Kann ich meine unbezahlten Fahrzeiten nachträglich einklagen?

2 Antworten

Nein, das ist überhaupt nicht legal. Wenn du selbst am Steuer sitzt, ist das wie Arbeitszeit zu bewerten und somit zu bezahlen, außerdem ist spätestens nach 10 Stunden Schicht im Schacht. Reine Reisezeit (also wenn du nur daneben sitzt) wäre was anderes, die muss der Arbeitgeber nicht bezahlen. Die Frage ist, willst du noch länger dort arbeiten oder nicht? Wenn nicht, such dir was anderes, wenn du was hast, dann kündige und klage. Wenn du klagst, wirst du nämlich nicht mehr wirklich froh werden bei deiner Firma... Auf Klagen reagieren so Chefs nämlich meistens sehr verschnupft, egal wie berechtigt die Klage war. Habt ihr nen Betriebsrat? Vielleicht kann ja der auch mal auf den Chef zugehen und ihn auf das Arbeitszeitgesetz aufmerksam machen. Ansonsten kann ein anonymer Hinweis an das Gewerbeaufsichtsamt auch nützlich sein... Lass dich am besten mal beim Anwalt beraten und schreib dir genau die Stunden auf, die du gefahren bist und die du gearbeitet hast.

123KOENIG 
Fragesteller
 03.08.2013, 11:36

Meine Fahrzeiten sind auf meiner Fahrerkarte dokumentiert und somit amtlich belegt.

SpookyAngie  04.08.2013, 11:11
@123KOENIG

Und die Arbeitszeiten? Wie werden die notiert? Am besten erkundigst du dich wirklich mal bei nem Anwalt (Fachrichtung Arbeitsrecht), welche Möglichkeiten er sieht, ohne gleich mit der Klage-Keule zu kommen. Vielleicht kann auch er das Gewerbeaufsichtsamt informieren, dass da bei euch Arbeitszeit-technisch was absolut nicht ok ist. Denn allein die Arbeitszeit von ca 8:00 bis 19:30 ist zu viel (max. 10h plus 45 min Pause, also maximal 10:45h Anwesenheitszeit auf der Baustelle)

Ist meine Situation überhaubt "legal"???

Das ist alles andere als "legal". Deine Arbeitszeit beginnt, wenn Du in der Firma bist. Lade- und Fahrzeit ist Arbeitszeit. Ebenso die Rückfahrt, wenn Du zuerst in die Firma fährst und dann nach Hause. Diese Zeiten müssen als Arbeitszeit berechnet und bezahlt werden.

Wenn Du bis 19.30 Uhr arbeitest, dann zurück fährst und um 3 oder 4 Uhr wieder im Betrieb bist, wann schläftst Du?

Die werktägliche Arbeitszeit darf nach § 3 Arbeitszeitgesetz acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Das bedeutet, dass Du max. 60 Wochenstunden arbeiten darfst (Samstag ist Werktag) und ein Durchschnitt von max. 48 Wochenstunden erreicht werden muss.

Es liegt auch ein Verstoß gegen den § 5 ArbZG vor. Dieser sagt im Abs. 1: Die AN müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.

Solltest Du einmal einen Arbeits- oder Wegeunfall haben oder es gibt eine Kontrolle der Arbeitszeiten, hat Dein AG ein massives Problem. Sowohl mit der Berufsgenossenschaft als auch mit dem Gewerbeaufsichtsamt.

123KOENIG 
Fragesteller
 03.08.2013, 06:00

Das beispiel war eine typische Montagsituation. Ich muss dann nichtmehr zurückfahren, sondern ins Hotel in der Nähe. Gibts evtl. eine Möglichkeit, in einem freundlichen Gespräch mit meinem Boss etwas Druck auszuüben?

Hexle2  03.08.2013, 07:06
@123KOENIG

Ich kann Dir mal was aus dem Arbeitsrechtkommentar von Prof. Dr. Peter Wedde zum Arbeitszeitgesetz § 2 Begriffsbestimmung schreiben:

"Grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit im Sinne von § 1 gehören Wegezeiten der AN zwischen Wohnung und Betrieb. Zur Arbeitszeit gehören hingegen Wegezeiten zwischen Betrieb des AG und anderen Arbeitsstellen (BayOLG 23.3.1992, NZA 92,811).

Unter Arbeitszeit ist jede Tätigkeit zu verstehen, die der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient. Zur Arbeitszeit im Sinne von Abs. 1 gehören auch Vor- und Abschlussarbeiten oder andere Tätigkeiten die durch die Organisation des AG veranlasst sind. Die Arbeitszeit beginnt und endet im Regelfall am Eingang des Betriebs. Auch die Zeiten der vom AG durchgeführten Beförderung zu bestimmten Betriebsstätten oder auswärtigen Arbeitsorten sind Arbeitszeit.

Dein AG wird doch wohl nicht ernsthaft behaupten wollen, dass Ladungs- und Fahrtätigkeiten keine Arbeitszeit sind. Sollte wirklich mal auf der Baustelle etwas passieren muss er es glauben und dann wird es teuer und unangenehm

tiger2621  14.11.2013, 18:40
@Hexle2

Zählt das auch wenn man in der Kolone Fährt bzw als Beifahrer

"Grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit im Sinne von § 1 gehören Wegezeiten der AN zwischen Wohnung und Betrieb. Zur Arbeitszeit gehören hingegen Wegezeiten zwischen Betrieb des AG und anderen Arbeitsstellen (BayOLG 23.3.1992, NZA 92,811).