Darf man fremde Personen ohne deren Erlaubnis Filmen 🎥?

5 Antworten

Hallo AMGTOW,

im Grunde genommen hat RobertLiebling Deine Frage schon beantwortet. Hier noch einmal eine Antwort mit den gesetzlichen Grundlagen:

Das Fotografieren von fremden Personen stellt an sich keine strafbare Handlung dar.

Erst die Verbreitung oder Veröffentlichung solcher Aufnahme stellt eine Straftat nach folgenden Rechtsgrundlagen dar:

§ 22 KunstUrhG

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten. 

und

§ 33 KunstUrhG

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen den §§ 22, 23 ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

Zu beachten ist auch der folgende Paragraph, der die Einwilligung unter gewissen Umständen nicht erforderlich macht.

§ 23 KunstUrhG

(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

  1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
  2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
  3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
  4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

Da aber wie angeführt das reine Fotografieren und Filmen nicht strafbar ist, haben die aufgenommenen Personen

  • weder die Möglichkeit erfolgreich einen Strafantrag zu stellen,
  • weder die Möglichkeit die Löschung der Bilder zu verlangen,
  • weder das Recht zu verlangen, dass hier irgendwelche Speichermedien eingesehen werden.

Zivilrechtlich haben die Gerichte aber entschieden, dass erfolgreich auf Unterlassung von Aufnahmen und Löschung der Bilder geklagt werden kann, wenn die Interessen der aufgenommenen Person die des Besitzers der Bilder überwiegen.

So wurde zum Beispiel der Ex-Freund nach Beziehungsende auf Löschung von Nacktaufnahmen erfolgreich verklagt, da hier die Interessen der Ex-Freundin überwiegen.

In einem anderen Fall wurde ein Nachbar erfolgreich auf Unterlassung weiterer Aufnahmen und Löschung der vorhandenen Aufnahmen verklagt, nachdem dieser seinen Nachbarn auf Schritt und Tritt fotografiert hat.

....

Das reine Fotografieren ist dann nach folgender Rechtsgrundlage verboten, wenn der höchstpersönliche Lebensbereich verletzt wird:

§ 201a StGB - Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,
  2. eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,
  3. eine durch eine Tat nach den Nummern 1 oder 2 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder
  4. eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummern 1 oder 2 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Bildaufnahme, die die Nacktheit einer anderen Person unter achtzehn Jahren zum Gegenstand hat,

  1. herstellt oder anbietet, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen, oder
  2. sich oder einer dritten Person gegen Entgelt verschafft.

(4) Absatz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 3 oder Nummer 4, Absatz 2 und 3 gelten nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen.

(5) Die Bildträger sowie Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.

Aber ich gehe jetzt mal davon aus, dass die Aufnahmen von denen Du sprichst  nicht den Straftatbestand des § 201a StGB erfüllen.

Schöne Grüße
TheGrow

AMGTOW 
Fragesteller
 26.10.2017, 18:56

Somit kann mich niemand anklagen?

vbnm100  26.10.2017, 20:27

Da es hier um Filmaufnahmen (also wohl mit Audio) geht und scheinbar auch entsprechenden Aufnahmen von einzelnen Personen --> wie sehen Sie hier die Anwendbarkeit des § 201 StGB?

Juristisch scheiden sich da ja durchaus teilweise die Geister. 

Bsp. Filmaufnahme einer normalen Polizeikontrolle (kein Ereignis der Zeitgeschichte) und der dabei besprochenen Inhalte zwischen Kontrollierten und Vollzugsbeamten.

TheGrow  27.10.2017, 12:41
@vbnm100

In der Tat können auch Filmaufnahmen den Straftatbestand des § 201 StGB erfüllen.

Aber erstens nur dann, wenn die aufgenomme Person überhaupt in der Aufnahme spricht. Zweitens nur dann, wenn es sich um Worte handelt, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Drittens nur dann wenn man vorsätzlich das nichtöffentlich gesprochene Wort aufnimmt. Wer die gesprochenen Wörter nur zufällig aufnimmt macht sich nicht strafbar.

Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren selbst bei Stellung eines Strafantrages einstellt, wenn kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.

Du darfst in der Öffentlichkeit filmen, solange Du damit nicht den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgelichteten Personen verletzt (§ 201a StGB).

Wo im Einzelfall die Grenze zu ziehen ist, steht nicht im Gesetz. Das muss im konkreten Fall im Zweifel ein Richter entscheiden.

Und in Richtung Stalking sollte das Filmen natürlich auch nicht gehen.

GammaFoto  26.10.2017, 17:42

perfekte und einzig richtige Antwort.

Alles Andere, vor allem von irgendwelchen Leuten die da behaupten man dürfe es generell nicht, was bestimmt noch kommen wird, ist natürlich Quatsch

Lassen wir mal die Paragraphen weg.

Würde es Dir gefallen, wenn man Dich ungefragt filmt? In Großaufnahme?

Ich glaube nicht.

Da es heutzutage kaum Kameras gibt, die das Filmen ohne Tonaufnahme ermöglichen - nein.

Bildaufnahmen (auch Videos) sind erlaubt, es darf aber kein einziges "nichtöffentlich" gesprochenes Wort aufgenommen werden.