Das sagt die Kulturwissenschaft dazu:

"Sophie Scholl ist eine Heldin der deutschen Geschichte, heute ist sie fast schon ein Mythos: eine junge, zarte Frau, die sich dem NS-Regime mutig entgegenstellte und aus diesem Grund auf brutale Weise ermordet wurde. Es war nicht zuletzt ihre Freude am Leben, die ihr die Kraft dazu gab, gegen die Nazis aufzustehen. Damit ist sie zu einer Ikone des deutschen Widerstands geworden. Ob in Filmen, Büchern oder Theaterstücken – ihr Leben und ihr tragisches Ende werden besonders häufig erzählt.[...] Während die Motive anderer Widerstandsgruppen, etwa des militärischen Widerstands vom 20. Juli 1944 oder der Roten Kapelle, immer wieder auch skeptisch betrachtet werden, scheinen die Mitglieder der Weißen Rose von einer Aura der Unschuld umgeben, die sie gegen jede Kritik abschirmt. Das verleiht ihnen auf der ganzen Welt eine besondere Anziehungskraft" (Gottschalk 2020, S.10).

"Nicht etwa Deutschlands Dichter und Denker stehen im Zentrum filmischer Biographien, sondern die Opfer und Täter des Nationalsozialismus. Ganz besondere Aufmerksamkeit gilt seit den neunziger Jahren der „guten deutschen Frau“, die sich in vielerlei Hinsicht eher als der deutsche Mann für einen normalisierten Umgang mit der deutschen Vergangenheit anbietet"(vgl. Berghahn 2009, S. 105). .

"Nirgendwo wird eine Neubewertung des Nationalsozialismus deutlicher als in den Filmen, die die „gute deutsche Frau“ ins Zentrum stellen. Sie ist die Bewahrerin der Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit, und ihre hochherzige Solidarität mit Juden und anderen Verfolgten gründet sich eher auf Liebe als auf politische Überzeugung. Die „gute deutsche Frau“ repräsentiert den „Widerstand des Herzens“ [...]"(vgl. Berghahn 2009, S. 106). 

"Mehr als die anderen beiden Biopics ist Rothemunds Film (Sophie Scholl - die letzten Tage) darauf bedacht, die weibliche Ikone des Widerstandes als Leidende und unglaublich starke Frau, als Opfer und Heldin zugleich darzustellen. Dieses Spanungsverhältnis macht ihre fortwährende Faszination aus und wird von Rothemund als Erklärungsmodell dafür angeboten, warum Sophie über die Generationen hinweg ihrem Bruder Hans im öffentlichen Gedächtnis den Rang abgelaufen hat. Im Kontext des deutschen memory contest verkörpert Sophie das „gute Deutschland“, auf das sich gerade die „Bekenntnisgeneration“ der Deutschen mehr denn je zu besinnen traut. Wie bereits oben dargelegt, ist das „gute Deutschland“ heutzutage vornehmlich weiblich: die meisten männlichen Biopics sind Täterbiographien von Hitler, Himmler, Goebbels, Speer et. al., die weiblichen Filmbiographien hingegen erschaffen den Mythos der „guten deutschen Frau“ und lassen so das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte in einem neuen Licht erscheinen" (Vgl. Berghahn 2009, S.118f.)

„Sophie Scholl ist die einzige deutsche Heldin, die wir haben. Darunter verstehe ich jemanden, der gegen alle Widerstände bis zum Ende für seine Überzeugungen eintritt. Es fallen mir keine anderen Beispiele in der deutschen Geschichte ein“ (Breinersdorfer 2005). 

Literatur

Berghahn, Daniela (2009): Sophie Scholl Biopics. Wandel im öffentlichen Gedächtnis einer weiblichen Ikone des Widerstand. In: Manfred Mittermayer (Hg.): Ikonen, Helden, Außenseiter. Film und Biographie. Wien: Zsolnay (Zsolnay Kino), S. 105–122.

Breinersdorfer, Fred (2005) Die einzige Heldin: Interview mit dem Drehbuchautor Fred Breinersdorfer über SOPHIE SCHOLL – DIE LETZTEN TAGE. In: Das Parlament. Jg. 42, 17. 10. 2005 [http://das-parlament.de/2005/42/Thema/011.html

Gottschalk, Maren (2020): Wie schwer ein Menschenleben wiegt. Sophie Scholl : eine Biografie. 2., durchgesehene Auflage. München: C.H.Beck.

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