unglaublich kindgerecht...

Nach dem Auspacken besaß ich tatsächlich ein ganzes Sammelsurium von Sammeltassen, mit dem ich zeitlebens nichts anzufangen wusste und obendrein noch jeden Menge Silberbesteck, aber aus den verschiedensten Stilrichtungen, also auch nicht wirklich zu gebrauchen und dennoch musste ich mich bei allen Schenkenden artig bedanken.

Warum schenkt man so etwas einem 9jährigen Knaben? Das frage ich mich heute noch.

Das Highlight war dann die Übergabe der goldenen Uhr von meiner Patentante.

Oh, ja danke! Ganz toll, Tante Franziska! Mein Frust wuchs, steigerte sich aber ins Unermessliche, als der Patenonkel meiner Zwillingschwester Inge, die ja nun auch Kommunion hatte, ein neues, rotes Fahrrad in die Stube rollte. Mein Neid war so groß, dass ich hätte heulen können vor Wut. Sche;ß goldene Uhr. Was soll ich mit dem Schrott?

Bis Mittag war ich also kaum noch ansprechbar und zog dementsprechend eine Flappe, was von Tante Franziska verständnisvoll als Übelkeit von der ganzen Aufregung des Tages interpretiert wurde. Bis zum Mittagessen hatte ich sowieso die strenge Auflage der Eltern, fest am Tisch sitzenzubleiben und ein andächtiges Gesicht zu machen, wie es sich für ein Kommunionkind mit vermeintlich kleinem Heiligenschein gehört.

Nachdem ich mit meiner Schwester zusammen das Tischgebet gesprochen hatte und alle Gäste das deftige Mittagessen verspeist hatten, das unter anderem aus den von mir gern genommenen Rouladen bestand, durfte ich dann endlich raus in den Hof. Den Frust aus dem Leib rennen war angesagt angesichts des roten Rädchens meiner Schwester.

Dann nahm das Unglück seinen Lauf: Im Überschwang meiner negativen Gefühle rutschte ich mit meinen glatten schwarzen Lackschühchen auf den nassen Betonplatten aus und kam übel zu Fall. Aufs Knie gefallen war ich, sehr schmutzig und sah gar nicht mehr aus wie ein braves Kommunionkind. Nun, der Schmutz war von hilfreichen Händen mit Wasser leicht wieder vom Anzug gewischt, aber das Schlimmste war natürlich die klaffende Fünf in der Hose, die der Sturz neben einem blutenden und schmerzenden Knie verursacht hatte. Als mein Vater diese unerfreuliche Bescherung sah, interessierte ihn mein lädiertes Knie ausgesprochen wenig und ich stand seinem Gesicht nach zu urteilen am Rande einer leibkonstitutionsgemäßen Züchtigung. Nur die Anwesenheit der Festgäste ließ mich dieser Schmach entgehen und bewahrte mich vor einer sofortigen Exekution.

In der Folge war ich wieder dazu verdonnert bis zum Kaffee mit blödem Gesicht zwischen den Erwachsenen am Tisch zu sitzen. Wenn ich saß, sah man ja meine kaputte Hose nicht und mein Lieblingskuchen Schoko-Buttercreme mit aufgesetzten Schokoladenkaffeebohnen gab es auf Drängen meiner Patentante auch. Den nahm ich gern und er beruhigte mein aufgebrachtes Gemüt.

Anschließend war Zeit für Familienfotos im Hof und auf der Treppe. Mal mit Eltern allein, dann mit den Omas, mit der Patentante oder allen Festgästen im fliegenden Wechsel. Alles wunderbar, aber ausgesprochen lästig ständig irgendwie von allen betatscht und in Positur gebracht zu werden. Fotograf war Patenonkel Matthias, der meiner Schwester das Fahrrad geschenkt hatte und auch sonst ganz lustig drauf war. Als ich offensichtlich bei einem Foto mal wieder keine Mördergrube aus meinem Herzen machte und mir meine Widerborstigkeit anzusehen war, schnitt er mir eine Grimasse um mich aufzumuntern. Das zauberte mir natürlich sofort ein Lachen aufs Gesicht und regte mich dazu an, auf allen weiteren Bildern auch Fratzen zu schneiden. Das gefiel mir sogar ausgesprochen gut und war mein kleines Aufbegehren gegen dieses Fest, das eigentlich das meine war, mir aber in diesem

Zur Andacht musste ich nachmittags natürlich auch noch in die Kirche und schon wurde mein fast vergessenes Hosenmissgeschick wieder präsent. „So kann man das Kind nicht schicken“, stellte meine Mutter trocken fest und zwang mich in die kurze Hose, die früher jedem Kommunionanzug beilag. Das wäre bei warmer Witterung auch weiter kein Problem gewesen, aber ausgerechnet bei unserer Kommunion herrschte kühles, wechselhaftes Aprilwetter vor und so zog ich als einziges Kind bei heftigem Schneefall mit kurzer Hose in die Kirche ein. Diese Anzugsordnung warf natürlich bei der kleinbürgerlichen Dorfgemeinschaft unangenehme Fragen und Gelächter auf. Gefühlt stand ich jedenfalls nackt am Altar.

Auch der längste Tag hat mal ein Ende, aber damit waren noch nicht alle Auswirkungen der 1. Heiligen Kommunion für mich beendet.

Eine Woche später holte mein Vater beim Fotografen die einmaligen Bilder ab, die mich so voller Lebensfreude zeigten. Das sah mein Vater leider völlig anders, als er mit den Fratzenbildern nachhause kam. Sein vernichtendes Urteil: „Bei der Verwandtschaft nicht vorzeigbar“ und damit hatte ich keine Chance mehr einen körperlichen Verweis mittels einer heftigen Backpfeife als Nachtrag zu meiner Kommunion zu entgehen.

Das nächste kirchliche Desaster folgte bei der Firmung, dem Sakrament des Heiligen Geistes.

Mit 14 oder 15 sollte also die Bestätigung des Glaubensbekenntnisses als Vollendung der Taufe und zur Erneuerung und Festigung des Glaubens vor dem Weihbischof stattfinden.

Zu diesem Behufe ging es natürlich wieder in feinem Zwirn gekleidet in die Kirche. Brav in Zweierreihe defilierten wir Firmlinge feierlich durch den Mittelgang zum Altar, wo der Bischof in feierlichem Gewand auf uns wartete um uns den Segen und die Firmung zu spenden.

Zu meiner Zeit war zudem noch ein symbolischer Backenstreich des Bischofs üblich, den jeder Firmling als Symbol der Stärkung bekam.

Ich schritt also mit meinem Kameraden angemessenen, würdevollen Schrittes die zwei Stufen zum Altar hinauf und dann geschah es: Mein Kamerad stolpert über seine Füße oder eine der Stufen, versucht sich noch vergeblich zu fangen, überschlägt sich regelrecht und geht demütig in erbärmlicher Figur direkt vor dem Bischof schwer zu Boden.

Es ist ihm zwar nichts weiter passiert und er rappelt sich gleich wieder auf, aber dieser urkomische Sturz fällt bei meinem ausgeprägten Sinn für Situationskomik auf fruchtbaren Boden und entlockt mir ein lautes Lachen und ich kann mich leider kaum beruhigen, als ich zur Firmung vor dem Bischof stehe.

Ich sehe nur noch die vor Wut blitzenden Augen des Bischofs und seine schwingende Hand mit dem dicken Bischofsring. Was ein symbolischer, angedeuteter Backenstreich werden sollte, wächst sich bei mir zu einer veritablen Ohrfeige aus.

Im wahrsten Sinne schlagartig ist mir das Lachen vergangen und in meinem Gesicht zeichneten sich deutlich die Finger und die Form des als Schlagring missbrauchten Bischofsringes des schlagkräftigen Gottesmannes ab. Von wegen man geht in der katholischen Kirche immer gewaltlos mit seinen Zöglingen um. Der alte Sack hatte mir richtiggehend eine gescheuert, aber zu dieser Zeit war eine solche zweifelhafte Respektsperson natürlich unantastbar. Was ich als arge und absolut ungerechtfertigte Demütigung empfand, wurde in den Bänken eher mit Genugtuung und hämischer Freude aufgenommen. So stand auch meine Firmung letztendlich unter keinem guten Stern.

Dann war erst einmal lange Jahre Ruhe vor den Sakramenten bis zur Hochzeit. Die lief dann wider Erwarten außergewöhnlich gut, aber diese Ehe hat zwar lange, aber eben nicht dauerhaft gehalten. Im strengen Sinne bin ich also letztendlich auch bei diesem Sakrament leider kläglich gescheitert.

Als Sakrament kann jetzt nur noch die letzte Ölung folgen. Da wäre ich noch auf das zu erwartende Missgeschick gespannt.

Oder es passiert noch was bei meiner letzten Aussegnung am offenen Grab, was aber für den Wissenden ohnehin nicht mehr zu den Sakramenten zählt.

Vielleicht rutscht der Pfarrer aus und fällt zu mir ins Loch. Das wäre noch eine erheiternde Vorstellung und entspräche meinem eigensinnigen Humor, wenn ich schon untätig bei dieser außergewöhnlichen Angelegenheit zuschauen muss.

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