Hallo,

die vor mir geschriebene Erklärung greift zu kurz. Ja, zur Zeit Karl des Großen kannte man den Begriff Europa entweder nur für das geographische Konstrukt, oder als die sagenumwobene Europa Figur der Antiken Sagen. Die Menschen damals sahen sich entweder als Germanen (Franken, Sachsen etc) oder als Römer (Byzanz)

Doch ist diese Feststellung überhaupt nicht relevant für die Fragestellung. Die Frage ist ja, warum wir ihn heute, in der Nachschauen, als Vater Europas bezeichnen.

Mit dem Zerfall des Weströmischen Reiches splittete sich das ehemalige Reich der Römer in unzählige Territorien auf, die beinahe 300 Jahre in ständig wechselnder Form existierten, alle mit unterschiedlichen Herrschaftsformen, Sprachen, Schriften, Kulturen und Einflüssen von außerhalb (Bsp iberische Halbinsel oder Sizilien, die beide über längere Zeiträume unter muslimischen Einfluss standen)

Das einzig verbundene Band war das katholische Christentum mit dem Papst als führenden Gläubigen. Ab dem 8 Jahrhundert wandte sich eben dieser, angesichts der katastrophalen politischen Lage in Süditalien und der gegebenen geographischen Nähe, dem Frankenherrscher zu, war er doch traditionell eigentlich Untertan des Kaisers des noch existierenden Oströmischen Reiches Byzanz. Eben dieser Kaiser beanspruchte alleinig für sich den Anspruch auf die Weltherrschaft (für die Menschen damals war ihr Handlungsfeld gleichzusetzen mit der Welt, die größten Teile der uns bekannten Welt waren ja noch nicht bekannt) aufgrund der Tatsache, dass er sich als alleiniger Nachfolger der römischen Kaiser verstand.

Durch die militärische Stärke, die Unterstützung des Papstes und der Unterwerfung seiner rivalisierenden Germanischen Stämme wie den Sachsen, später auch die Langobarden, konnte er sich, in der Tradition des römischen Kaisertums zum weströmischen Kaiser wählen und schließlich, durch seine Nähe zum Papst, von diesem 800 n Chr. zum Kaiser gekrönt werden.

Nun zu den Gründen, warum wir ihm den Beinahmen Vater Europas verpasst haben:

  1. Erstmals hatte nun ein Herrscher die Gewalt über das geographische Konstrukt Europas, der nicht aus Rom stammte, sondern als Franke Germanischer Abstammung war, somit aus dem heutigen Westeuropa stammte
  2. ebenfalls neu war die Einflusssphäre, die der neue Kaiser hatte: er regierte, im Gegensatz zu dem Vorgängerreich, auch über Britannien, Skandinavien und den Osten Europas bishin zu Italien und Der iberischen Halbinsel
  3. Karl der Große führte in seinem ganzen Reich das Christentum ein. Du musst dir vorstellen, dass die Katholische Kirche der zumeist einzige Bezugspunkt war, den die Menschen zwischen Britannien, Italien, Spanien und den östlichen Provinzen waren. Die meisten kannste ja nur ihre jeweilige Region, ihre jeweilige Sprache, ihre eigenen Riten. Das Christentum und die Aufnahme bsp de Sachsen in die katholische Kirche bot den Rahmen, diese ganzen unterschiedlichen Völker zu einen und war die stärkste Legitimation des Monarchen
  4. während seiner Regentschaft revolutionierte er das Bildungssystem, indem er eine einheitliches Schriftbild einführte, die karolingische Minuskel. Vorher schrieb jede Region, wie sie es wollte, Durch die einheitliche Schrift und die Einführung Lateins als geltende Schriftsprache war eine Kommunikation zwischen weit entfernten Regionen möglich, sowie die Erstellung von chroniken, Abschriften etc, die überall im Reich gelesen werden konnten (Natürlich nur von Klerikern, der ‚normalsterbliche‘ konnte in der Regel nicht lesen)

So, das war das, was mir so spontan eingefallen ist. Ich hoffe es hilft dir weiter.

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