Darf der AG nach belieben abmahnen?

6 Antworten

Es liegt im Ermessen des Betriebs wann er eine Abmahnung erteilt und wann nicht. Es ist nicht wie beim Fußbalschiedsrichter, wo jeder möglichst gleich bestraft werden sollte.

Ein Betrieb darf bei gleichem Sachverhalt durchaus Unterschiede machen. Entscheidend ist, ob der Sachverhalt im jeweiligen Fall eine Abmahnung rechtfertigt. Wenn das der Fall ist, kannst du dich nicht darauf berufen, dass ein anderer Kollege keine Abmahnung bekommen hat.

Ob das im Sinne des Betriebsfriedens in Ordnung ist, ist eine andere Frage.

Weiterhin ist festzustellen, dass ein Betrieb sehr wohl daraf achten muss, dass die Sicherheitsvorschriften einzuhalten sind. Sollte sich mal nach einem Unfall herausstellen, dass der Betrieb Verstöße zu lasch behandelt hat, kann er dadurch eventuell Probleme kriegen.

Und letztlich sollte man bedenken, dass eine Abmahnung in diesem Fall ja nicht eine Schikane ist, sondern die Einhaltung der Vorschriften der eigenen Sicherheit dient. Lieber eine Abmahnung und danach die Vorschriften beachtet, als später mal eine Delle im Kopf.

Einer Abmahnung muss ein begründeter und ausreichender Verstoss des AN vorleigen. In deinem Beispiel mit dem Helm, kann der AG seinen AN abmahnen , so sich dieser der Helmpflicht widersetzt. Man kann Helme so tragen, dass die beim Bücken nicht vom Kopf fallen. Dafür gibt es Einstellmöglichkeiten am Helm. Schwitzen im Sommer unter einem Helm ist hinlänglich bekannt und unangenehm. Die Berufsgenossenschaft schreibt vor, dass auf der Baustelle Helmpflicht während der gesamten Arbeitszeit, besteht.Auch der AG hat sich daran zu halten und darf diese Vorschrift nicht unterschiedlich beurteilen. Den einen abmahnen und es bei dem anderen dulden. Das geht gar nicht.

Entsprechend den Vorgaben des Arbeitsschutzgeseztes sind die Arbeitnehmer zur Mitwirkung beim Arbeitsschutz verpflichtet:

§ 15 Pflichten der Beschäftigten


(1) Die Beschäftigten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. Entsprechend Satz 1 haben die Beschäftigten auch für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind.

(2) Im Rahmen des Absatzes 1haben die Beschäftigten insbesondere Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Arbeitsstoffe, Transportmittel und sonstige Arbeitsmittel sowie Schutzvorrichtungen und die ihnen zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß zu verwenden.

Wird dagegen verstoßen ist eine Abmahnung arbeitsrechtlich gerechtfertigt.

Ob und welche persönliche Schutzausrüstung (PSA) getragen werden muss gibt die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes vor.

Bei gleicher Tätigkeit am gleichen Arbeitsplatz sollten die Arbeitgeber die Gefährdungen gleich bzw. sehr ähnlich beurteilen. Gibt es hier Unterschiede ist die Gefährdungsbeurteilung nicht angemessen durchgeführt.



Ontario  19.09.2016, 09:41

ZUudeinem letzten Satz. AG sollen Gefährdungen gleich bzw. ähnlich beurteilen ? Wenn es um die Helmpflicht geht, welche der Fragesteller anführt, gibt es keine gleiche oder ähnliche Beurteilung. Helmpflicht ist Helmpflicht und die gilt ausnahmslos für Alle auf einer Baustelle. Da sind ähnliche Beurteilungen nicht angebracht. Wenn in einer Gefährdungsbeurteilung stehen würde, dass der eine einen Helm tragen muss, der andere nicht, würde das keinen Sinn machen. Ausnahme von der Hempflicht befreit zu sein, wäre ein ärztliches Attest, welches der Betroffene zum Nachweis immer bei sich mitführen muss. Kommt es zu einem Unfall auf der Baustelle bei einer Person die wegen fehlendem Tragen eines Helmes, schwere Kopfverletzungen erleidet, dann bekommt der AG ein Problem mit der Berufsgenossenschaft. Deshalb sind Unterweisungen hilfreich, die auch die Pflicht über das Tragen eines Helmes beinhalten und die von den Unterwiesenen unterschriftlich zu bestätigen sind.

phoenix69x  19.09.2016, 10:30
@Ontario

Übrigens sind Unterweisung nicht nur hilfreich sondern arbeitsschutzrechtlich vorgeschrieben:

§ 12 ArbSchG – Unterweisung

(1)
Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten über Sicherheit und
Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend
und angemessen zu  unterweisen.  Die Unterweisung umfasst
Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den 
Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind. Die Unterweisung
muss bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, der
Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme
der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die Unterweisung muss an die Gefährdungsentwicklung angepasst sein und erforderlichenfalls regelmäßig wiederholt werden.

Alle müssten dafür abemahnt werden, wenn sie sich der Helmpflicht widersetzen.

Aber: ehe man abmahnt, muss man erst ermahnen. Ermahnen bedeutet zu sagen und später zu schreiben: "du arfst das nicht, weil...".

Wenn man mehrmals ermahnt wurde, darf man abgemahnt werden.

jarro 
Fragesteller
 18.09.2016, 17:43

woher weisst du ????

Gestiefelte  18.09.2016, 17:45
@jarro

Oh, habe selber schon Ermahungen ausgesprochen und eine geschrieben. Das sagte mir alles meine Personalabteilung.

Im normalen Arbeitsleben macht man das selten. Wir wollten damals den MA jedoch los werden. Da braucht man eben Gründe und alles muss dokumentiert werden. So fängt man eben an...

Familiengerd  19.09.2016, 14:57

Wenn man mehrmals ermahnt wurde, darf man abgemahnt werden.

Es ist falsch, dass eine vorherige Ermahnung Voraussetzung für eine Abmahnung sei!

Gestiefelte  19.09.2016, 17:24
@Familiengerd

Hat mir die Rechtsabteilung bei uns so gesagt.

Familiengerd  19.09.2016, 17:51
@Gestiefelte

Dann hat Dir die Rechtsabteilung etwas Falsches gesagt (was ich sehr verwunderlich finde)!

Ermahnung und Abmahnung sind völlig unabhängig von einander.

Eine Ermahnung ist das mildere Mittel, wenn der Arbeitgeber ein Fehlverhalten rügt, ohne für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Mittel bis hin zur Kündigung androhen zu wollen. Sie enthält diesbezüglich also keine Warnfunktion, auch wenn sie den Arbeitgeber künftig zur Vermeidung weiteren Fehlverhaltens anhalten soll.

Die Abmahnung fordert den Arbeitnehmer (wie umgekehrt den Arbeitgeber auch) unter Androhung arbeitsrechtlicher Schritte bis hin zur Kündigung auf, das genau bezeichnete Fehlverhalten nicht zu wiederholen; das besondere Merkmal ist hier also die Warnfunktion vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen im Wiederholungsfall.

In der Regel setzt eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung voraus, dass der Arbeitnehmer deswegen bereits einmal abgemahnt worden ist. Mit einer Ermahnung ist diese Voraussetzung nicht gegeben.

Ob und wen der AG abmahnt oder nicht, ist seine Entscheidung. Solange die ganze Abmahnung an sich berechtigt ist, kann man nicht damit argumentieren das andere nicht abgemahnt wurden.

Man könnte natürlich dem AG eins auswischen und der Berufsgenossenschaft, über diese geduldeten Arbeitssicherheitsverstöße mal einen Tip geben.