Warum glauben Muslime, dass Beschneidung Pflicht ist, obwohl sie im Koran nicht erwähnt wird und in den Hadithen auch nicht als Pflicht (nur als Tradition)?

10 Antworten

Weil da kulturelle Vorstellungen von "Reinheit" eine viel größere Rolle spielen als sich viele eingestehen wollen. Im Koran steht auch, dass Frau und Mann (!) jungfräulich in die Ehe gehen müssen und wie sieht es in der Realität aus? Die Männer daten schon mit 15 deutsche Mädels und die Frauen dürfen mit 20 immer noch nicht flirten. Ausnahmen bestätigen die Regel. Auch hier geht es darum, dass eine Frau rein und unschuldig sein soll. Mehr Kultur als Religion.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Als Erwachsener beschnitten worden

Meines Wissens gilt die weibliche "Beschneidung" als Tradition, während die männliche Beschneidung als Pflicht gilt. Da sind sich die meisten Gelehrten nun mal einig. Und wie bei jedem heiligen Buch, geht es auch beim Koran um die Auslegung.


marcWestKing 
Fragesteller
 19.02.2022, 21:36

Im Koran kommt die Beschneidung aber gar nicht vor.

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AKPli  19.02.2022, 21:38
@marcWestKing

Der Islam besteht aus 2 Dingen. Koran und Sunnah. Du musst beides kennen.

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Weil sie Sunna ist!:

5891 - ... Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete, dass der Prophet, � Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte: � ”Zur Fiṭra824 gehören fünf Dinge: Die Beschneidung,825 das Abrasieren der � Schamhaare, das Kurzschneiden des Schnurrbarts, das Schneiden der (Finger- und Fuß-) Nägel und das Auszupfen der Achselhaare.“

Quelle: https://d1.islamhouse.com/data/de/ih_books/single/de_Auszuege_aus_Sahih_Al_Bukhari.pdf (S. 441-442)

Siehe zudem Wikipedia:

Die islamischen Rechtsschulen ( Madhhab) und ihre diesbezügliche Auffassung:
Im  sunnitischen Islam:
Die  Hanafiten und  Malikiten sehen die Entfernung der Vorhaut des Mannes als einen über das Pflichtmaß hinausgehenden Akt der Gottesverehrung an, mit der Begründung, dass es eine Sunna ist.
Die  Schāfiʿiten und  Hanbaliten sehen in der Beschneidung eine absolute religiöse Pflicht ( Fard).

In gewisser Weise geht es im theologischen Sinne um die Inanspruchnahme des Heiligen Landes durch den Erstgeborenen. Weiß der einzelne Moslem natürlich nicht, aber die Gelehrten durchaus:

Abraham der Stammvater hatte eine Frau, Sarah, die keine Kinder bekam. Also erlaubte Sarah ihm, mit ihrer Magd Hagar ein Kind zu zeugen. Ismael. Später bekam Sarah dann doch noch ein Kind, Isaak, und setzt durch, dass Hagar und der Erstgeborene Ismael in die Wüste geschickt werden, womit Abraham zunächst nicht einverstanden ist. Er versorgt den Sohn noch einige Zeit, lässt ihn beschneiden, und nimmt zur Aussetzung auch Essen und Wasser mit.

Es gibt also zwei Söhne, von denen nach altorientalischem Recht (Codex Hammurapi §170) beide erbberechtigt sein müssten. Der Familienkonflikt um das Erbe ist auf Volksebene der Konflikt um das verheißene Land: Wer darf es erben, wer wird hingegen vertrieben?

Wenn man der biblischen Chronologie folgt, ist Ismael bei seiner Vertreibung 17 Jahre alt. Dargestellt wird er aber als ein hilfloses Kleinkind.

Theologisch ist nicht zu vernachlässigen, dass Gott nicht nur zu Abraham spricht, sondern auch den Schrei Ismaels hört. Gott sich also Ismael zuwendet. Nicht zuletzt wird auch Ismael als Sohn Abrahams gesegnet. Die Trennung Ismaels von der Abraham-Familie wird dann durch die Hochzeit mit einer Ägypterin besiegelt, wodurch die Erbfrage eindeutig zugunsten Isaaks/Israels geklärt wird. Demgegenüber stehen andere Deutungen z. B. in Gen 25, die von keiner klaren Trennung Isaaks und Ismaels ausgehen, sondern beide Söhne ihren Vater begraben lässt.

Letztendlich führen die Araber ihre Herkunft auf Ismael/Hagar zurück, die Juden auf Isaak/Sarah. Beide empfinden das Beschneidungsgebot, das von Gott an Abraham erging als bindend.

Die Juden sowieso, die anderen, weil sie sich so als rechtmäßige Nachkommen definieren können. Was letztendlich bei nicht arabischen Moslems endgültig jeglicher Grundlage entbehrt. Aber mit Logik hat Theologie nicht viel zu tun. Eher mit Überzeugungen.

Manche hängen nun mal Traditionen an, und es wird in den Hadithen erwähnt.
Die zahlreichen katholischen Heiligen werden in der Bibel auch nicht erwähnt, dennoch gehören auch sie zur katholischen Tradition.