Täterpräventionsprogramm?
Hallo :)
Wir suchen schon seit längerem eine Möglichkeit, Kinder mit grenzenlosem und dabei auch übergriffigem Verhalten im Alltag einer Wohngruppe pädagogisch zielgenau zu begleiten. Diese Kinder sind alle Opfer von extremer Vernachlässigung, einige haben selber frühkindliche Übergriffe erfahren. Es zeichnet sich bei wenigen die Tendenz ab, dass sie spätere Täter werden könnten.
Kennen Sie Strategien (auch von Bund und Ländern), wie Opfer nicht zu Tätern werden? Später nützt es ja nichts mehr, sich auf eine schwere Kindheit zu berufen. Ich weiß, es ist ein großes Feld und immer eine intensive Einzelarbeit gefragt. Doch kenne ich z.B. das Netzwerk Nicht Täter werden mit Fokus auf Erwachsene. Gibt es ähnliche Präventionsangebote für Jüngere?
Danke für Ihre Zeit, LG mendrup
1 Antwort
Hallo mendrup,
vielen Dank dafür, dass Sie auch dieses Thema hier anbringen!
Sexuell übergriffiges Verhalten von Kindern kann verschiedene Ursachen haben: Eigene (sexuelle) Gewalterfahrungen können, müssen aber nicht eine Rolle spielen. Häufig handelt es sich um Jungen und Mädchen, die andere dominieren wollen und die sich mit der Einhaltung von Grenzen schwertun. In der Regel liegt sexuellen Übergriffen keine auffällige Sexualentwicklung, sondern ein problematisches Sozialverhalten zugrunde.
Es ist wichtig, dass sexuell übergriffige Kinder und Jugendliche sehr klare Grenzen erfahren. Präventionsprogramme und auch therapeutische Angebote können hier sehr wirksam sein. Leider ist uns keine bundesweites Netzwerk wie „Kein Täter werden“ bekannt. Dennoch gibt es zahlreiche Fachberatungsstellen, die zu diesem Thema mit Kindern und Jugendlichen arbeiten.
Auf der Website der DGfPI – Deutsche Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung, -vernachlässigung und sexualisierter Gewalt e.V. – finden Sie eine umfassende Liste mit Angeboten: https://www.dgfpi.de/files/ueber-uns/hilfefinden/Einrichtungslisten/Einrichtungsliste_DGfPI_Stand_21-10-2020.pdf.
Diese vorläufige Einrichtungsliste hat die Fachberatungsstelle „Ampel“ in Dessau zusammengestellt.
Zudem umfassen nahezu alle Präventionsangebote von Fachberatungsstellen das Thema „Grenzen achten“ – allen voran hier natürlich die ausgewiesenen Fachstellen für Prävention, zum Beispiel das Präventionsbüro PETZE in Kiel, Strohhalm e.V. in Berlin, Amyna e.V. in München, MuT-Zentrum in Kandern oder auch Innocence in Danger in Berlin. Innocence arbeitet vor allem zum Thema sexuelle Gewalt mit digitalem Medieneinsatz. Eine bundesweite Liste von Fachberatungsstellen und Präventionsangeboten finden auch Sie über die Datenbank des „Hilfeportal Sexueller Missbrauch“ unter www.hilfeportal-missbrauch.de.
Aufmerksam machen möchten wir Sie zudem auf ein sehr gutes Fachbuch zum Thema: „Sexuelle Übergriffe unter Kindern – Handbuch zur Prävention und Intervention“ von Ulli Freund und Dagmar Riedel-Breidenstein.
Alles Gute und viele Grüße vom N.I.N.A.-Team!
Vielen herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort! Das macht Mut und hilft uns sehr weiter :)