Zinserhöhung Staatsschulden?

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Momentan erhöhen sich die Zinsen, weil die Zentralbanken das tun müssen, um der ausufernden Teuerungsrate Herr zu werden.

Aber das ist sowieso alles dem Umstand geschuldet, dass der Zinssatz sich schon lange nicht mehr frei vom Markt bestimmen lassen darf, sondern in sozialistischer Planwirtschaft durch die Politik festgelegt wird.

Würde man nämlich stattdessen den Zinssatz durch das freie Spiel von "Angebot und Nachfrage" durch den Markt bestimmen lassen, dann würde dieser sicherlich noch viel, viel höher liegen, als er gerade ist. Denn dann müssten Staaten einen Zinssatz zahlen, welcher das Pleiterisiko ihres Landes ebenso fair abbildet und entschädigt wie die aktuelle- und erwartbare zukünftige Inflationsrate.

D.h.: Bei aktuell 7,2% Teuerungsrate im April'23 in DE müsste man schon auf deutsche Staatsanleihen mit nur 1 Jahr Laufzeit bereits deutlich mehr als diese 7,2% bekommen. Andere Länder, die bereits nach jeder vernünftigen Definition Pleite sind (wie z.B. Griechenland) müssten wahrscheinlich sogar 100% oder mehr an Zins bieten (und wären trotzdem unverkäuflich). Denn hier wäre den Marktteilnehmern die Teuerungsrate nur noch sekundär wichtig, stattdessen würden sie einen solch hohen Risikoaufschlag einfordern, weil die Rückzahlung des geliehenen Kapitals höchst unwahrscheinlich wäre -man "zockt" also mehr, als man "investiert".

Dass dem allem (noch) nicht so ist, ist also allein der staatlichen Zinslenkung geschuldet: Die Notenbanken können durch die Schaffung- und durch den Entzug von beliebig viel Liquidität am Markt sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite nach Geld beliebig beeinflussen. Sie tun das, in dem sie den Leitzins (nach politischer Vorgabe) festsetzen und dann solange unbegrenzt Geld drucken (=zum Senken des Marktzinses) oder aus dem Markt nehmen (=zum Erhöhen des Marktzinses), bis der Marktzins dem vorgegeben gewünschten Zinssatz entspricht.

Wir hatten in der Schule gelernt, dass die EZB unabhängig agiert. Stimmt das in der Realität also nicht?

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@Anonymmaster

In der Theorie ja, in der Praxis ganz klar nein. Das fängt mit der Personalpolitik an: Christine Lagarde z.B. kam per "Vitamin B" durch Vermittlung von Emmanuel Macron auf ihren Posten als EZB-Vorsitzende -zuvor war sie lange Jahre Ministerin in der französischen Regierung und natürlich wurde sie auf den Posten gehievt, um EZB-(Schulden-)Politik im Sinne der französischen Regierung zu machen.

Und es geht weiter damit, dass die EZB in die Rolle gedrängt wurde, als "Lender of the last resort" jene Gelder (per Kredit) zu schaffen, welche die Länder eigentlich selber (per Steuereinnahmen und Ausgabenkürzungen) hätten organisieren müssen. Wenn Du aber erst einmal in diese Rolle der "Ersatzregierung" hineingekommen bist, kommst Du nie wieder heraus: Das wissend haben die Pleitier-Länder die EZB immer weiter in die Schuldenpolitik gedrängt. An dem Tag, an dem die EZB sich dagegen wehren- und sagen würde "Wir machen ab sofort keine Weltenrettung durch Gelddrucken mehr, sondern besinnen uns auf unseren einzigen (!) Auftrag, den wir in unseren Statuten haben, nämlich die Geldwertstabilität!" -noch an demselben Tag würde die gesamte EU-Zone abends den Staatsbankrott erklären müssen.

Daher eben: In der Theorie ist die EZB (und die FED und BoE und die BoJ..) politisch unabhängig. In der Realität ist sie es nicht. Aber das wird sie nie so sagen. Und Deine Politiker natürlich auch nicht.

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