Eine von vielen möglichen Antworten liegt im ZEITGEIST, der paradoxerweise gerade in bürgerlichen Kreisen durch einen langen Frieden und unglaublichen technischen Fortschritt, Expansion der Industrie und Optimismus geprägt war - es war die Zeit von Freud und Jung und des Zeppelins (Jung hatte vorm Krieg einen Traum von einem Blutbad).

Ich empfehle dazu die Stellungnahmen zweier einst weltberühmter Schriftsteller: Arnold Zweig und Stefan Zweig, die im übrigen nicht miteinander verwandt sind. Hier ein kl. Auszug aus Stefan Zweigs "Die Welt von Gestern", S. 230:

"Wenn man heute ruhig überlegend sich fragt, warum Europa 1914 in den Krieg ging, findet man keinen einzigen Grund vernünftiger Art und nicht einmal einen Anlass. Es ging um keine Ideen, es ging kaum um die kleinen Grenzbezirke; ich weiß es nicht anders zu erklären als mit diesem Überschuss an Kraft, als tragische Folge jenes inneren Dynamismus, der sich in diesen vierzig Jahren Frieden aufgehäuft hatte und sich gewaltsam entladen wollte. Jeder Staat hatte plötzlich das Gefühl, stark zu sein und vergaß, dass der andere genauso empfand, jeder wollte noch mehr und jeder etwas von dem andern... so begannen die Diplomaten ihr Spiel des gegenseitigen Bluffens."
Zweig führt diese Gedanken dann in Bezug auf den Balkan, Albanien, Agadir und die großen militärischen Koalitionen (Russland-Frankreich, Deutschland-Österreich etc) aus. Sehr lesenswert!

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