Anklageschrift gegen mich! Die Frist von 10 Tagen gegen einhebung ist morgen abgelaufen?

4 Antworten

Du solltest dir keine zu großen Sorgen machen!

Zunächst muss man verstehen, was überhaupt passiert ist. Ein Strafverfahren läuft im Normalfall in drei Phasen ab: Die erste Phase hast du bereits hinter dir: Das Ermittlungsverfahren. Im Ermittlungsverfahren ermittelt die Staatsanwaltschaft (und für sie die Polizei), was vorgefallen ist. Am Ende des Ermittlungsverfahrens steht eine Enscheidung der Staatsanwaltschaft: Einstellung des Verfahrens oder Anklageerhebung (oder unter Umständen auch ein Strafbefehl).

Wenn die Staatsanwaltschaft sich entscheidet, Anklage zu erheben, beginnt das Zwischenverfahren mit Erhebung der Anklage. Hier befindest sich dein Fall zur Zeit. Im Ermittlungsverfahren prüft das Gericht, ob der Angeschuldigte hinreichend verdächtig erscheint, also ob eine Verurteilung nach den bisherigen Umständen wahrscheinlicher als ein Freispruch erscheint. Es ist sozusagen eine Vorprüfung, bei der noch nicht wie im späteren Hauptverfahren alles bis ins Detail geprüft wird. Diese Vorprüfung soll den Angeschuldigten bei unberechtigter Anklageerhebung vor einem Hauptverfahren gegen ihn schützen, das mit Unannehmlichkeiten verbunden ist.

Aus diesem Grund muss das Gericht dem Angeschuldigten die Möglichkeit geben, sich zu dem Vorwurf zu äußern, § 201 StPO. Der Angeschuldigte muss sich dazu nicht äußern, aber kann so schon bevor das Hauptverfahren startet, die Vorwürfe gegen sich entkräftigen und so unter Umständen erreichen, dass das Hauptverfahren nicht eröffnet, sondern die Sache eingestellt wird.

Wenn du dich nicht äußerst, wird in der Regel das Hauptverfahren eröffnet. Zum Hauptverfahren gehört auch die Hauptverhandlung, bei der dann in einer Gerichtsverhandlung dein Fall verhandelt wird. Erst hier kannst du verurteilt werden - vorher passiert nichts! Das bedeutet: Auch wenn der Anzeigeerstatter (der dann in der Hauptverhandlung als Zeuge gehört wird) erst in der Hauptverhandlung oder auch außerhalb der Hauptverhandlung aber während des Hauptverfahrens das Gegenteil von dem in seiner Anzeige Behaupteten sagt, wird das wohl dazu führen, dass du freigesprochen werden wirst.

Natürlich ist es unangenehm, wenn das Hauptverfahren eröffnet wird. Aber du kannst das eventuell noch verhindern. Und zwar durch folgende zwei Dinge:

1) Unabhängig davon, was der Anzeigeerstatter macht, kannst du dem Gericht bis morgen mitteilen, was du für Einwände gegen die Eröffnung hast. Du kannst und solltest dem Gericht dabei auch mitteilen, dass der Anzeigeerstatter mittlerweile ebenfalls das Gegenteil von dem behauptet, was er damals angezeigt hat. Vielleicht wird das das Gericht dazu bringen, bevor es das Hauptverfahren eröffnet, zunächst den Anzeigeerstatter dazu zu vernehmen.

2) Du solltest dem Anzeigeerstatter ins Gewissen reden: Wenn er eine falsche Anzeige erstattet hat, kann das für dich bedeuten, dass du Unanehmlichkeiten eines strafrechtlichen Hauptverfahrens erdulden musst. Außerdem kann seine falsche Anzeige unter Umständen strafbar sein (vgl. § 164 StGB). Wenn er leichtfertig oder sogar vorsätzlich eine unwahre Anzeige erstattet hat, können ihm die dadurch entstandenen Kosten auferlegt werden (§ 469 StPO); diese werden natürlich durch die Hauptverhandlung noch größer.

Folgendes ist allerdings zu beachten:

  • Eine Anzeige kann nicht "zurückgezogen" werden. Entweder es liegt ein Offizialdelikt vor, das die Staatsanwaltschaft verfolgen und anklagen muss, wenn sie davon erfährt. Da kann der Anzeigeerstatter nichts gegen tun. Er kann höchstens noch einmal aussagen und damit seine Aussage beim Anzeigeerstatten richtig rücken. Wenn der Anzeigeerstatter aber bloß auf einmal nicht mehr möchte, dass du strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wirst, dann habt ihr Pech gehabt - sowas geht nicht. Nicht der Anzeigeerstatter hat zu entscheiden, ob die Sache verfolgt und eventuell bestraft wirst oder nicht, sondern allein die Staatsanwaltschaft (bzgl. der Verfolgung) und das Gericht (bzgl. der Bestrafung).
  • Wenn hier kein Offizialdelikt, sondern ein sogenanntes Antragsdelikt vorliegt, sieht die Sache anders aus. Bei Antragsdelikten (zB Beleidigung, Sachbeschädigung) wird nur dann ermittelt, wenn ein Strafantrag des Opfers vorliegt. Dieser kann jederzeit zurückgezogen werden - und damit entfällt eine Prozessvoraussetzung, sodass das Verfahren eingestellt werden muss. Das kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens noch geschehen (§ 206a StPO).

Also: Was du dem Gericht bis morgen erwidern kannst, ist nicht Sache des Anzeigeerstatters, sondern allein deine. Du solltest dich daher heute noch dazu äußern und die Sache aus deiner Sicht darstellen. Wenn du dich allerdings tatsächlich strafbar gemacht hast (und die Sache ein Offzialdelikt ist), dann bringt auch das "Zurückziehen der Anzeige" nichts. Denn erstens ist das nicht möglich, und zweitens müsste der Anzeigeerstatter dann ja lügen, indem er erzählt, seine Anzeige war damals falsch.

Dann hast du pech gehabt. Die Klageschrift ist somit dann durch.

Aber du hast ja heute noch Zeit darauf zu reagieren.

wenn es ein Offizialdelikt ist, nützt das Zurücknehmen der Anzeige sowiso nichts ...

Tja.. zu spät zu spät. Zu spääät..

Warum,w enn er das wirklich will, macht er es nicht fristgerecht?