betriebsbedingte Kündigung durch AG nach 26 Jahren-wieviel Abfindung steht mir zu?

5 Antworten

Die Kündigungsfrist beträgt, wenn nichts anderes vereinbart ist, nach § 622 Abs. 2 BGB sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Abfindungen werden bei Kündigungsschutzprozessen vom Arbeitsrichter meist in der Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts pro Beschäftigungsjahr festgesetzt. Wenn mehrere Entlassungen anstehen und ein vorhandener Betriebsrat mit der Geschäftsleitung einen Sozialplan verhandelt hat, kann dies auch mehr sein.

Zudem besteht die Möglichkeit, eines Aufhebungsvertrages. Wenn ein AG die lange Kündigungsfrist und/oder einen Kündigungsschutzprozess vermeiden möchte, bietet er evtl. eine höhere Abfindung an.

Soweit nicht anders im Arbeitsvertrag geregelt (es kann festgelegt werden, dass es keine Abfindung gibt) und der Arbeitgeber eine Kündigungserklärung mitliefert, in der ein Anspruch auf Abfindung nach Verstreichen der Klagefrist explizit erwähnt wird, stehen 0,5 Bruttomonatsgehälter pro vollem Jahr Betriebszugehörigkeit zu, insgesamt also 13 Bruttomonatsgehälter. Bei der Berechnung werden Zeiträume mehr als einem halben Jahr Überschuss (also z.B. 25 Jahren und 7 Monaten) wird aufgerundet (im Beispiel dann 26 Jahre).

§ 1a KSchG (1) (Auszug): "Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann."

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

Nach mehr als 20 Jahren Betriebszugehörigkeit ist die maximale gesetzliche Kündigungsfrist von 7 Monaten erreicht.

Wichtig ist aber folgendes:

Erst gilt der Arbeitsvertrag, dann ein eventueller Tarifvertrag. Erst wenn in beiden keine Regelungen zu Kündigungsfristen gibt, greifen die gesetzlichen Kündigungsfristen.

§622 BGB:
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
    1.  zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
    2.  fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
    3.  acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
    4.  zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
    5.  zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
    6.  15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
    7.  20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.
Broco  13.01.2014, 17:04

Ich muss noch etwas ergänzen:

Natürlich darf die vertragliche Kündigungsfrist die gesetzliche oder die tarifliche Kündigungsfrist nicht unterschreiten.

Das heißt, dass ein Passus im Arbeitsvertrag, der einem Arbeitnehmer eine generelle Kündigungsfrist von nur 2 Monaten zugesteht, ungültig ist, wenn dem Arbeitnehmer wie in diesem Fall 7 Monate zustünden.

In diesem Fall greift dann wieder die gesetzliche Frist.

Ausnahme:

Ein Betrieb, in dem weniger als 20 Mitarbeiter beschäftigt sind (Mitarbeiter mit bis zu 20 Wochenstunden zählen dabei nur mit 0,5, Mitarbeiter mit 20-30 Wochenstunden mit 0,75), dürfen kürzere Kündigungsfristen festlegen, die jedoch 4 Wochen nicht unterschreiten dürfen. Das heißt in einem kleinen Betrieb kann die "normale" gesetzliche Kündigungsfrist durchaus unterschritten werden.

SaschaK1971  30.01.2015, 22:32

Hallo Bronco, Deine Aussage, das die Jahre vor dem 25. Lebensjahr zur Betriebszugehörigkeit nicht zugezählt werden, ist falsch:

In der Vergangenheit wurden nach dem Gesetzeswortlaut des § 622 BGB zur Ermittlung des Umfangs der Betriebszugehörigkeit jedoch nur die Arbeitsjahre berücksichtigt, die beginnend mit Vollendung des 25. Lebensjahres erworben wurden.

Damit fielen altersbedingt in der Regel auch die Zeiten der im selben Betrieb absolvierten Berufsausbildung völlig unter den Tisch.

Entgegen dem Gesetzeswortlauft des § 622 BGB sind aber inzwischen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. Januar 2010 für die Ermittlung der Betriebszugehörigkeit auch die Jahre anzurechnen, die vor dem 25. Lebensjahr erworben wurden.

Darunter fällt auch die Ausbildungszeit, sofern die Ausbildung in demselben Betrieb erfolgte!

Ergo wird jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit gezählt. Egal ob Ausbildungsjahr oder Erziehungszeit. Es zählt die reine Betriebszugehörigkeit. Die Ausbildungszeiten werden genauso behandelt wie die Gesellenjahre, wenn die Ausbildung im gleichen Betrieb absolviert wurde.

Nach § 622 Abs.:2 BGB beträgt die Kündigungsfrist bei der Kündigung durch den Arbeitgeber ,wenn das Arbeitsverhältnis 20 Jahre und länger bestanden hat,sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats,es sei denn es ist ein anwendbarer Tarifvertrag mit anderslautenden Kündigungsfristen zu berücksichtigen.

Die Höhe einer zu vereinbarenden Abfindung dürfte eine Verhandlungssache sein,wobei die Arbeitsgerichte in der Regel bei Kündigungsschutzklagen von einem halben Monatsgehalt für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit ausgehen.

Die Gerichte entscheiden regelmäßig auf 1/2 Monatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit.

Frage deinen Betriebsrat, wenn ihr denn einen habt.