Was spricht für und was gegen ein sog. Fertighaus?

9 Antworten

War fast 3 Jahrzehnte in einer "Fertighausfirma" tätig die in Massivbauweise Häuser erstellte.

Ich würde Massivbauweise jeder anderen Bauweise vorziehen. Auf dem Markt gibt es viele Anbieter, welche die Fertigteile im Werk herstellen und dann auf der Baustelle verarbeiten. Da ist die Hütte in 2-3 Tagen aufgestellt.

Möchte man da später an solchen Häusern etwas ändern, wird das schwierig bis unmöglich. Meine damit Raumänderungen.

Bei Massivbauweise kann man Wanddurchbrüche herstellen um z. B. einen Raum vergössern. Ist bei Häusern aus Fertigteilen eher nicht möglich.

Wenn ich mir manche Fertighäuser aus Holz anschaue, so sehen diese nach einigen Jahren unschön aus. Ausgewaschene Bretter an der Fassade usw.

Bei Masivbauweise habe ich in der Regel auch einen besseren Brandschutz.

Leider aber einen verringerten Schallschutz, wenn hier nicht zusätzliche Massnahmen ergriffen werden.

Bei Stein auf Stein Häusern kann man Form und innere Raumaufteilung den persönlichen Wünschen anpassen, was bei "Fertighäusern" von der Stange eher nicht möglich ist.

Da gibt es 3-4 verschiedene Haustypen und damit sind die Möglichkeiten der Wahl erschöpft.

Für mich käme ein Fertighaus von der Stange nicht infrage. Gehe mal in eine Fertighausaustellung aus Fertigteilen und klopfe da mal an die Wände einiger dieser Häuser. Dann gehst du in ein Massivhaus und klopfst da mal an die Wände..Spätestens da merkst du den Unterschied. Massiv ist eben massiv.

Wer über wenig Geld verfügt, der wird sich wohl für ein Fertighaus von der Stange entscheiden.

Wie sieht aber so ein Haus nach 40 oder 50 Jahren aus ? In welchem baulichen Zustand befindet sich da ein Haus ?

Worauf man beim Kauf von Fertighäusern sehr genau achten muss , sind die Vertragsinhalte, was alles im Preis enthalten ist. Oftmals billigste Standardausstattung. Möchte man da etwas ändern, kommen oft erhebliche Zusatzkosten hinzu.

Beispiel: Fussboden aus PVC. Möchte man aber Laminat oder Parkett, so erhält man eine Gutschrift für den PVC Belag. Die Höhe der Gutschrift ist oft weit unter dem Preis, den der PVC Belag kostet. Für den Laminat oder Parkettboden wird dann ein satter Aufpreis als Nachtrag vorgelegt. Das geht dann weiter über alle anderen Gewerke des Innenausbaus, wenn man Sonderwünsche hat.

Da kommen dann oft erhebliche Zusatzkosten auf den Käufer zu, mit denen er nicht gerechnet hat.

Woher ich das weiss ? Aus beruflicher Erfahrung.

Ich hatte früher viel mit Fertighäusern zu tun, hab die geplant (einschließlich Statik) und teilweise auch als GU gebaut. Dazu muß man sagen, daß es Fertighäuser auch in Massivbauweise gibt - sogenannte Blähtonwände. Auch davon hab ich diverse geplant und gebaut. Inzwischen habe ich mich bewußt von Fertighäusern verabschiedet. Dazu ein paar Gedanken - vor allem zu Fertighäusern in Holzrahmenbauweise.

Die eigentliche Bauzeit ist nicht wirklich kürzer sondern wird für den Rohbau lediglich von der Baustelle ins Werk verlagert. Daß der Bauherr eine Zeitersparnis zwischen Auftragsvergabe und Schlüsselübergabe hätte, ist insofern nicht erkennbar.

Daß ein Fertighaus pe se billiger sei, kann ich auch nicht bestätigen.

Der Schallschutz ist aufgrund des geringeren Gewichts ausgesprochen mäßig.

Was ebenfalls fehlt, ist das Wärmespeichervermögen. Dessen Bedeutung wird im Rahmen der Wärmeschutznachweise arg unterschätzt.

Brandschutztechnisch ist diese Bauweise der massiven ebenfalls unterlegen, was sich jedoch insofern relativiert, als daß die Brandlast vor allem von der Inneneinrichtung (Gardinen, Teppiche, Möbel) ausgeht.

Wo mich Unbehagen überkommt, ist die Dampfsprerre auf der Innenseite der Wände. Weist diese Mängel auf, dringt Raumluft in die Wand und kondensiert dort. Durchfeuchtung und Schimmel ist das Ergebnis. Seit einiger Zeit versucht man, das Problem zu umgehen, indem man die Wand diffusionsoffen konstruiert.

(Ich habe übrigens auch Anbieter erlebt, die Fertighäuser importierten, dessen Bauteile aus völlig ungetrockneten Hölzern bestanden. Hier in D. wurden dann die klatschnassen Wände verschlossen. Ein Horrorszenario.)

Ein größeres Problem sehe ich allerdings in der außensseitigen Dämmung (WDVS). Aufgrund des fehlenden Wärmespeichervermögens kühlt deren Oberfläche über Nacht stark ab und die Außenluft kondensiert daran. So erhält die Fassade Nacht für Nacht eine Feuchtebeanspruchung, bei der sie über die Jahre zwangsläufig durchfeuchten muß. Wie Wärmedämmfassaden aussehen, wenn die Giftstoffe gegen Schwarzalgen ausgewaschen sind (und unsere Gewässer belasten) haben wir alle schon mal gesehen. Und wie sehr ein nasser Wollpulover "dämmt" kann sich auch jeder vorstellen.

Hier ab Minute 4:19:

https://youtube.com/watch?v=MKeRe7FA4Gs


Und das sind nur einige der Aspekte. Ich ziehe heute jedenfals aufgrund meiner jahrzehntelangen Beobachtungen die einschalige, monolitische Wand mit Stb.- Massivdecken vor.

Paulina42  05.09.2017, 15:17

Ich glaube das war mal. Die heutige Qualität ist ganz anders

Hegemon  05.09.2017, 15:23
@Paulina42

Was genau glaubst Du? Daß physikalische Gesetze heute nicht mehr gelten? Daß man an Fertighäusern keine WDVS mehr verbaut? Kraft welchen Erfahrungshorizontes nimmst Du so etwas an?

Ontario  11.07.2020, 17:07
@Paulina42

Hegemon hat es sehr gut beschrieben und die Nachteile herausgearbeitet.

Entgegen deiner Annahme, dass dies mal so war und heute alles anders sei, muss ich widersprechen.

Die Bausphysik ändert sich nicht. Was früher zu Schimmelpilzbildung führte, führt auch heute noch zur Schimmelpilzbildung.

Wenn früher keine Dampfdiffusion gegen war, ändert sich nichts daran, wenn dieser Fehler heute gemacht wird.

Ich war über 25 Jahre lang Bauleiter in einer "Fertighausfirma". Wir bauten konventionell. Porenbetonsteine, Zwischenwände mit Kalksandstein und massiven Stahlbetondecken. Diese Bauweise hat aus meiner Sicht mehr Vorteile, als eine Bauweise die oft bei Fertighäusern zu sehen ist.Aufstellen der Wandelemente in 2-3 Tagen. Nachträgliche Änderungen der Raumgrößen kann man vergessen.

Für mich hat eine konventionelle Bausweise, Stein auf Stein nach wie vor Priorität.

PringlesPLZ67  06.09.2017, 09:51
Hegemon  06.09.2017, 10:15
@PringlesPLZ67

Ja eben. Nur ein Beispiel. Was kann man mit Einzelbeispielen beweisen? Gar nichts.

Stommel-Haus verwendet hier eine 5 cm starke! Blockbohle als Fassade. Kann man  das mit den üblichen WDVS vergleichen, die 99 % aller Fertighaushersteller einsetzen? Natürlich nicht.

Holz hat nämlich ein relativ hohes Wärmespeichervermögen. WDVS haben dies nicht und deswegen kondensiert dort jede Nacht die Außenluft an der stark abgekühlten Fassade. Das WDVS saugt sich mit diesem Wasser über die Jahre voll wie ein Schwamm.

Du vergleichst hier also 1% Äpfel mit 99 % Kartoffeln.

Es ist ja verständlich, wenn Du als junger Fertighaus-Verkäufer Werbung für Dein Produkt machen möchtest. Ab er glaub doch bitte nicht, daß Du damit einen alten Hasen wie mich, der seit 23 Jahren im Bauwesen als Ingenieur selbständig ist, beeindrucken kannst.

Du darfst mal davon ausgehen, daß ich mehr Block-, Fertig- und Massivhäuser geplant und gebaut habe, als Du in Deinem Leben Bockwürste gegessen hast.

PringlesPLZ67  06.09.2017, 12:25
@Hegemon

Hegemon, nur um es klar zu stellen. Ich bin kein Fertighaus-Verkäufer und auch nicht mehr so jung.

Mag alles wahr sein, was du hier von dir gibst. 

Jetzt hat der FS genügend Pro und Kontra zum Lesen. Er kann und soll selbst entscheiden.... 

Ich sage nur, die heutigen Fertighaus-Anbieter sind nicht mehr mit denen von früher zu vergleichen. Und sowohl Massivbau als auch Fertighausbau hat seine Daseinsberechtigung.

Hegemon  06.09.2017, 12:44
@PringlesPLZ67

So, so. Derart auffällig wie Du hier agitierst, willst Du uns also erzählen, daß Du kein Nachwuchsverkäufer von Stommel-Haus bist. Wer's glaubt...

"Mag alles wahr sein, was du hier von dir gibst. "

Du darfst gerne versuchen, das mit harten Fakten zu widerlegen. Ich bin da tiefenentspannt.

"Ich sage nur, die heutigen Fertighaus-Anbieter sind nicht mehr mit denen von früher zu vergleichen."

Ach so? Bestehen die aufgeführten Probleme etwa nicht mehr? Hat man im Schallschutz die Gesetze der Physik abgeschafft? Verbaut man etwa nicht mehr fast ausschließlich WDVS? Fangen die etwa nicht mehr an, zu schimmeln und sich mit Wasser vollzusaugen? Vergiftet man unsere Gewässer etwa nicht mehr mit Bioziden, die  aus den Fassaden ausgewaschen werden?

Von der kreuzgefährlichen Brandlast des Polystyrols ganz zu schweigen... Das Thema hab ich ja noch nicht mal angeschnitten

Dagegen spricht grundsätzlich nichts!

Dafür spricht die relativ kurze Bauzeit samt den damit verbundenen finanzliellen Vorteilen im Vergleich zum konventionellen Hausbau.

Ob "Stein auf Stein" oder Fertigbau ist mehr eine Frage der Mentalität als der Qualität eines solchen, wie auch immer gearteten Bauwerks.

Mein Schwiegersohn hat vor ca 15 Jahren ein Fertighaus gebaut und bisher noch keinerlei Probleme damit gehabt.

Vorteile sind natürlich auch, das es schneller gebaut ist und in der Regel auch um einiges billiger ist.

Dazu kommt noch das man bei einem der bekanntesten Fertighausbauer relativ sicher sein kann, das er nicht zwischenzeitlich pleite geht.

Das kommt im privaten Wohnungsbau leider sehr oft vor und der Bauherr bleibt auf den Kosten sitzen.

Trotzdem ersetzen die Ratschläge die von hier kommen, keine ausführlich und professionelle Beratung.

Fertighaus Vorteile:

Wenig bis keine Baufeuchtigkeit; Gute bis sehr gute Wärmedämmung; der eigentliche Aufbau geht schnell 1-2 Tage; Ausbauvarianten sind möglich; keine Einschränkungen bei der Individualität (kostet halt mehr).

Fertighaus Nachteile:

Nachträgliche Änderungen der Elektrik oder der Wasserinstallation ist extrem aufwändig. Nix mit Schlitz stemmen, Leitung rein, verputzen und fertig.

Ein ehemaliger Arbeitskollege hat sich 1998 ein Fertighaus - Vollholz bauen lassen und ist immer zufrieden gewesen (2015). 

PringlesPLZ67  05.09.2017, 12:07

Genau, man sollte sich in den Wänden ein Installationsschacht planen lassen, damit man hinterher auch Kabel nachträglich verlegen kann.

Was die Wasserinstallation angeht, stimme ich zu. Das wird hinterher schwierig.