Wieso verfasste Platon dialoge?
Anstatt das wissen mündlich zu übertragen
Sokrates (sein Lehrer) war auch nicht ein Fan von schreiben, der aber die philosophische mündlich Übertragen. Platon hingehen verwendet Dialoge wobei ich nicht weiß warum
3 Antworten

Hi Alfhosskin,
es gibt verschiedene Gründe, die für eine Dialogform sprechen:
- Sie spricht den Leser durch die künstlerische Ausführung an. Die Lebendigkeit der Darstellung wirkt attraktiv und vermittelt einen Eindruck vom Leben im Milieu der Philosophen.
- Sie bildet einen Prozess der Erkenntnisgewinnung ab und regt damit stärker als eine Lehrschrift zum aktiven Mitdenken an. Dahinter steht die Überzeugung, dass echtes Erkennen von der Tätigkeit, die zu ihm führt, nicht zu trennen sei. Der Gesprächscharakter bietet dem Leser Gelegenheit, die vorgestellte Untersuchungsmethode selbst einzuüben. Der Erkenntnisfortschritt vollzieht sich durch die „Hilfe“, die der Gesprächsführer einer kritisierten These gewährt, indem er ein gewichtigeres Argument vorbringt und damit eine neue Perspektive eröffnet und das Begründungsniveau auf eine höhere Ebene verlagert.
- Sie knüpft an den von Platons gebildeten Zeitgenossen geschätzten Brauch des Debattierens bei Gastmählern (Symposien) an.
- Der Autor enthält sich jeder eigenen Stellungnahme, er tritt völlig hinter seine Figuren zurück. Platon ist bei seinen fiktiven Dialogen niemals selbst anwesend (Prinzip der „platonischen Anonymität“). Damit vermeidet er eine direkte Lenkung des Lesers und überlässt diesem die Urteilsbildung. Zugleich hält er Distanz auch gegenüber dem eigenen Text. Dogmatische Fixierung, wie sie in einer Lehrschrift gegeben wäre, wird durch Offenheit ersetzt, der Beeinflussung des Lesers durch die Autorität des Autors wird entgegengewirkt. Auf indirektem Weg gibt der Autor aber Verständnishilfen. Aus seiner „Anonymität“ lässt sich nicht ableiten, dass er keine eigene Position habe.
- Es können unterschiedliche Stilformen und Stilmittel eingesetzt werden, darunter Scherz und Ironie. In der Forschungsliteratur werden zehn in den Dialogen vorkommende Stilrichtungen unterschieden: umgangssprachlich, halbliterarisch, rhetorisch, pathetisch, intellektuell, mythisch erzählend, historiographisch, feierlich, gewichtig (Onkos-Stil) und Gesetzesstil.
- Die Darstellung eines fiktiven mündlichen Diskurses ist diejenige Form schriftlicher Wissensvermittlung, die der von Platon bevorzugten mündlichen am nächsten kommt. Platon hat seine Skepsis hinsichtlich der Tauglichkeit der Schrift als Medium des Wissenstransfers wiederholt ausgedrückt („Schriftkritik“). Im Dialog hängt die Art der Behandlung eines Themas von den jeweiligen individuellen Verhältnissen der Beteiligten, ihren Anliegen, Vorkenntnissen und Fähigkeiten ab. Der individuelle Faktor kann im Gespräch berücksichtigt werden, bei der Wissensvermittlung durch Lehrschriften nicht. Hierin sieht Platon einen fundamentalen Vorteil des Philosophierens im Gespräch, den er durch die Gestaltung seiner Dialoge demonstriert. Es geht nicht nur um einen abstrakten Gedankengehalt, sondern um das Zusammentreffen verschiedener Menschen mit der Philosophie.
Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Platonischer_Dialog
Liebe Grüße

Erkenne: Die Reinform des Dialogs ist wie hier das gf-forum eine Frage und die Antwort (Kausalitätsprinzip).
Je näher man der Wahrheit kommen möchte, desto mehr mögliche Antworten und weitere Fragen entstehen (Sokrates´ Hebammenkunst). Und keine Antwort kann auch eine sinnvolle sein.

Die Schrift war anfangs eine Methode öffentlicher Macht und öffentlichen Rechts, sie war Ritual der Geistlichen.
Herrscher verfassten Edikte, die die Bürger bestenfalls lesen konnten. Gläubige verfassten Flüche, Segenssprüche, Gebete.
Die Niederschrift war ein Vorgang der Verewigung und magisch. Die orale Tradition war sozial, gewöhnlich, und menschenfreundlich. Nicht jeder konnte lesen, aber alle können hören.
Sokrates war mehr für das Volk, für jedermann, Sokrates interessierte sich immer für den Menschen : Platon war im Vergleich zu Sokrates ein bischen abgehoben, und hatte einen viel höheren Anspruch, und eine höhere Meinung von sich selbst.

Hehe beinahe. Sokrates war ein Held. Platon ein Geschichtenerzähler.

Manchmal denke ich, wenn ich Platon lese, an die vier Evangelisten, und bei Sokrates an Jesus Christus. Die kulturelle Distanz zwischen beiden ist ähnlich groß, und Sokrates Schicksal fast eine Ankündigung von Jesu Christi Schicksal
Ich gewinne den Eindruck, du sitzt mit Platon wie Uli Hoeness beim intellektuellen Schmausen auf der Terrasse dessen Bergvilla, seht dem durch die Landschaft vagabundierenden Sokrates wie die Fußballfans beim Betteln zu und erklärt diesem die Welt. Lustig.