Atomkraftwerk! Kühlungswasser! wie viel und wie warm?

5 Antworten

Für jeden Kernkraftwerksstandort, auch für jeden einzelnen Reaktorblock gibt es unterschiedliche Vorschriften auf Basis verschiedener Gegebenheiten. Dazu zählen unter anderem die vorhandenen Wassermengen, die Abflussgeschwindigkeit des Flusses oder eben die Zirkulation bei natürlichen Seen. Man kann ja mal ein Fallbeispiel nennen:

Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg braucht pro Sekunde etwa 63,9 Kubikmeter Wasser. Maximal darf der Block die Tempertaur des Kühlwassers um 10 °C erwärmen. Im Schnitt hat das Wasser während des Sommers eine Temperatur von 22 °C, sodass es maximal auf 32 °C erwärmt werden dürfte, liegt die Temperatur des zugeführten Wassers höher, verändert sich der Maximalwert von 10 °C allerdings nicht. Es gibt hierfür eine Temperaturobergrenze, die meist so bei 38 °C liegt. Würde der Fluss stärker erwärmt werden, denn müsste der Block vom Netz, bis die Temperaturen wieder fallen. Bereits vor Erreichen der Maximaltemperatur müsste der entspr. normalerweise schon mit gedrosselter Leistung fahren. im Gegensatz zu den Altanlagen, die mittlerweile vom Netz sind, sind die Anlagen die heute noch in Betrieb sind aber so effizient ausgelegt worden, dass diese Werte nicht erreicht werden. Meistens dienen Kühltürme als effektive Hilfen oder eben bereits zuvor projektierte Expertisen.

Ein interessantes Konzept hat Russland am Kernkraftwerk Kudankulam angelegt. Dort entnimmt ein Offshore-Kühlsee (siehe hier in Google Maps: https://maps.google.de/maps?ll=8.159773,77.713441&spn=0.01,0.01&t=h&q=8.159773,77.713441%28Kernkraftwerk%C2%A0Kudankulam%29 ) nicht das Oberflächenwasser, sondern das kältere Tiefenwasser und speichert es. Dieses wird anschließend unter Wasser zu den Blöcken geleitet und dort erwärmt. Tatsächlich steigert es nicht nur die Effizienz der Blöcke (höhere Unterdruck in den Kondensatoren führt zu einer größeren Wirkleistung des Sekundärkreislaufes) sondern es wird auch erreicht, dass das Kühlwasser, dass aus den Blöcken heraus kommt, immer noch unter der Temperatur des Oberflächenwassers liegt. Dadurch verhindert man einerseits eine thermische Verschmutzung, andererseits kann der Block dadurch ohne Leistungsdrosselung oder Erreichen der vorgegebenen Grenztemperaturen auf Volllast bleiben. Das Projekt ist leider bisher einzigartig, wird aber wohl zukünftig seitens Russland an Meeren öfter realisiert werden.

ocin1  24.10.2013, 08:46

Sehr interessant, die Sache mit dem KKW Kudankulam :-)

Dazu kenne ich leider keine einschlägigen Vorschriften. Deine Frage hat aber zunächst nichts mit Atomkraftwerken speziell zu tun. Die Frage sollte deshalb heißen: "Zulässige Temperaturen bei Kühlwasserausleitungen von Wärmekraftwerken?" Aber selbst so geht die Frage etwas an der Sache vorbei:

Wozu sollten allgemeine Temperaturbegrenzungen beim Kühlwasser überhaupt taugen? Entscheidend ist hier schon eher die erzielte Mischtemperatur im Fluss, mithin die Wärmebelastung des Gewässers. Mit steigender Flusswassertemperatur sinkt der Sauerstoffgehalt für die Fische. Und die Flusswassertemperatur ist dann nicht nur von der Kühlwassertemperatur abhängig, sondern genauso von der Kühlwassermenge pro Zeiteinheit, der Flusswassermenge pro Zeiteinheit sowie der aktuellen Temperatur des zugeführten Flusswassers. Und die ökologischen Folgen ergeben sich erst wieder aus den Besonderheiten des lokalen Biotops. Da wird man vermutlich unter Berücksichtigung aller Umstände in jedem Einzelfall eine zweckmäßige Lösung anstreben.

dompfeifer  17.10.2013, 14:31

Für eine allgemeine Wassermengen-Begrenzung bei der Flusswasserumleitung durch den Kühlwasserkreislauf des Wärmekraftwerkes sehe ich auch keine Veranlassung. Im theoretischen Grenzfall ist der Fluss über einige Meter trocken gelegt. Das wird man wohl zu verhindern wissen. Da ergibt sich die Grenze aus der Größe des Flusses (Wassermenge pro Zeiteinheit).

Hej NatasjaLaluna,

die maximale Temperatur, die ein Gewässer infolge einer Kühlwassereinleitung erreichendarf, sowie die maximale Aufwärmspanne des Kühlwassers - d. h. um wieviel Kelvin ("Grad") darf das Wasser bei der Passage des Kühlwassersystems erwärmt werden - ist in der EG-Süßwasserrichtlinie festgelegt.

eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:264:0020:0031:DE:PDF

Im folgenden Link findest Du die wichtigsten Aussagen dieses Gesetzes in Kap. 2.2 kürzer und ggf. verständlicher dargestellt:

http://193.101.67.115/UmweltLandwirtschaft/DE/WasserMeer/04_FluesseBaeche/03_Messprogramme/01_Waermelastplan/pdf/Waermelastplan__blob=publicationFile.pdf

Du siehst, dass es auch Anforderungen bzgl. des Sauerstoffgehaltes gibt.

Diese Vorgaben gelten allerdings nur für beantragte Neubauten. In den wasserrechtlichen Genehmigungen bestehender Anlagen finden sich andere oder gar keine Grenzwerte.

Zur Kühlwasserentnahmemenge gibt es keine Vorschriften. Für das Vattenfall-Kraftwerk Moorburg an der Süderelbe im Hamburger Hafen wurden z. B. bis zu 64,4 m³/s genehmigt. Das entspricht ca. 15 % des langjährigen Mittels des Oberwasserabflusses.

Dass das nicht vetretbar ist, entschied das Hamburger OVG am 18.01.2013, zumal das Kraftwerk auch mit einem vorhandenen Hybridkühlturm betrieben werden kann, der nur ca. 1 m³/s benötigt.

justiz.hamburg.de/contentblob/3901408/data/5e11-08.pdf

Liebe Grüße

Achim

Das ist meines wissens nach nicht einheitlich geregelt. Es hängt auch von den lokalen Gegebeneheiten ab. Meist gibt es Regelungen, dass das Wasser nur um soundso viel Grad erwärmt werden darf oder ein gewisser Grenzwert nicht überschritten werden darf.

Die Flüsse dürfen zum Teil auf 28°C oder sogar 30°C aufegwärmt werden (im Sommer). Zu Zeiten besonderer Hitze müssen die Kraftwerke zum Teil runter gefahren werden, weil sie ihr Kühlwasser nicht mehr in den Fluss leitendürfen.

Das ist für jeden Kraftwerks-Standort, übrigens auch für alle Verbrennungskarftwerke, separat geregelt.

Schau Dir mal die folgenden Quellen an, dann bekommst Du einen guten Überblick:

http://www9.landtag-bw.de/wp14/drucksachen/5000/14_5030_d.pdf

100-gute-antworten.de/hga-017/