Erster Gedanke: Hätten deine Eltern etwas Geld für eine Putzfrau einmal die Woche übrig?
Könntet ihr einen Haushaltplan machen, der so minimalistisch ist, dass die Aufgaben auf jeden Fall zu schaffen sind? Vielleicht erst mal 15 min pro Tag zusätzlich zu absolut nötigen Grundaufgaben?
Was ist mit deinem Stiefvater? Ist der eventuell depressiv, überfordert, Burnout oder so etwas, dass er nicht in der Lage ist, sich aufzuraffen?
Du könntest ihm vorschlagen, dass er mal beim Arzt ein Blutbild machen lässt, um zu klären, ob er eventuell Nährstoffmangel hat und deshalb so geschafft ist.
Meist ist man ja bei so einer Lage einfach überfordert. Man hat das Gefühl - wie du selbst schreibst - eine Woche oder länger aufräumen zu müssen und das dauernd. Deswegen fängt man nicht an.
Es könnte helfen, wenn sie sich "erlauben", nur eine begrenzte Zeit pro Tag etwas zu machen.
Eine Tabelle erstellen, was alles gemacht werden muss. Aufgaben pro Zimmer. Eine Zeile für wiederkehrende Aufgaben (Staub wischen etc.) und eine Zeile für grundlegende Aufgaben (alles an seinen richtigen Platz stellen, entrümpeln, reparieren etc.).
Dann fängt man an mit 15 min pro Tag, einem Zimmer und einer Ecke/ Einheit (bspw. Sofa, Bücherregal, Schreibtisch etc.).
Aufgabe: Kleinste Einheit definieren, diese leeren (alles in einen großen Wäschekorb etc. legen), die Einheit säubern, die Sachen in dem Korb nach Kategorien sortieren (dafür ggf. weitere, kleinere Körbe nehmen) und sich dann überlegen, wo die Kategorien hin sollen, ob die alle zurück in die Einheit kommen oder nicht.
Beispiel: Schreibtisch: Alles in den großen Korb legen. Schreibtisch einmal feucht abwischen. Aus dem Korb sortieren: Papiere/ Hefte, Bücher, Stifte, Müll, Gläser etc. NUR das zurück legen, was dauerhaft auf den Schreibtisch gehört! Also: Stifte, Schreibtischunterlage, ggf. Uhr oder Laptop.
Wenn jetzt für den Rest noch keine Ablagefläche verfügbar ist, den erst mal in einem großen Korb "später sortieren" lassen, am besten aber schon so getrennt, dass man die Kategorien leicht findet.
In seine Notizen schreiben: Platz finden für (Papiere, Hefte, Bücher etc.).
Am nächsten Tag macht man dann mit der nächsten Einheit weiter, bspw. Umgebung des Schreibtisches/ Boden: Leeren, saugen, Sachen in Kategorien sortieren. Hier schaut man schon mal, ob es passende Kategorien zum ersten Korb gibt.
Sollte etwas dabei sein, das man täglich braucht, kann man es erst mal in einen Korb neben dem Schreibtisch legen, bis es einen dauerhaften Platz gefunden hat. Oder bspw. in die Schultasche, falls man es täglich mitnehmen muss.
Das macht man jetzt so lange, bis man jede Einheit in dem Zimmer aufgeräumt und gesäubert hat und alle Sachen einer Kategorie an einem Ort versammelt hat. Wenn dann etwas übrig bleibt, das kein Müll, Geschirr etc. ist (also weg kann oder eben gewaschen und anderswo einsortiert werden kann), kommt es wieder in einen Extrakorb mit einer Notiz, dass man dafür - in den anderen Räumen - noch einen Platz suchen muss.
Bei der Gelegenheit kann man auch gleich überlegen, was weg kann und wohin. Also: Müll, verkaufen, abgeben an Bekannte, spenden. Man räumt ja eine Einheit komplett leer und schaut sich die Sachen im Korb an. Oft fällt dabei auf, dass man einiges gar nicht mehr nutzt.
Kontrollfragen: Wann habe ich das zuletzt genutzt? Wusste ich, dass ich das besitze? Wie oft brauche ich das noch? Ist es ein Erinnerungsstück? Wäre es mir egal, wenn es gestohlen würde oder kaputt ginge? Je nachdem, behält man es und findet dafür einen Platz, wirft es weg oder gibt es weg/ verkauft es.
Wenn eine Einheit oder später ein Zimmer komplett aufgeräumt ist, macht man ein Foto davon und hängt es innen an die Tür oder innen an eine Schranktür und schaut beim nächsten Aufräumen darauf. So soll es wieder aussehen.
Man kann sich auch einen Handytimer für spezifische Aufgaben stellen: 15 min, alles in der Küche in einen Wäschekorb legen, Arbeitsflächen reinigen, Küche saugen.
15 min, Spülmaschine ausräumen, einräumen, einstellen.
10 min: Müll zusammensuchen, trennen, wegwerfen/ raus bringen.
Wenn das zu viel ist: 10 min Biomüll zusammensuchen, raus bringen.
Danach 10 min: Papiermüll zusammensammeln, raus bringen.
10 min: Flaschen aus verschiedenen Zimmern sammeln, in eine Tüte legen zum Wegbringen, am besten sofort ins Auto stellen.
So robbt man sich täglich vorwärts, es wird immer etwas ordentlicher, aber man ist nicht überfordert.
Unordnungsquellen suchen. Welche Ecken werden immer wieder unordentlich, warum? Was kann man kurzfristig dagegen tun? Bspw. einen Mülleimer aufstellen oder einen Korb, in dem die Sachen, die dort im Weg stehen verschwinden. Der Korb sollte dann möglichst jeden Abend geleert werden. Wenn man merkt, dass der Korb täglich gefüllt ist, sollte man sich überlegen, warum, wo man die Sachen, die dort anfallen, sonst einsortieren kann, warum man dort Sachen ablegt.
Schaue mal mit deinen Eltern zusammen auf Youtube Videos mit "Putzroutinen" an. Da wird deutlich, dass es gar nicht so viel Zeit braucht, abends kurz Ordnung zu halten.
Mir haben wirklich diese beiden Strategien sehr geholfen: Korb für das Leeren einer Einheit und Handytimer zum Aufraffen. Besser, 15 min am Tag etwas zu machen, als das Gefühl der Überforderung zu haben, weil man glaubt, an einem Tag alles ordnen und säubern zu müssen.
Eure "Rumpelkammer" könnt ihr übrigens auch aufräumen: Wenn kein Platz in den Regalen ist, dürfen Sachen auch auf den Boden, sie sollten dort nur nach Kategorien sortiert und ordentlich stehen.
Bei Ikea gibt es durchsichtige Plastikboxen in jeder Größe, von sehr klein bis sehr groß. Diese kann man mit Sachen nach Kategorien sortieren, beschriften und notfalls stapeln. Das sieht zumindest ordentlicher aus, als wenn alles auf dem Boden ist. Wichtig ist aber, dass sie nach Kategorien sortiert werden und innen ein Zettel so eingelegt wird, dass man ihn von außen gut lesen kann und sehen kann, was da genau drin ist. "Kindersocken", "Biologiebücher", "Keramikschalen", "Postkarten" etc. Auch bei Zeitschriften spezifisch sein: Gartenzeitschriften 2000 bis 2022" oder "Geo-Spezial". Nicht alle möglichen Zeitschriften durcheinander werfen.
Wenn man aus bestimmten Gründen bestimmte Artikel immer wieder liest, sollte man diese Zeitschriften in einem Kasten sammeln und konkret auf eine Liste schreiben, welche Artikel interessant sind und wo die sich befinden.
Alle halbe Jahre kann man dann gemütlich die Kästen durchgehen und schauen, ob man das alles noch behalten möchte.
Wenn man am Ende feststellt, dass man vieles hat, das sich nicht in Kategorien sammeln lässt, nimmt man dafür ein oder zwei Kästen und schreibt möglichst genau auf den Zettel, was denn da drin ist.
Nett wäre auch ein Datum, wann man die Kiste zuletzt geöffnet hat. Wenn man merkt, dass die Zeitspanne sehr lang ist, sollte man überlegen, ob man den Inhalt gar nicht braucht oder doch mehr Kategorien, weil man bestimmte Sachen schwer findet.
Suche auch mal bei Youtube Dokus über Menschen, die anderen helfen, Ordnung zu halten, über Entrümpelungen oder Aufräumen in Messiehaushalten. Zeige sie deinen Eltern - nicht zur Beschämung, sondern um zu sehen, wie man aus dem Chaos wieder rauskommt!