Nimmt man den "Mensch" als solches noch wahr?
Vorgeschichte:
Ich hatte 9 Monate Zivildienst. In der Zeit gab es 7 Tode Bewohner. Bei den ersten 2 hat man sich noch Gedanken gemacht. Beim 3. und die Darauffolgenden, stellte sich "Routine" ein. Das Thema Tod war für mich zu einem belangloses Thema geworden, wie das Thema Wetter, Fernsehen, Radio, ...
Auch habe ich selbst gemerkt, wie die Bewohner als Mensch mehr, und mehr, als Bestanteil der Arbeit wahrgenommen werden. Das ging so weit, dass der eigentliche Mensch an sich, nur noch die Person, zur passenden Zimmernummer war.
Heute betrachtet, klingt das sehr hart, skurril, herzlos, unmenschlich, unsozial. Es sind, bleiben, und wahren Menschen. Und es ist erschreckend, wenn ich mich zurück erinnere, und dran denke, dass diese Menschen, unterbewusst, Stück für Stück, langsam schleichend eher als "Inventar" gesehen wurden.
Wie ist es bei Ihnen?
Sie befinden sich ja so gesehen in derselben Situation, wie ich als Zivildienstleistender. Für Sie sind Menschen bestandteil der Arbeit. Alleine aus Selbstschutz lässt man auf Dauer bestimmt auch nichts mehr an sich ran. Von der Vorgeschichte, welche Schicksale, Erlebnisse der Patient erlebt hat, interessiert so gesehen niemand. Lässt man auch wie gesagt nicht mehr an sich ran.
Man wird zu einem Einsatz gerufen, einzig was eventuell von Wichtigkeit ist, was, und wie ist der Unfall passiert.
Hat sich demnach Ihre allgemeine Sicht zur Menschheit verändert?
1 Antwort
Es stimmt schon, dass man "den Patient" als "der Patient" wahrnimmt und das menschliche Schicksal dahinter erst einmal nicht so wichtig ist. Manchen geht das mehr so, anderen weniger. Ich würde sagen, das ist in einem gewissen Maß normal und sogar notwendig, um die Ereignisse nicht so nah an sich heran kommen zu lassen und um die eigene Psychohygiene aufrecht zu erhalten. Wichtig ist nur, dass einem die MEnschen niemals egal werden. Auch das passiert, aber die Ärzte, die so werden, sind in der Regel skupellose Zyniker ohne jede Empathie. Die allermeisten, sazu zähle ich auch mich selbst, haben da ein gutes MIttelmaß an erhaltener Menschlichkeit und Empathie und Abstraktion und Abstand auf der anderen Seite gefunden.