Wieso kann ich nicht zeigen wer und wie ich wirklich bin?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Liebe CharlotteFrida,

Ich kann dich gut verstehen, denn ich habe das gleiche Problem. Es nervt mich immer, wenn ich die (meist gut gemeinten) Ratschlage höre wie "Sei doch einfach du selbst" oder "Verbiege dich nicht für andere". Das ist ungefähr so, als würde man einem Gefangenen sagen: Geh doch einfach raus und mach das, was du für richtig hältst! Natürlich geht das nicht so einfach, aber das Umfeld ist auch meist nicht in der Lage, hinter die Fassade zu schauen. Wie auch? Es hat ja nicht die Möglichkeit, dich in Aktion zu erleben, oder es fehlt ihm einfach an Empathie.

Oft wird man tatsächlich als Langweiler angesehen oder auch als gleichgültig, dumm, emotionslos bzw. gefühlskalt oder was auch immer verurteilt. Ich habe inzwischen ein gewisses Verständnis dafür entwickelt, denn "die da draußen" wissen, wie schon gesagt oft einfach nur nicht, wer du wirklich bist.

Wichtig ist, dass du weißt, daß die Meinung der anderen nicht der Realität entspricht und das du dir aufgrund irgendwelcher dummen Bemerkungen, Lästereien und gefühlter Ablehnung, die evtl. von außen kommt, keine Vorwürfe machst. Daraus kann sich regelrechter Selbsthass entwickeln, den du nicht verdient hast.

Es ist vergleichbar mit einer Perle, die anderen nur ihr unansehnliches Äußeres präsentiert. Das "äußere Ich" ist aber weit mehr als einfach nur eine Mauer zwischen dir und deinem Umfeld. Es dient in erster Linie als Selbstschutz, um nicht verletzt zu werden. Oft wird einem das gar nicht so richtig bewusst, aber natürlich verpasst man dadurch viele gute Gelgenheiten - und natürlich auch die anderen :)

Ich habe mit den Jahren gemerkt, dass es mir nicht möglich ist, das innere und das äußere Ich voneinander zu trennen, weil die Angst, verletzt zu werden, einfach zu groß ist.

Wahrscheinlich ist der Auslöser Hochsensibilität (vielleicht weißt du es auch selbst) oder es kann sein, dass du das gleiche Handicap hast wie ich - oder auch beides. Ersteres ist zwar nicht wissenschaftlich erwiesen, aber ich glaube daran, weil alle Anzeichen dafür da sind. Es lohnt sich, sich damit zu beschäftigen, und sich vielleicht auch Fachliteratur zu besorgen. Man findet darin Trost und Hilfe, wenn man nicht mehr weiterweiß, denn oft findet man bei seinen Mitmenschen weder das eine noch das andere.

Letzteres herauszufinden ist schon schwieriger. Dafür wendet man sich am besten an einen Fachpsychiater oder ein Autismusinstitut. In Deinem Alter ist es noch vergleichsweise einfach, das zu diagnostizieren. Mit zunehmendem Alter wird es aber schwieriger, weil man sich immer weiter anpasst und so das "innere Ich" für andere immer schwieriger zu entdecken ist. Empfehlenswert ist dazu ein Online-Test (einfach mal googeln) der aber natürlich keine richtige Diagnose ersetzt. Es ist übrigens ein weit verbreiteter Irrtum, das alle Autisten emotions- und empathielos sind.

Ich bekam von einem Therapeuten Achtsamkeitstraining (MBSR) empfohlen, das für mich auch sehr hilfreich war.

Wie schon gesagt, das innere und äußere Ich sind kaum voneinander zu trennen, weil das innere vom äußeren abhängig ist. Manchmal braucht man es einfach. Es muss also ein Mittelweg gefunden werden. Wie dieser aussieht, musst du für dich selbst herausfinden. Arbeite an dir selbst, aber nicht verbissen und krampfhaft, sondern mit Freundlichkeit und mit Mitgefühl für deine beiden Ichs. Auch dabei kann MBSR hilfreich sein.

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute und viel Erfolg auf Deinem Weg. Auch wenn es uns oft nicht gefällt: Beide Ichs sind ein Teil von uns und haben ihren Nutzen - und beide haben auch ihre Daseinsberechtigung :)

Alles Liebe

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Vielen Dank für deine so ausführliche Antwort! :) Ich finde es wirklich interessant, dass du die Hochsensibilität genannt hast. Ich habe tatsächlich schonmal davon gehört, mich sehr verstanden gefühlt und auch einige Test im Internet gemacht, bei denen ich tatsächlich immer im höchsten Bereich lag. Mit der Zeit habe ich aber aufgehört mich damit zu beschäftigen und irgendwie ist es dann einfach unter gegangen. Vielleicht sollte ich mir da wirklich mal „Hilfe“ suchen, weil ich mich auch häufig mit meinen eigenen Emotionen überfordert fühle. Danke und liebe Grüße!

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@CharlotteFrida

Gerne. Ja, im alltäglichen Gedankenchaos geht leider einiges unter. Es ist gut, dass du dir Hilfe holen willst. Es gibt zwar Foren und Selbsthilfegruppen für beides, aber für den Anfang sind Einzelgespräche mit einem Ansprechpartner/Therapeuten oft sinnvoller. Man muss sich ja erst mal selbst kennenlernen um zu wissen, wie man mit den Gedanken, Gefühlen und Eindrücken umgehen muss, die täglich auf einen einprasseln.

Natürlich ist es nicht immer einfach, geradeaus seinen Weg zu gehen. Ablenkungen und Dinge, die einen dabei verunsichern oder das Ganze vielleicht sogar generell in Frage stellen wird es immer wieder geben, aber man muss einfach dranbleiben. Zu verlieren gibt es dabei nichts, man kann nur daran wachsen. Es geht gar nicht anders :) ! LG

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Einfach sich so geben, wie man von Natur aus ist

Trennt auch schnell die Spreu vom Weizen im Freundes- und Bekanntenkreis

Ich hab mit etwa 20 das Dilemma gehabt und mich dann umgestellt, ich verbieg mich nicht mehr nur damit ich mit der Masse mitschwimmen kann.
Direkt, Gradlinig und wer nicht damit zurecht kommt: Au revoir

Du sagst du kannst nicht, sagst aber mit keiner Silbe warum du das nicht können sollst

Niemand zwingt dich deine Gefühle nicht zu zeigen oder ähnliches. Also warum kannst du es nicht? Warum bist du nicht in der Lage dich so zu geben wie du willst?