Was bedeutet dieses Zitat zu Faust?
Hallo, ich werde leider nicht schlau daraus, was Karl Kraus mit dem nachfolgenden Zitat im Hinblick auf die Gretchen Tragödie in Goethes Faust zum Ausdruck bringen wollte. Ich hoffe auf Hilfe :-) #"Gretchen-Tragödie — welch ein Aufhebens! Die Welt steht stille, Himmel und Hölle öffnen sich, und in den Sphären klingt die Musik unendlichen Bedauerns: Nicht jedes Mädchen fällt so "rein"! Wird in Deutschland der dramatische Knoten noch immer aus der Jungfernhaut geschürzt?"
3 Antworten
Naja, die Tragödie Gretchens ist es, sich mit Faust eingelassen zu haben und unehelich schwanger geworden zu sein und das Kind dann in ihrer Verzweiflung und wegen der Schmach umgebracht zu haben.
Karl Kraus dachte schon viel moderner. Er fand, es sei doch jetzt mal gut, mit dieser angeblichen Schande, die eine unverheiratete Frau durch den Verlust ihrer albernen Jungfernschaft angeblich auf sich lädt. Warum so ein Theater um so ein winziges nutzloses Stück Haut.
Naja. Gretchen lässt sich zwar zur Unzucht verführen, aber sie ist nach Goethe in ihrem Innern die verführte naive Unschuld, die an die reine Liebe glaubt, sie fällt also auf den Verführer rein. Kraus sagt, es gibt genauso Frauen, die ebenfalls in eine solche Lage "reinfallen", dabei aber nicht ganz so reinen Herzens sind, sondern einfach wie Männer auch ihren Spaß haben wollen. Aber auf der Bühne muss es immer noch die verfolgte Unschuld sein.
http://www.e-hausaufgaben.de/Hausaufgaben/D10724-Faust-1-Szenenanalyse-Kerker.php
Lies es dir durch und bringe es mit deinem Zitat in einen Kontext
Hi.
Karl Kraus meint, Goethe habe hier viel zu viel Gewese gemacht. Was soll all das Theater? Das Leben ist anders, das Leben geht weiter.
Gruß, earnest
Vielen Dank für diese Sicht! Das Zitat hatte mich unter anderem durch die Akzentuierung des Wortes "rein" verunsichert. Seine Auffassung ist also, dass der Verlust der Jungfräulichkeit im Theater/in der Kunst überbewertet und überbenutzt sind, und er sich selbst neue Wege, Dramatik zu kreiieren, wünscht?