Warum darf man in Deutschland den Holocaust nicht leugnen?

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Hi,

aus rein rechtlicher Sicht ist die Frage interessanter, als es viele hier wahrhaben wollen. Ein bloßer Verweis auf Art. 5 II GG ist in diesem Fall völlig unzulänglich, denn wer sich etwas mehr mit der Materie auskennt, der weiß, ein Gesetz kann der MF nur dann Grenzen setzen, wenn es "allgemein" ist.

Ein allgemeines Gesetz liegt. u.A. nur dann vor, wenn es keine spezifische Meinung verbietet. Das tut § 130 StGB jedoch in bestimmten Teilen seiner Norm, indem er NS-Meinungsäußerungen verbietet (etwa Holocaustleugnung). Eigentlich ist ein Gesetz, dass speziell die Holocaustleugnung strafbar macht, daher verfassungswidrig, denn es liegt Sonderrecht vor, welches mit Art. 5 I GG unvereinbar ist. Das BVerfG hat in diesem einzelnen Ausnahmefall jedoch das Sonderrecht in § 130 StGB für mit Art. 5 I, II GG vereinbar erklärt. Grund hierfür ist die Unvergleichbarkeit der Äußerung mit anderen. Der weitere Hintergrund ist sicher, dass Deutschland in seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus immer ein ganz besonderes sieht und sich zu diesem maximal distanziert. Das kann z.B. auch bei Art. 1 I GG und auch Art. 2 I GG (sowie an anderen Stellen der Verfassung) gesehen werden, welche ihre Stelle an der Spitze der Verfassung erhalten haben, um klarzustellen, dass diese Rechte - welche zur Zeit des NS mit füßen getreten wurden - unsere obersten Werte sind.

Das hätte man auch gut Zehn mal länger beschreiben können, aber da fehlt mir gerade die Zeit für. Ich denke es ist etwas klarer geworden und hoffe, dass ich etwas helfen konnte.

Viele Grüße, JS

Natürlich ist es in Deutschland nicht grundsätzlich verboten, den Holocaust zu leugnen! Es macht wenig Sinn, solchen Unsinn immer wieder zu verbreiten. Wir haben in Deutschland Meinungsfreiheit, und wer so dumm und ungebildet ist, dass er einen solchen Unsinn ernsthaft behaupten will, dem ist ohnehin kaum zu helfen! Er mag in seinem Wahn verharren und mit den gesellschaftlichen Konsequenzen leben.

Mangelhafte Bildung, auch Bildungsunwille und Dummheit, wie grenzenlos sie auch sein mag, sind in Deutschland allein nicht strafbar. Strafbar ist die Holocaustleugnung nur dann, wenn sie öffentlich, sei es in Wort und/oder Schrift, in einer Art und Weise erfolgt, "die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören." So sieht es das Strafgesetzbuch in § 130 vor. Es ist also nicht die Leugnung des Holocaust an sich, sondern eine damit verbundene Volksverhetzung zu bestrafen.

MfG   

Arnold                    





Wenn es gestern mit Gewitter, Blitz und Regen gestürmt hat, dann stellst du dich heute doch auch nicht hin und sagst: gestern war total schönes Wetter.

Und zwar egal, wo auf der Welt das passiert ist, ob in Deutschland oder sonstwo.

Philippus1990 
Fragesteller
 11.06.2016, 14:24

Und wenn ich der Überzeugung bin, dass es gestern nicht "mit Gewitter, Blitz und Regen gestürmt hat" muss ich dafür bestraft werden? 

SchIaufuchs  11.06.2016, 14:46
@Philippus1990

Wir werden darüber beraten und dich dann mit der Entscheidung einbestellen.

Hier einige Infos von Onkel wiki geklaut. Daraus ergibt sich die Strafbarkeit bei uns in Deutschland.

Völkerrecht

Der Europarat verabschiedete 2003 das Additional Protocol to the Convention on Cyber Crime[1]
betreffs der Kriminalisierung von Handlungen rassistischer oder
ausländerfeindlicher Art mittels Computersystemen. Darin befasst sich
Artikel 6 mit „Leugnung, grober Verharmlosung, Zustimmung oder
Rechtfertigung von Genoziden oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Das Protokoll hat keinen Gesetzesstatus. Seit 2008 sind die
EU-Mitgliedsländer per Rahmenbeschluss verpflichtet, „das öffentliche
Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen
gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ unter Strafandrohung zu
stellen, wenn diese Verbrechen „nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe,
Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft“ begangen
wurden.[2]

Im Zuge der internationalen Budapester Konvention 2001 gegen Internetkriminalität wurden entsprechende Inhalte auf Wunsch der Vereinigten Staaten, die auf Meinungsfreiheit verwiesen, explizit ausgespart.

§ 130 Strafgesetzbuch: Volksverhetzung (1985, Ergänzungen 1992, 2002 und 2005)

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, 1. zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder 2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (…)

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird
bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches
bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen
Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet
oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird
bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen
Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört,
dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft
billigt, verherrlicht oder rechtfertigt. (…)

§ 189 Strafgesetzbuch: Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (1985, ergänzt 1992)

Wer das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 194 Strafgesetzbuch: Strafantrag

(1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. Ist die Tat durch
Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift (§ 11
Abs. 3), in einer Versammlung oder durch eine Darbietung im Rundfunk
begangen, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verletzte als
Angehöriger einer Gruppe unter der nationalsozialistischen oder einer
anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verfolgt wurde, diese Gruppe Teil
der Bevölkerung ist und die Beleidigung mit dieser Verfolgung
zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden,
wenn der Verletzte widerspricht. Der Widerspruch kann nicht
zurückgenommen werden. Stirbt der Verletzte, so gehen das Antragsrecht
und das Widerspruchsrecht auf die in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen über.

(2) Ist das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, so steht das Antragsrecht den in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen zu. Ist die Tat durch Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift (§ 11
Abs. 3), in einer Versammlung oder durch eine Darbietung im Rundfunk
begangen, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verstorbene
sein Leben als Opfer der nationalsozialistischen oder einer anderen
Gewalt- und Willkürherrschaft verloren hat und die Verunglimpfung damit
zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden,
wenn ein Antragsberechtigter der Verfolgung widerspricht. Der
Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden. (…)

EU Richtlinie zur Bekämpfung von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit (2007)

CNS/2001/0270

Das folgende vorsätzliche Handeln wird demnächst in allen EU-Mitgliedstaaten straffähig :

Öffentliche Aufreizung zu Gewalt und Hass, auch durch Verbreitung und
Vertrieb von Traktaten, Bildern oder anderem Material, der sich gegen
eine Gruppe von Personen oder ein Mitglied einer solchen Gruppe
definiert durch Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale
oder ethnische Zugehörigkeit richtet; „öffentliche Duldung, Leugnung
oder massive Trivialisierung von Genozid-Verbrechen, Verbrechen gegen
die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ wie sie im Statut des
Internationalen Strafgerichtshofes (Artikel 6, 7 und 8) festgelegt sind
und welche sich gegen eine Gruppe von Personen oder ein Mitglied einer
solchen Gruppe definiert durch Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung
oder nationale oder ethnische Zugehörigkeit richtet sowie Verbrechen,
definiert vom Nürnberger Gerichtshof (Art. 6 der Charta des
Internationalen Militärtribunals, Londoner Abkommen 1945) welche sich
gegen eine Gruppe von Personen oder ein Mitglied einer solchen Gruppe
definiert durch Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale
oder ethnische Zugehörigkeit, Verbrechen richtet.

Die Mitgliedstaaten dürfen wählen, ob das Verhalten im Sinne einer
Störung der öffentlichen Ordnung, einer Bedrohung, eines Missbrauchs
oder einer Beleidigung zu bestrafen ist.

Der Bezug zu Religion ist abzudecken, mindestens aber ein Verhalten
welches als Vorlage für Leittaten gegen eine Gruppe von Personen oder
ein Mitglied einer solchen Gruppe definiert durch Rasse, Hautfarbe,
Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Zugehörigkeit ist.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Handlungen mit maximal 1
bis 3 Jahren Gefängnis strafbar sind.

Philippus1990 
Fragesteller
 11.06.2016, 14:37

Aber nicht das "warum".

kasalla99  11.06.2016, 14:39
@Philippus1990

Warum darf ich den Holocaust nicht leugnen?
- Weil ich andernfalls wegen der vielen Paragraphen da oben bestraft werde. Natürlich kann ich den Holocaust dennoch leugnen und die strafrechtlichen Konsequenzen tragen.

Reicht das für das warum?

SchIaufuchs  11.06.2016, 15:01
@kasalla99

Aber er möchte doch so gern immer mal wieder darüber schwätzen. Immer nochmal ausprobieren, ob er nicht irgendeinen zynischen Mist zu seiner Obsession für die Nazis loswerden kann. Das ist ja eine der Nazitaktiken, die Anmutungs-Testung im Netz: Was lassen die Leute und die Foren (vor allem) sich bieten an Nazi-Sprachverrohung und -Sülze.